Unfassbare Inkohärenz
„Transformers: The Last Knight“ ist ein Michael Bay-Film – Im Guten wie im Schlechten
Klar, sich einen Michael Bay-Film anzuschauen und sich dann über die abstruse Handlung zu wundern mutet absurd an, aber das war nicht immer so. Man denke nur an die ersten Minuten von „Armageddon“, als Bay in kürzester Zeit das Set Up etablierte, in wenigen Minuten die Bedrohung der Erde durch einen Asteroiden aufzeigte, der allein durch ein Team von Tiefsee-Bohrern zerstört werden konnte. Präzises, ökonomisches Erzählen war das, doch davon ist beim inzwischen fünften Transformers-Film keine Spur mehr zu sehen.
Etwas überspitzt formuliert könnte man sagen, dass „Transformers: The Last Knight“ aus gut 90 Minuten Set Up besteht, dem ein rund 45minütiges Finale folgt. Nun fliegt zwar auch in den ersten 90 Minuten einiges in die Luft – hat Michael Bay jemals mehr als 20, 30 Minuten Film gedreht, ohne etwas in die Luft zu jagen? – aber welche Menge an abstrusem, bizarrem, merkwürdigem Plot er hier aneinanderreiht ist eigentlich schon eine Kunst an sich. Es geht irgendwie so: Die Transformers sind geächtet und entweder in Hochsicherheitsgefängnissen gefangen, im Untergrund versteckt oder auf Kuba im Exil! (Wirklich…) Cade Yeager (Mark Whalberg) beschützt einige Exemplare, darunter Bumblebee, doch auch in England ist ein Mann an den Transformers interessiert: Sir Edmund Burton (Anthony Hopkins), einer der letzten der Geheimgesellschaft der Witwickis, die das Geheimnis der Transformers bewahren. Diese waren einst auf die Erde gekommen und hatten Merlin, dem Hofzauberer von König Artus dabei geholfen, die Sachsen aus England zu vertreiben! (Echt…) Danach ging eine Art Zauberstab verloren, der unbegrenzte Macht hat und nun von einem Wesen namens Quintessa dazu benötigt wird, um Cybertron, den Heimatplaneten der Transformers, wieder herzustellen, in dem die Energie der Erde quasi ausgesaugt wird! (Ja…) Yaeger, Burton und eine Oxford-Professorin namens Vivian Wembley (!), die unter 30 ist und daher extrem sexy und vollbusig und zudem die letzte Nachfahrin von… Merlin… Okay, es reicht… man muss eigentlich nur sagen, dass am Ende wie eigentlich immer Optimus Prime gegen Megatron kämpft, umgeben von einem filmischen Stahlgewitter, wie man es selten gesehen hat.
Was Michael Bay in den letzten 45 Minuten auf die Leinwand zaubert, ist schwer zu beschrieben, es ist unwirklich, es ist atemberaubend, es sind Bilder von solcher Gravität, von solchem Exzess, solcher Perfektion, das die Bilder wie ein Rausch wirken. Gigantischste Raumschiffe schweben über Stonehenge, schaben ganze Landschaften aus der Erde, Horden von Transformers kämpfen in einer Variation der Grabenkämpfe des Ersten Weltkriegs oder dem Sturm auf die Normandie gegeneinander und das alles mit der Übersicht, für die man Michael Bay viel mehr schätzen müsste. Kaum ein anderer Regisseur der Gegenwart ist so gut darin, überbordende Bilder in einer Weise aneinanderzufügen, dass bei allem Exzess nicht die Übersicht über den filmischen Raum verloren geht. Satte sechs Cutter waren hier zu Gange, was ein Hollywood-Rekord sein dürfte, vier Drehbuchautoren werden im Abspann erwähnt und das es nicht mehr sind, dürfte nur an den Regeln der Autoren-Gewerkschaft liegen.
In diesen Zahlen zeigt sich das ganze Dilemma, das Paradox von Michael Bay: Wie ein Regisseur gleichzeitig ein so überwältigender Stilist sein und so wenig Interesse an einer kohärenten Geschichte haben kann, ist schwer zu begreifen. Und auch ein bisschen Schade, denn die erzählerische Konfusion, die diesen Transformers-Film mehr prägt, als alle vier Teile zuvor (und das will etwas heißen!) verhindert, dass Bay noch mehr für das gewürdigt wird, was er wie kaum ein anderer kann: Die visuellen Möglichkeiten des Kinos immer wieder auf neue, ungeahnte Höhen zu schrauben, Bilder zu kreieren, die atemberaubend sind und sprachlos machen.
„Transformers: The Last Knight“ startet am 22. Juni im Kino. Abb. © Paramount Pictures
Transformers: The Last Knight • USA 2017 • Regie: Michael Bay, Darsteller: Mark Whalberg, Anthony Hopkins, Laura Haddoch, Josh Duhamel, John Turturro
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