Zombies sind auch nur Menschen!
„The Cured“: Da steckt viel drin, es will aber nicht viel raus!
Zombies und kein Ende. Wer heute noch einen Zombiefilm drehen will, brauchte schon eine extragute Idee, um auf sich aufmerksam zu machen – die Untoten sind allgegenwärtig, in sämtlichen Varianten, von komisch bis blutig, von schlichter Amateurproduktion aus Omas Gemüsegarten bis hin zum schwindelerregend teuren Big-Budget-Epos aus Hollywoods Mainstream-Küche.
Der irische Regisseur und Drehbuchautor David Freyne hatte für seinen ersten abendfüllenden Spielfilm eine gute Idee und die geht so: „The Cured“ spielt nicht wie üblich während der Zombie-Apokalypse, sondern danach: Der Maze-Virus hatte sich in Europa ausgebreitet und die Bevölkerung in blutgierige Monster verwandelt. Allerdings bekam man die Lage mittels eines eigens entwickelten Heilmittels schnell in den Griff, außer in Irland, hier litt man unter der Plage besonders heftig. Allerdings sind auch da mittlerweile alle Infizierten mit Hilfe von UN-Truppen interniert worden, doch jetzt tun sich neue Probleme auf: Das Heilmittel hat nur bei 75% der Betroffenen gewirkt, deswegen wird nun gefordert, die verbleibenden 25% mit Hilfe eines Euthanasie-Programms möglichst „human“ über den Jordan zu schicken.
Als schwierig entpuppt sich ebenso der Umgang mit den Kurierten, da in den Augen vieler die ehemaligen Zombies nach wie vor Monster sind – auch die Betroffenen selbst haben mit Alpträumen und psychischen Probleme zu kämpfen; sie sind zwar keine Zombies mehr, aber können sich noch an alles erinnern, was sie einst als Zombies angerichtet haben. Bei zwei der Gebeutelten handelt es sich um Senan (Sam Keeley) und Conor, die wieder in die Zivilgesellschaft entlassen werden. Senan findet zwar Unterschlupf bei seiner Schwägerin Abbie (Ellen Page), eine der wenigen, die Mitgefühl mit ihm haben, allerdings verbirgt er ein dunkles Geheimnis vor ihr, Conor wiederum gerät an den Politiker Cantor, der sich in der Öffentlichkeit für die Geheilten ausspricht, aber ganz eigene Ziele verfolgt…
Freyne nutzt das Zombie-Thema als Allegorie aufs Weltgeschehen: Wenn in der packenden ersten Viertelstunde die Geheilten in der Stadt ankommen, erinnern die aufgebrachten Reaktionen der Nicht-Infizierten natürlich an die aus Nachrichtensendungen bekannten Bilder „besorgter Bürger“ bei der Ankunft von Flüchtlingstransporten. Und dass Menschen, die Mitgefühl haben, wie hier Abbie, auf der Straße beschimpft und auf ihren Häusern aufgeschmierte Protest-Parolen vorfinden, kennt man ebenso. Der Film beschwört von Start an treffsicher Parallelen zur Realität, was ein ehrenswertes Anliegen ist und überaus gut funktioniert. Leider ist die Enttäuschung dann umso größer, dass der Horror-Thriller sich nach seinem starken Auftakt in einen schlichten Terrorismus-Plot mit übermäßig lauten Jump-Scares verliert, der jegliche Ambivalenzen missen lässt. So stachelt Conor zum Beispiel die anderen Geheilten in einem Auffangheim zur Revolte an, er hat aber keine politischen Motive, sondern lediglich Probleme mit seinem Vater. Ebenso verpufft der sich auftauende emotionale Konflikt, als die so liberal gebende Abby im letzten Drittel von den Zombie-Untaten ihres Schwagers erfährt, praktisch folgenlos. Genauso spielt die Verbindung, die Senan noch immer zu den Infizierten spürt, irgendwann plötzlich keine Rolle mehr, stattdessen gibt’s Untoten-Action von der Stange.
„The Cured“ ist einer dieser Filme, die rückblickend noch viel mehr ärgern, als tatsächlich schlechte Filme; das Potenzial wabert einem regelrecht entgegen, bleibt aber größtenteils ungenutzt, hier hat ein Blinder auf ein weit offen stehendes Tor geschossen. Wirklich sehr schade.
„The Cured“ ist bei Splendid Film als DVD, Blu-ray und VOD erschienen.
The Cured – Infiziert. Geheilt. Verstoßen • Irland 2017 • Regie: David Freyne • Darsteller: Ellen Page, Sam Keeley, Tom Vaughan-Lawlor, Stuart Graham, Lesley Conroy, Peter Campion, Patrick Murphy
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