7. Juli 2021

Kurz-Review: „Godzilla Singular Point“ auf Netflix

Große Konzepte und wenig Godzilla in der neuen Animationsserie

Lesezeit: 2 min.

Nachdem die letzten Animationsserien das glorreiche „Godzilla“-Franchise ins besiedelte Weltall von Morgen geführt haben, geht es in der neuen Serie „Godzilla Singular Point“ nun in die nahe irdische Zukunft des Jahres 2030 und die Gefilde der spekulativen Hard-Science-Fiction. Gleich die erste Episode lässt wenig Zweifel daran, dass diese Animeserie etwas ganz anderes ist als das, was man erwartet. Mysteriöse Funkwellen und Knochen, roter magischer Wunderstaub, der Natur von Raum und Zeit widersprechende Konstrukte, hochentwickelte künstliche Intelligenz: „Godzilla Singular Point“ verbaut einige überraschende Dinge und vor allem komplexe physikalische Konzepte, während rote Flugechsen und andere Kaiju die Welt mit Schrecken überziehen. Mehrere Ingenieure und Wissenschaftler fühlen den Geheimnissen der Bestien auf den Zahn oder stellen sich den Monstern gar mit ihrem selbstgebauten Kampfroboter und der von ihnen programmierten KI – dann steigt Godzilla aus dem Meer und bleckt die Zähne …

„Godzilla Singular Point“ hat bei aller reizvoller Innovation von Anfang an Probleme, die den eigenen Ambitionen geschuldet sind. Besonders die Unsitte, schwierige physikalische Ideen in Dialogen oder Chatverläufen als Infodumps auf die Zuschauenden abzufeuern, geht bei dem hohen Tempo und abgehobenen Stoff gar nicht. Auch mit dem legendären Titelmonster gibt es Ärger. Bei Filmen um Godzilla und Co. geht es immer ein Stück weit darum, das erste volle Auftauchen langsam vorzubereiten, die Spannung genüsslich zu halten und das Kaiju nicht zu früh aus dem Sack zu lassen. Nur: wann wird aus einem hinausgezögerten Höhepunkt ein ruinierter Godzillagasmus? In „Godzilla Singular Point“ macht man es mit den anderen Kaiju eigentlich ganz gut, ausgerechnet Godzillas Einführung kommt jedoch zu spät und hat erschreckend wenig Impact. Mehr Godzilla hätte dieser Godzilla-Serie zudem nicht geschadet.

Obwohl, zum frischen Ansatz von Science-Fiction-Autor Toh EnJoe („Self-Reference ENGINE“) gehört eben, so oft wie möglich in eine ganz andere Richtung zu gehen, das große Ganze im Auge zu behalten – wissenschaftlicher, anspruchsvoller, globaler und immer ein bisschen sperrig zu sein. Das schadet dem Franchise prinzipiell erst mal keineswegs. Zumal die schrägen, sympathischen Figuren, die Manga-Künstler Kazue Kato („Blue Exorcist“) entworfen hat, einen früh gewinnen. Dasselbe gilt für die Kaiju, deren Look wiederum von Eiji Yamamori gestaltet wurde, der früher für das Studio Ghibli tätig war. Außerdem kommt eine interessante Mischung aus traditionellen und modernen Animationstechniken zum Einsatz – „Godzilla Singular Point“ sieht super aus. Die quirlige KI Pelops, die einen niedlichen Hunde-Avatar nutzt, und der retromäßige Kampf-Mech Jet Jaguar sind zusätzliche belebende Elemente.

„Godzilla Singular Point“ hat also einige Macken, ist unterm Strich aber dennoch eine Bereicherung für die Kaiju-Apokalypse und das Godzilla-Universum – obwohl „Pacific Rim: The Black“ im Duell der Kaiju-Animes auf Netflix ein paar Monsterlängen vorn liegt. Allerdings unterstreicht der direkte Vergleich ebenfalls die mutige Andersartigkeit und letztlich Besonderheit der neuen Godzilla-Animationsserie.

Abb.: © 2021 Netflix

Godzilla Singular Point • Japan, 2021 • 13 Episoden mit je ca. 25 Min. • Regie: Takuma Suzuki, Atsushi Takahashi u. a. • Drehbuch: Toh EnJoe

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.