8. Oktober 2021

„No More Heroes 3“: Travis vs. Galaktische Assassinen

Angespielt: Die Fortsetzung der durchgeknallten Action-Serie ist da

Lesezeit: 3 min.

Ranglisten! Immer diese Ranglisten! Kämpfte sich Auftragskiller Travis Touchdown bereits in den Vorgängern der No More Heroes-Reihe an die Spitze aberwitziger Ligen, so muss er auch im neuesten Ableger (seit Ende August nur auf Switch zum Vollpreis von rund 60 Euro erhältlich) erneut (s)einen Thron erobern. Diesmal allerdings nach etwas längerer Selbstfindungsphase, die der obercoole Biker und Besitzer eines stylischen Laserkatanas mit der Rückkehr in seine Heimatstadt Santa Destroy eigentlich abschließen will. Doch weit gefehlt!

Denn eine Alien-Invasion unter der Führung des Oberkriminellen Jess-Baptiste VI, genannt Prinz FU, bedroht die Stadt und natürlich irgendwie die ganze Welt. Um sie aufzuhalten muss sich Travis Alien-Assassinen zum Kampf stellen – Rangliste eben. Ach ja, haben wir schon erwähnt, dass bei all dem wieder Charaktere wie die sprechende Katze Jeane, die mit einem Baseballschläger bewaffnete Psychopathin Bad Girl (Ähnlichkeiten zu bekannten DC-Figuren natürlich rein zufällig) oder die Agentin und Travis-Ehefrau Sylvia Christel (Ähnlichkeiten zu früheren Erotikdarstellerinnen natürlich ebenfalls rein zufällig) mit an Bord sind?

Wem das schon zu abgedreht klingt, der hat wohl noch nie ein No More Heroes-Spiel erlebt. Denn was wir bislang beschrieben haben, bildet auch diesmal nur die Spitze eines völlig aberwitzigen Action-Adventures, in dem auf Gewalt im Tarantino-Stil schon mal ein überbuntes JPop-Konzert folgt. Hinter der Marke steckt mit Suda 51 einer der exzentrischsten Game Designer Japans, der sich noch nie um Dinge wie übermäßigen Spielkomfort, inhaltliche Konventionalität, Zugänglichkeit oder Genre-Trends scherte und so u.a. mit verschrobenen Action-Titeln wie Killer is Dead eine kleine, aber eingeschworene Fanbase auch in westlichen Gefilden erobern konnte. Seine Spiele vereint vor allem zuverlässig eintretende WTF-Momente, während man noch versucht, das eben Erlebte irgendwie einzuordnen. Rein spielerisch blieb sich der Meister aber meist treu und arbeitete vorrangig an Spielen mit Fokus auf Kämpfen.

Die stehen natürlich auch bei No More Heroes 3 wieder im Zentrum des Geschehens, wobei das Gameplay hier vor allem auf einen Mix aus Schwerthieben und zusätzlichen Gadgets wie einen Handschuh (u.a. zum Schießen) und speziellen (Wrestling-)Moves baut – Mech-Anzüge und viel Raum für einen individuellen Spielstil inklusive. Haben wir uns erstmal durch eine Horde Handlanger durchgeschnetzelt, wartet am Ende ein endsprechend anspruchsvoller Oberschurke, den wir für unseren Ranglistenaufstieg aus dem Weg räumen müssen. Gerade diese Gefechte versprechen, wie immer bei Suda 51, ein Fest des Spieleirrsinns, bei dem stets alles Mögliche an Verwandlungen, Moves oder Wendungen (wie in diesem Fall etwa eingestreuten Rap-Battles) geschehen kann. Gehen wir gerade nicht auf Action-Tour können wir mit Travis auf seinem coolen Bike durch die Stadt cruisen, um beispielsweise seine Ausrüstung aufzumotzen und für die Teilnahme am Ranglistenturnier teils absurde Jobs wie Rasenmähen, Müll aufsammeln oder lokale Rabauken verprügeln anzunehmen.  

Schon nach gut 5 Stunden unserer Spielzeit wird deutlich, wie gut das Comeback der ursprünglich auf Nintendos Wii gestarteten Reihe gelungen ist. Die Kämpfe machen gegen kleine wie große Gegner dank sehr kreativem Design und abwechslungsreicher, manchmal sogar taktischer Facetten viel Laune und der typisch schräge Humor von No More Heroes kommt jederzeit perfekt zur Geltung. Die Steuerung funktioniert gerade mit den Joycons der Switch sehr flüssig, was sich speziell im Umgang mit dem Laserkatana positiv bemerkbar macht. Wer will, kann aber auf diese Steuerungsfunktion verzichten. Nicht so schön gestaltet sich leider die in sechs Abschnitte unterteilte Open World, da hier einerseits die Technik (u.a. mit viel Kantenflimmern) negativ zu Buche steht, andererseits aber die ohnehin nicht besonders schöne Spielwelt viel zu leblos wirkt, um selbst mit mittelmäßigen Open World-Settings unserer Tage mitzuhalten.

Wer aber schnell von einem Minijob zum nächsten eilt (die dazu stets mit sehr witzigen Ideen punkten), sich dann wieder in die Gefechte stürzt und ansonsten einfach sowohl Humor wie Flair dieses völlig überzeichneten Action-Festes genießt, erlebt mal wieder ein Spiel, wie es wohl aktuell nur Suda 51 abliefern kann. Verrückte, sperrige Popkultur mit Haltung.

No More Heroes 3 • Grasshopper Manufacture • Action-Adventure • Switch

Abb. © Nintendo

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