30. April 2018 4 Likes

Willkommen in einem neuen Zeitalter!

Wir können uns zwar noch nicht „beamen“, aber prinzipiell ist Teleportation möglich

Lesezeit: 3 min.

Während unserer kurzen Zeit auf Erden haben wir Menschen viele wunderbare und segensreiche Erfindungen gemacht. Wir wissen, wie wir bestimmte Chemikalien mischen müssen, um Medikamente für Krankheiten herzustellen, die noch vor Jahrzehnten als unheilbar galten. Wir können Eizellen künstlich befruchten, um Paaren mit Kinderwunsch neue Hoffnung zu geben. Wir wissen, wie man Menschen über Monate hinweg auf einer in der Umlaufbahn schwebenden Raumstation am Leben erhält, während diese fleißig Informationen zur Erde senden. Wir konnten die Menschheit bis zu ihren Ursprüngen zurückverfolgen, und die Geologie ist in der Lage, die äonenlange Entwicklungsgeschichte der Erde selbst aufzuzeichnen.

Und jetzt stehen wir kurz davor, Objekte von einem Ort zum anderen zu teleportieren.

Tal M. KleinLetztes Jahr gelang dies chinesischen Forschern nur wenige Wochen, bevor mein Roman „Der Zwillingseffekt“ in den USA erschien. Bei diesem Experiment wurde ein Photon so weit wie nie zuvor von der Erde ins All teleportiert

Diese Form der Teleportation basiert auf dem Konzept der Quantenverschränkung. Einstein beschrieb diesen merkwürdigen Effekt als „spukhafte Fernwirkung“. Der Effekt besagt, dass Teilchen unabhängig von ihrer Entfernung unmittelbar und auf bizarre Weise aufeinander einwirken. In Bezug auf die Teleportation bedeutet das, dass man die subatomaren Bestandteile eines Objekts nicht physisch von A nach B bringen muss, sondern mittels Quantenverschränkung die Information über den Zustand eines bestimmten Photons auf der Erde beispielsweise auch im Weltall zur Verfügung hätte.

Das mag jetzt kompliziert klingen, aber wenn Sie wissen, wie ein 3D-Drucker funktioniert, dann haben Sie auch diese Teleportationsmethode verstanden. Zuerst mal braucht man einen Bauplan des zu teleportierenden Objekts. Dann – vorausgesetzt, ein Drucker steht zur Verfügung, der alle Bestandteile des Objekts „ausdrucken“ kann – muss man diesen Bauplan nur noch an den Drucker senden. Einen Haken hat die Sache allerdings: Da im Universum ständig alles im Fluss ist, wird es umso schwerer, ein Objekt mit seinem Bauplan zu synchronisieren, je größer das Objekt ist. Und diese Synchronisation ist notwendig, damit das Objekt, das aus dem Drucker kommt, „dasselbe“ wie das teleportierte Objekt ist.

Anfang April dieses Jahres stellte eine japanische Firma namens Open Meals auf der South-by-Southwest-Konferenz in Austin einen „Sushiteleporter“ vor. Dabei wurden mehrere in Tokio zubereitete Sushis mit dem sogenannten Pixel Food Printer, einem 3D-Lebensmitteldrucker, in Austin ausgedruckt.

Open Meals zufolge hat dieser Lebensmitteldrucker verschiedene vielversprechende Anwendungsgebiete. Beispielsweise könnten wir damit Astronauten auf einer Raumstation Mahlzeiten schicken oder ein Fernsehkoch den Zuschauern seine neuesten Kreationen.

Allerdings gibt es zwischen diesem „teleportiertem Sushi“ und der tatsächlichen Teleportation eines Sushis einen gewaltigen Unterschied. Die Schwierigkeit bei der Quantenteleportation besteht in der Verschränkung. Wenn zwei Teilchen miteinander verschränkt sind, besitzen sie denselben Zustand und behalten ihn auch bei, ganz gleich, wie weit sie voneinander entfernt sind. Sobald eines der Teilchen jedoch auf etwas trifft – die Luft, einen Lichtstrahl, irgendwas – wird die Verschränkung aufgehoben.

Sie können sich sicher vorstellen, dass es unter diesen Umständen ziemlich schwierig ist, die Quantenverschränkung zweier Teilchen über eine größere Entfernung oder längere Zeiträume hinweg aufrechtzuerhalten. Bis zu dem chinesischen Experiment vom letzten Jahr hatten wir es gerade mal geschafft, verschränkte Teilchen ein paar Kilometer weit voneinander zu trennen. Doch wir machen rasante Fortschritte: Den Chinesen ist es gelungen, verschränkte Teilchen auf einen in fünftausend Kilometer Entfernung in der Umlaufbahn schwebenden Satelliten zu bringen, während die Teilchen, mit denen sie verschränkt waren, auf der Erde blieben.

Der Begriff „Teleportation“ ist also mit Vorsicht zu genießen. In diesem Fall bedeutet er, dass die Wissenschaftler sogenannte „Qubits“ übertrugen – also Quanteninformationen von einem Teilchen auf der Erde an ein anderes Teilchen im Weltall weitergaben. Letzteres Teilchen übernahm die Informationen und „wurde“ dadurch zu dem Erdteilchen.

Bis wir uns wie in Star Trek durch den Raum oder auch nur über den Planeten beamen können, wird es also wohl noch eine Weile dauern. Doch ob es nun um den Transport von Photonen oder das Ausdrucken von Sushi geht: Das Teleportationszeitalter hat offiziell begonnen.

Tal M. Klein wurde in Israel geboren und ist in New York aufgewachsen. Inzwischen lebt er mit seiner Familie in Detroit. Er arbeitet ist Musikproduzent, DJ und Autor. Mit seinem Science-Fiction-Debüt „Der Zwillingseffekt“ hat er einen packenden Verschwörungsthriller in einer visionären Zukunft geschrieben.
 

Tal M. Klein: „Der Zwillingseffekt“ ∙ Roman ∙ Aus dem Amerikanischen von Bernhard Kempen ∙ Wilhelm Heyne Verlag, München 2018 ∙ 416 Seiten ∙ Preis des E-Books € 11,99 (im Shop)

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