Ein Herz für Motten
„Mothra bedroht die Welt“ - Supersüßes Monstermärchen in knuspriger Edel-Edition
Ishirô Honda hat 1954 nicht nur den ewigen Monster-Superstar Godzilla auf die Menschheit losgelassen, sondern gilt auch allgemein hin als Regisseur mit vielen bunten, verspielten und absolut liebenswerten, Filmen im Gepäck, die meistens in Zusammenarbeit mit Trickexperte Eiji Tsuburaya kredenzt wurden und dabei eine Unschuld verströmen, die angesichts der heutigen eiskalt durchkalkulierten Massenabfertigungen wie jüngst „Avengers: Endgame“, nur noch charmanter wirkt. Wie gerne hätte man diesen beiden Männern beim Austüfteln ihrer fantasievollen Kreaturen und putzigen Miniaturwelten zugesehen.
Die Entstehungsgeschichte von „Mothra bedroht die Welt“ dürfte bezeichnend sein: Ursprünglich war Riesenmotte Mothra, die in den folgenden Jahren zum zweitpopulärsten Monster werden sollte, als wissenschaftlich korrekter und eher Furcht einflößender Trägspinner (hierbei handelt es sich um eine Schmetterlingsunterart) angedacht, aber - vermutlich hieß es während der Produktion „Och nö, lass mal, langweilig…“ - man sattelte schlussendlich auf eine Kreuzung aus Motte und Schmetterling um, die zudem freundlich gesonnen ist und sich in Begleitung zweier Feen-Zwillinge befindet, die im telepathischen Kontakt mit dem knuffig-plüschigen Ungeheuer stehen und es bei Bedarf rufen können. Das ist im Debütfilm auch nötig, denn ein fieser Geschäftsmann entführt die beiden Mini-Damen im Zuge einer Insel-Expedition zwecks schnöder Penunzenmaximierung, weswegen Mothra zum Großputz nach Tokio flattert!
Es ist kaum zu glauben, dass dieser farbenprächtige, extrem unterhaltsame Mix aus Abenteuer- und Science-Fiction-Film, dessen Story in den Grundzügen an „King Kong“ erinnert, in Deutschland erst 1994 ausgewertet und dann auch noch direkt auf Kabel 1! Dabei gehören allein die Bilder der Erkundung von Mothras Heimat mit ihren samtrosa leuchtenden Pflanzen, ihren kirschlutscherrot funkelnden Pilzen und im allersaftigstem Grün getunkten Gras auf monstergroße Leinwände!
Nun ja, immerhin liegt dank Anolis nun die allererste Homevideoveröffentlichung überhaupt und die ist – was bei der Auswertung von Hondas Filmen im deutschsprachigen Raum leider nicht unbedingt die Regel ist – exzellent: Nicht nur, dass Bild und Ton in der Oberliga spielen, die Edition führt einem in der Bonus-Sektion ebenso schmerzlich vor Augen, was im Netflix-Zeitalter immer mehr verloren geht: Drei (!!!) Audiokommentare (mit Jörg Buttgereit, Bodo Traber, Ingo Strecker, Florian Bahr, Steve Ryfle und Ed Godziszewski), ein schönes Booklet von Ingo Strecker, drei verschiedene Schnittfassungen des Films, Trailer und eine Bildergallerie vertiefen den Filmgenuss um weitere 100 Meter. Top! Natürlich nicht ganz billig (um die 35€) aber halt auch ein mit Liebe gefertigtes Nischenprodukt und da darf man aus Dankbarkeit dann schon mal etwas tiefer in die Tasche greifen! Dann kriegt Mama halt mal nichts zum Muttertag!
„Mothra bedroht die Welt“ ist seit dem 12.04.2019 von Anolis als FuturePak (Blu-ray/DVD) erhältlich!
Mothra bedroht die Welt (Japan 1961) • Regie: Ishirô Honda • Darsteller: Frankie Sakai, Hiroshi Koizumi, Kyôko Kagawa, Ken Uehara, The Peanuts, Jerry Itô, Takashi Shimura
Kommentare