Nerd-Nippes
Spiel- und Actionfiguren machen Science-Fiction ein bisschen lebendiger
„Zollbefund/Vermerke: Päckchen öffnen lassen. Eine Figur aus Kunststoff mit Standfuß, ein nicht menschliches Wesen darstellend festgestellt.“
Es artikulieren sich in diesem originalamtlich zitierten und allerschönsten Aktenordner-Jargon, mit dessen Feststellung der figürlichen Darstellung eines nicht menschlichen Wesens ein aus den USA geschicktes und lebensecht skulpturiertes Plastik-Sumpfding nach voller Gesamtbeschau offiziell
bedenkenlos aus der Zollamts-U-Haft entlassen wird, gleich mehrere Fallhöhen. Eine davon ist natürlich die zwischen Semantik des Gegenstands und (fremdkontextueller) Analyse des Sachbearbeiters; eine wichtigere die zwischen begehrendem Subjekt und (strenger) symbolischer Ordnung. Der behördliche Blick auf die Spielzeug-Version eines Comic-Monsters nimmt leicht beschämenden Einfluss auf die kindliche Freude des (physisch) reifen Spielzeug-Käufers – es ist eben ein bisschen peinlich, sein auf Nerd-Nippes fixiertes Sammeldeppentum vor wirklich erwachsenen Leuten ausstellen zu müssen.
„Wer sich seine Kindheit nicht bewahrt hat, wird Horrorfilme nicht zu schätzen wissen“, so der Publizist Hans Schifferle. Die Science-Fiction ist zwar schon ihrem Namen nach ein seriöseres, intellektuell verbindlich satisfaktionsfähigeres Genre als der Horror, aber
auch sie wird kaum schätzen können, wer kindliches Staunen und Spaß an der Wirklichkeit des Spielens für Untugenden hält. Ein lebensgroßer Nachbau E.T.s! Das Augen-Finger-Vieh aus Re-Animator, seinerseits im 1:1-Format! Ein Fliegen-Wackeldackel! ED-209 aus Robocop! H.P. Lovecrafts endlich und ein für allemal gestaltgewordene Albträume, die postalisch zu ordern man sich wegen der feinstziselierten und entsprechend zerbrechlichen Tentakelchen und Flügelchen und Beißerchen kaum trauen mag (abgesehen davon, dass sich das Zeug rasend schnell ausverkauft)!
Physis. Drei Dimensionen. Haptik. Geruch. Bewegliche Extremitäten. Anfassen können. Alles echt.
Wie es Jeff Smith, Schöpfer der Comic-Serie Bone, so schön auf den Punkt bringt: „Ich will Bone-Figuren, und ich habe sie. Und jeder, der eine haben will, kann ebenfalls eine kriegen.“ Manchmal will man das Imaginäre einfach anfassen wollen. Nur anschauen, z.B. bei Amok Time, Sideshow oder Sota, ist aber auch schon schön. Und durchaus mehr als Sammeldeppentum. Nämlich eine mögliche Art, das Spekulative spielerisch zu verifizieren.
ED-209 aus Robocop
Ein lebensgroßer Nachbau E.T.s
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