2. März 2018

Im Weltall hört dich niemand rätseln

Das Weltraum-Adventure „The Station“

Lesezeit: 4 min.

Sich ganz allein im Dunkeln herumzutreiben, ist ja eigentlich nie eine gute Idee. Wenn man dann noch auf einer verlassenen Weltraumstation unterwegs ist, ohne zu wissen, was dort mit der Crew geschehen ist und was dort sonst so lauern könnte, müssten alle Warnzeichen auf Alarmstufe rot stehen. Eigentlich. Genau dieses Szenario erwartet uns im Adventure The Station, das am 20. Februar zum kleineren (Indie-)Preis für PS4, Xbox One und PC erschienen ist.

Weil sich die Besatzung einer Forschungsstation aus unerfindlichen Gründen nicht mehr zu melden scheint, sollen wir in Gestalt eines aus der Ego-Sicht gesteuerten Avatars vor Ort nach dem Rechten sehen. Schon kurz nach der Ankunft bestätigen sich unsere schlimmsten Befürchtungen. Die Station ist komplett verlassen, allerdings gibt es keine offensichtlichen Anzeichen eines Kampfes. Was ist also mit der dreiköpfigen Crew der Espial Station geschehen und welche Rolle spielte dabei die geheime Mission, eine fremde Spezies zu beobachten und möglicherweise Kontakt zu ihr aufzunehmen? Dass innerhalb der Alien-Zivilisation anscheinend ein handfester Bürgerkrieg tobt, trägt dabei auch nicht unbedingt zur Beruhigung der Situation bei.

Schon die ersten Minuten zeigen deutlich, was uns über die gut 2-3 Stunden der Kampagne erwartet. Wie ein Detektiv erkunden wir die Station auf der Suche nach Audiologs, Mails, Datenübertragungen und anderen Hinweisen und erfahren so immer mehr über das Innenleben der Besatzung und den Fortschritt ihrer Mission. Obwohl es sich mit Techniker Aiden, Forscher Silas und Pilotin Mila nur um drei Besatzungsmitglieder handelt, spinnt The Station ein durchaus fesselndes Netz aus launigen Privatkonversationen, kleineren Alltäglichkeiten und manchmal auch brisanteren Informationshäppchen, die uns die Charaktere auch in Abwesenheit näher bringen. Dazu tragen speziell die guten englischen Sprecher bei, die uns die verschiedenen Stimmungslagen adäquat mitfühlen lassen.

Spätestens dann, wenn wir die Privaträume der Crew durchsuchen, beginnen wir, uns für deren Schicksal wirklich zu interessieren und nicht nur nach Hinweisen über die Mission zu forschen. Leider fällt die Story dennoch fast ein wenig zu knapp aus und verschenkt ohne (spielerische) Not leicht abschöpfbares Potenzial. Allein das Thema einer unbekannten Alien-Rasse und den unterschiedklichen Meinungen über den Umgang mit ihr hätte noch Stoff für die ein oder andere Sequenz mehr hergegeben können. Und auch wenn das Finale nicht enttäuscht, hätte auch das aufgrund des zuvor motivisch Aufgebauten noch etwas mehr Tiefgang vertragen können.

Auch beim Gameplay halten sich Licht und Schatten die Waage: Wir erkunden die Station und lösen dabei kleinere Rätsel, um Türcodes zu knacken, Ersatzteile zu finden, verschlossene Spinde abzugrasen oder mit einem aktivierten Greifarm eine wichtige Kiste zu erhalten. Das Handling funktioniert dabei solide, wobei The Station dazu tendiert, uns fast zu viele Manipulationsoptionen wie etwa herumliegende Fürchte und allerhand Schubladen vorzusetzen, die dann keinerlei nachträglichen Wert haben. Dazu gesellt sich ein nicht immer in seiner Funktion nachvollziehnares Inventarmenü, das es so sicher gar nicht gebraucht hätte.

Hinweise gibt es neben der trotz einiger fehlender Details übersichtlichen und sich stets aktualisierenden Karte praktisch keine, doch die Knobeleinlagen sind so organisch in die Umgebung integriert, dass sie sich mit ein bisschen Umsicht und Geduld leicht knacken lassen. Richtige Kombinationsrätsel mit mehreren Gegenständen und viel Um-die-Ecke-Denken erwartet uns hier praktisch nie. So dürfen Anfänger wie Fortgeschrittene mit dem Schwierigkeitsgrad zufrieden sein; wer aber richtige Kopfnüsse will, wird eher enttäuscht. 

Nicht ganz ersichtlich ist hingegen der Umgang der Macher mit der spannenden Drohkulisse ihres insgesamt recht linear präsentierten Settings. Auf den ersten Blick könnte The Station ja auch fast ein Horror-Titel wie Alien:Isolation sein, bei dem man ohne Waffen und eigentlich nur mit dem eigenen Grips bewaffnet vor einem übermächtigen Angreifer fliehen und die Gegebenheiten der Station für sich nutzen muss. Das möchte der Titel zwar gameplaytechnisch offenbar gerade nicht sein und es ist ihm auch nicht vorzuwerfen, dass wir nicht von Aliens durch die Gänge gejagt werden. Allerdings reizt das Adventure die latente Angst vor dem Unbekannten dadurch eben nie konsequernt aus und vermittelt uns zu schnell ein Gefühl von Sicherheit, das der Inszenierung zuwiderläuft.

Aber auch ohne akute Gefahr wäre hier mehr Intensität möglich gewesen, zumal das Design in Verbindung mit dem dezenten, aber stets situativ passend eingesetzten Sound dies eben auch suggeriert und dies dazu mit einer technisch sauberen Performance (bis auf einige lange Ladezeiten) ordentlich unterstützt. 

Fazit

The Station könnte man auf folgenden Nenner bringen: Hier wurde leichtfertig Potenzial verschenkt! Die Macher kreierten ein stimmungsvolles, mit vielen schönen Details gespicktes Sci-Fi-Setting, das mit seiner Grundthematik schnell in seinen Bann zieht. Allerdings fehlt dem Erkundungs- und Rätsel-Gameplay die nötige Tiefe und abseits der Storyhinweise der eigentlich sehr düsteren Story auch ein wenig der Extrakick (wie er beispielsweise mit einer zumindest latent echten Bedrohung einhergehen hätte können). 

So bleibt unter dem Strich ein gutes Adventure, das sich Sci-Fi-Fans mit Hang zu durchschnittlicher Rätselkost gerne ansehen können und das gerade mit Blick auf die Entwickler vielleicht für kommende Projekte einiges verspricht.

The Station • The Station • Exploration-Adventure

Abb. © The Station

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