„Homestead“: Postapokalypse, MAGA-Style
Trump-Fans kriegen feuchte Augen
Nach einem Anschlag mit einer dirty bomb sind weite Teile von Kalifornien verstrahlt, weswegen sich im Bundesstaat Chaos ausbreitet. Als dann noch ein Stromausfall die Ostküster der USA lahm legt, ist der Ofen endgültig aus: Jeder rettet sich, wohin er kann. Eins der Ziele: Homestead, eine riesige Siedlung in den Bergen, gebaut vom schwerreichen Super-Prepper Ross, der sich schon seit Ewigkeiten gezielt auf diesem Ausnahmezustand vorbereitet und nicht nur große Vorräte an Lebensmitteln und Wasser geortet hat, sondern sich ebenso dem Obst- und Gemüseanbau widmet, sodass das Überleben langfristig gesichert ist. Zum Schutz heuert der Prepper-Milliardär Erikkson an, einen Ex-Soldaten, der samt Frau und Sohn und Militärkumpels anmarschiert. Der Schutz scheint notwendig zu sein, denn es kommen immer mehr verzweifelte, hungernde Menschen ans Tor der Siedlung und betteln um Essen und Schutz …
Meine Oma hatte mal gemeint, dass die Gläubigen die Schlimmsten sind. Das war natürlich eine fiese Pauschalisierung, aber dass man einen Film ins Kino bringt, der die Zuschauer zu einem kostenpflichtigen Weiterschauen via Stream auf der Website der Produktionsfirma ermuntern soll, ist schon sehr dreist. Noch frecher wird’s für Zuschauer außerhalb der USA – selbst wenn einem „Homestead“ gefallen sollte und man mehr will: Die bisherigen zwei Serien-Episoden, in denen der Film weitererzählt wird, sind außerhalb der USA nicht abrufbar!
Bei den Angel Studios handelt es sich um ein 2021 von den Mormonen gegründetes Medienunternehmen, das christliche Filme und Fernsehserien produziert und vertreibt und 2023 mit dem via Crowdfunding finanzierten Kauf des für Disney viel zu heißen Eisens „Sound of Freedom“ einen gigantischen Hit (Budget: 14 Millionen, Einspiel: eine Viertel Milliarde) landen konnte. Grund genug das Angebot kräftig auszubauen, das dank dem Stuttgarter Verleih Kinostar seit einer Weile auch zu uns schwappt.
In den USA lief „Homestead“ bereits im Dezember letzten Jahres und wurde dort zu einem größeren Hit, was angesichts des dortigen politischen Klimas nicht wundert, denn das postapokalyptische Prepper-Drama fährt alles auf, was Trump-Fans Tränen des Glücks in die Augen treibt: Das Böse kommt aus dem Ausland (Asiaten zünden die Bombe – warum? Man weiß es nicht und kriegt es bestimmt auch in den Serienepisoden nicht erklärt), die Regierung ist der Feind, Flüchtlinge können schon mal sterben, Pech halt. Männer sind knallharte, waffenschwingende Testosteronbehälter kurz vor dem Überlaufen, deren kantige Gesichter die Kamera immer und immer wieder begeistert anbetet, Frauen natürlich emotional, untertänig und kümmern sich aufopferungsvoll um die Familie, und wenn man nicht mehr weiter weiß, wird gebetet.
Es ist gerade der Umstand, dass dem Mix aus Patriarchalismus und Militarismus noch dickflüssige, religiöse Soße beigemengt wird, der das Ganze besonders unangenehm wirken lässt, dafür sorgt, dass man fassungslos vor dem Dargebotenen sitzt.
Die Botschaft ist jedenfalls glasklar: Die große Katastrophe wird definitiv kommen und im Ernstfall ist man auf sich gestellt – weswegen die geschäftstüchtigen Mormonen im „Homestead“-Onlineshop fürsorglich die passende Produktpalette zur Vorbereitung anbieten.
Was man „Homestead“ trotz allem aber – zähneknirschend – attestieren muss: die Zurückhaltung mit Effektbrimborium tut dem Katastrophenszenario gut und sorgt durchaus für einen gewissen Realismus. Das ändert aber natürlich nichts daran, dass selbst Atheisten beim Abspann dafür beten werden, dass dieser erzreaktionäre Murks hierzulande bitte klang- und sanglos untergehen möge.
Homestead • USA 2024 • Regie: Ben Smallbone • Darsteller: Neal McDonough, Dawn Olivieri, Currie Graham, Susan Misner, Bailey Chase, Jesse Hutch • im Kino • Abb. Kinostar
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