26. April 2018 2 Likes

Tödliches Klassentreffen

„Avengers: Infinity War“ ist zu viel und zu wenig, alles und nichts

Lesezeit: 3 min.

Gleichermaßen bedröhnt und betört wankt man nach über zweienhalb Stunden aus dem Kino, Nein, doch deutlich bedröhnter als betörter, denn auch wenn es im Lauf der Handlung – wenn man die mehr als lose Aneinanderreihung von Handlungsfetzen und disparaten Szenen tatsächlich als Handlung bezeichnen möchte – immer wieder Momente von unwirklicher Schönheit gibt: Als Ganzes wirkt der 19. Marvel Film „Avengers: Infinity War“, der erste Teil des großen Finales, wie eine gigantomanische Kakophonie.

Es dauert gefühlt eine Stunde, bis sämtliche der kaum noch zu zählenden Marvel-Figuren ihren ersten Auftritt haben (der dann zum Teil ihr einziger bleibt), die allermeisten sind kaum mehr als Staffage für die Kulmination all dessen, was Marvel seit gut zehn Jahren erzählt. Und ja, es ist durchaus eindrucksvoll wie lose Erzählstränge, die vor Jahren in diesem oder jenem Marvel-Film oder auch nur in einer der unzähligen Post-Credit-Sequenzen angedeutet wurden, hier wieder aufgenommen werden. Man möchte jedoch nicht davon sprechen, dass sie sich zu einem großen Ganzen formen, denn wie selten zuvor im Marvel-Universum wird in „Avengers: Infinity War“ das große Problem dieser Art von Kino überdeutlich: Auch wenn immer wieder behauptet wird, dass es um das große Ganze geht, um das Überleben der Erde, anderer Welten oder gleich des Universums, geht es am Ende doch um gar nichts.

Da kann der vorgebliche Antagonist Thanos auch noch so ambivalent über seinen Plan räsonieren, die Hälfte des Universums zu vernichten, um der anderen angesichts endlicher Ressourcen das Überleben zu ermöglichen: Am Ende ist er nur einer mehr in einer nie endenden Reihe von Antagonisten, die in einem Moment als unzerstörbar bezeichnet werden, um im nächsten dann doch mit erstaunlicher Leichtigkeit besiegt zu werden.

Wie egal in diesen Welten alles ist kommt besonders in Bezug auf Leben und Tod zum Tragen. Immer wieder wurde in den letzten zehn Jahren bemängelt, dass nie ein Marvel-Held das Zeitliche segnet, dass mit an die legendäre Dallas-es-war-alles-nur-ein-Traum-Folge erinnernden Volten selbst das Sterben von Figuren im nächsten Moment oder der nächsten Folge weggewischt werden kann. Viel wurde im Vorfeld von „Avengers: Infinity War“ daher darüber spekuliert, dass nun aber wirklich Marvel-Helden sterben werden, vor allem, da manche der Schauspieler nach Jahren in der Marvel-Welt einfach keine Lust mehr haben. Und ja, es sterben auch einige Figuren, vermutlich jedenfalls, denn so genau kann man das in dieser Welt, in der dank der Infinity-Steine Raum, Zeit und Realität nicht mehr als relativ sind, eben nicht so genau wissen.

Das wäre auch nicht weiter schlimm, schließlich ist das Ganze am Ende eben doch nur – ja, wirklich nur – ein Comic. Viel zu ernst nehmen sich die allermeisten Marvel-Filme, trotz der ständigen Witze, die selbst während eigentlich dramatischer, emotionaler Szenen gerissen werden, viel zu bedeutungsschwer will das Treiben sein, statt sich einfach nur darin zu gefallen, atemberaubende Bilder aneinanderzureihen.

Das originellste an diesen exzessiven zweieinhalb Stunden sind dann die letzten fünf Minuten, die nicht etwa einen Film beenden, der weniger eine abgeschlossene Geschichte erzählt, sondern kaum mehr als ein Prolog für das wirkliche Finale darstellt, dass dann nächstes Jahr auf die Leinwand kommt. Vorher stehen schon zwei weitere Marvel-Filme an, bis 2022 sind insgesamt 13 weitere Filme in Arbeit oder Planung. Ein Ende der Marvel-Herrschaft über das Blockbuster-Kino ist also erst einmal nicht in Sicht, aber solange die Kasse klingelt: Warum auch?

„Avengers: Infinity War“ startet am 26. April im Kino

Avengers: Infinity War • USA 2018 • Regie: Anthony & Joe Russo • Mit: Allen (naja: fast)

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