25. Mai 2021 2 Likes

Kurz-Review: „Dragman“ von Steven Appleby

Ein Comic-Roman über einen Trans-Superhelden

Lesezeit: 2 min.

Schon als kleiner Junge will August Crimp am liebsten Frauenkleider tragen. Mit Sechzehn findet er durch Zufall heraus, dass er fliegen kann, sobald er Strümpfe und andere Damenbekleidung anzieht. Das ist in einer Branche und in einem Genre, da Superhelden ihre Kräfte von radioaktiven Spinnen, Gamma-Bomben, Blitzeinschlägen und vielem mehr erhalten, gar nicht mal so ungewöhnlich. Außergewöhnlich ist jedoch, wie der britische Comic-Künstler Steven Appleby, dessen Werke in „Times“, „Guardian“ und „F.A.Z.“ erscheinen, seine Erfahrungen als Transfrau in seinem schrägen und sympathischen Superhelden-Comic-Roman „Dragman“ kanalisiert.

2002 veröffentlichte der 1956 geborene Appleby, der seit den 2000ern offen als Transfrau lebt, seinen ersten „Dragman“-Comicstrip, die Graphic Novel mit dem Helden bringt es jetzt auf über 300 Seiten. Appleby zeigt uns darin eine Welt, in der die Menschen ihre Seelen extrahieren und buchstäblich verkaufen können, und wo die in einem Club organisierten Superhelden Londons teilweise bloß helfen, wenn jemand eine entsprechende Versicherung abgeschlossen hat. Dragman befindet sich im Ruhestand, lebt als Ehemann und Vater. Bis alte Heldenfreunde verschwinden, seine frühere Partnerin Dog Girl wieder in seinem Leben herumschnüffelt und ein Serienkiller eine Spur toter Transfrauen hinterlässt …

Besonders schön ist, wie Appleby die Symbolik und die Sprache des Superhelden-Sujets für eine Metapher über unsere Gesellschaft, Sexismus und die Transgender-Community nutzt: Verkleiden, Maskieren, Geheimidentität, Doppelleben, Außenseitertum, Selbstzweifel, Gegner und Gegenwind, alles überwinden und man selbst bzw. ein Held sein – das ist das Superhelden-Einmaleins, das schon in den Marvel-Comics der 60er und 70er etabliert wurde, und es funktioniert bis heute, auch und gerade für Dragman. Das Seitenlayout und die Verschwörung in Dragmans großem Abenteuer könnte man sogar mit „Watchmen“ in Verbindung bringen, während Applebys grober Funny-Strich, seine Figuren und sein Humor an Andi Watson erinnern.

„Dragman“ ist ein aktueller, starker Comic zum Thema Transgender, und eine zeitlose, gelungene Superheldengeschichte – und dabei stets unterhaltsam, witzig und berührend.

Abb.: © Steven Appleby/dt. Ausgabe Schaltzeit Verlag

Steven Appleby: Dragman Schaltzeit Verlag, Berlin 2021 • 336 Seiten • Hardcover: 29 Euro

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