3. April 2019 2 Likes

Burn, M#therf@cker, Burn!

„Assassination Nation“ – Hexen im Instagram-Zeitalter

Lesezeit: 2 min.

In Salem ist mal wieder der Teufel los. Und wie bei den Hexenprozessen von 1692 sind es wieder Frauen, denen etwas angedichtet wird, was sie nicht getan haben. Aber diesmal haben die Frauen coole Klamotten und coole Knarren und setzen sich zur Wehr.

Aber gemach! Bevor die Straßenschlacht beginnt, inszeniert Sam Levinson in „Assassination Nation“ eine „Slow Explosion“, die sich gewaschen hat. Es beginnt damit, dass ein lokaler Politiker an den Internetpranger gestellt wird – ein Hacker hatte wenig Schmeichelhaftes ans Tageslicht gebracht. Das nächste Opfer des Hackers ist ein Schulrektor, der ebenfalls vors Social-Media-Gericht geführt führt. Dann brechen die Dämme. Denn der Hacker gibt das Privatleben der halben Bevölkerung preis und plötzlich trauen sich etliche Menschen nur noch mit Masken vor die Tür. Aber die Wut der Bloßgestellten ist riesig. Und der Wunsch nach Rache ebenfalls. Also sucht man einen Sündenbock.

Hier kommen die Freundinnen Lily (Odessa Young), Em (Abra), Sarah (Suki Waterhouse) und Bex (Hari Nef) ins Spiel. Die haben zwar selbst ihre kleinen und größeren Päckchen zu tragen, sind aber vor allem jung, schön, halbwegs reich und unendlich hip und cool und dope und whatnot. Zwischen wirklicher und virtueller Welt unterscheiden sie längst nicht mehr, was ihnen ebenso zum Verhängnis wird wie dem Rest der Stadt. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass sie den Sündern als Sündenbitches dienen sollen.

Mit klassischem Erzählkino hat das, was Levinson in „Assassination Nation“ macht, eher wenig zu tun. Wer also einen sauber eingefädelten Plot in drei Akten mit Charakteren sucht, denen im Drehbuchseminar für Anfänger eine „Motivation“ angedichtet wurde, ist hier völlig falsch. Wer aber eine bildgewaltige, laute, grelle Provokation aushält, ist goldrichtig. Denn Levinson hat eine grob geschnitzte Satire im Sinn, die sich wenig um Kohärenz oder Klarheit schert, aber jederzeit als Diskussionsgrundlage taugt. Auch für die Drehbuchseminare der Fortgeschrittenen.

Denn tatsächlich hat die ganze Angelegenheit in der Art und Weise wie sie eskaliert quasi dystopischen Charakter. Die Social-Media-Revolution frisst ihre Kinder, könnte man salopp sagen. Auf jeden Fall einen Blick wert!

„Assassination Nation“ ist gerade als DVD, Blu-ray und VOD bei Universum Film erschienen.

Assassination Nation (USA 2018) • Regie: Sam Levinson • Darsteller: Odessa Young, Abra, Suki Waterhouse, Hari Nef, Colman Domingo, Bella Thorne u.a.

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