Willkommen im Sprawl!
William Gibson zu Gast im BBC World Book Club
Letztes Jahr feierte William Gibsons Roman Neuromancer (im Shop) seinen 30. Geburtstag. Er gilt als einer der kulturell einflussreichsten Romane unserer Zeit und inspirierte mit seinen Bildern aus dem „Cyberspace“ Künstler, Software-Entwickler und Philosophen gleichermaßen. Das Gibsonsche Internet liegt heute wie eine Matrix allem zugrunde, was wir mit virtueller Realität assoziieren – doch wie fühlt es sich eigentlich an, das Internet erfunden zu haben? Diese und andere Fragen beantwortete William Gibson unlängst für den BBC World Book Club. Das insgesamt etwa einstündige Interview kann man sich auf der BBC-Homepage anhören.
Wie fühlt es sich also an, das Internet erfunden zu haben, Herr Gibson?
Ich dachte, das sei Al Gore gewesen! […] Ich kannte damals Leute, die in Seattle bei Microsoft arbeiteten und die kleine Computer mit Modems über Telefonleitungen miteinander verbanden und sich gegenseitig kleine Nachrichten schickten. […] Ich war mir also bewusst, dass so etwas existierte, und alle sagten, das wäre die Zukunft von allem. […] Ich denke also nicht, dass ich das Internet erfunden habe. Was ich machte war, etwas zu kreieren, das es den Leuten, die bereits mit dem Internet zu tun hatten, möglich machen würde, es anderen, die davon keine Ahnung hatten, zu zeigen und zu sagen: „Schaut mal, das ist nicht verrückt – das ist cool!“
Außerdem beantwortet Gibson Fragen zu den Schwierigkeiten beim Beschreiben von Städten, die er nie zuvor gesehen hatte; erklärt, wie er SF-Autor wurde; warum Neuromancer-Protagonist Case hervorragend als Held taugt; woher das Sprawl kommt (und warum es für einen Einwohner Mogadischus als „bessere Welt“ gelten dürfte) und inwiefern dystopische Zukunftsentwürfe schon vor 30 Jahren interessanter gewesen seien als Utopien. Und er erinnert sich daran, als er zum ersten Mal das Wort „Cyberpunk“ hörte:
Ich erinnere mich noch an den historischen Moment, als ich das Wort [Cyberpunk] zum ersten Mal hörte: Ein Journalist sagte es. „Wir könnten euch Cyberpunks nennen!“, schlug er [mir und meinen Schriftsteller-Kollegen] vor.
„Nein! Nein!“, sagte ich, „Das ist ein Etikett! Lasst ihn kein Etikett auf das kleben, was wir machen!“
Doch seine Kollegen, allesamt jünger als Gibson, fanden, dass „Cyberpunk“ sich gut auf ärmellosen Jean-Jacken machen würden. Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte.
Die Neuromancer-Trilogie findet ihr, zusammen mit weiteren Romanen von William Gibson, im Shop. Am 31.3.2015 erscheint der Storyband Cyberspace sowie die einzelnen Kurzgeschichten der Sammlung, darunter auch „Johnny Mnemonic“, die mit Keanu Reeves in der Hauptrolle 1995 verfilmt wurde, als exklusive E-Onlys bei Heyne!
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