11. September 2018 1 Likes

Drohnen im Bienenstock

In Claudia Praxmayers „Bienenkönigin“ bedroht die Technik die Natur

Lesezeit: 2 min.

Es ist eine der Horrorvorstellungen unserer Zeit: stirbt die letzte Biene, ist auch der Mensch dem Tod geweiht. Seit einigen Jahren nehmen sich Dokumentationen und Romane dieses auch als „Bee-pocalypse“ bekannten Szenarios an, zum Beispiel Maja Lunde in ihrer „Die Geschichte der Bienen“. Während sich die Bestände der Honigbienen im Westen erholen, sind ihre wilden Verwandten und andere Insekten nach wie vor vom Aussterben bedroht. Ein Blick in manche Regionen Chinas zeigt bereits jetzt, wie eine Landwirtschaft ohne Fluginsekten aussehen wird: Der Mensch muss die Biene ersetzen und von Hand die Blüten bestäuben.

Dieses Thema behandelt nun auch die studierte Biologin Claudia Praxmayer. Nach drei Thrillern für Erwachsene gibt sie mit „Bienenkönigin“ ihr Jugendbuchdebüt. Heldin Mel ist 19 Jahre jung und lebt in einer Community in San Francisco. Die alte Villa gehört dem eher technophoben Feuilletonschreiber Josh, der sich von ihr hat überreden lassen, die übrigen Zimmer an Studenten zu vermieten. Das Leben mit dem Techniknerd Coco, dem Zahlengenie Ozzy und dem Techno-Farmer Leo verläuft harmonisch und die kleine Gemeinschaft erfreut sich an Mels Kochkünsten. Mel kann jedoch mehr: sie hat eine enge Verbindung zu Bienen, singt mit ihnen und wird von ihnen als eine der ihren wahrgenommen. Eines Tages beobachtet sie ein seltsames Verhalten bei ihren Bienen im Garten. Sie haben sich zu einer Kugel geformt und einen Eindringling gestellt. Das bienenähnliche Wesen entpuppt sich jedoch nicht als Tier, sondern als winzige Drohne mit tödlichen Auftrag. Nur wer kann ein Interesse daran haben, Bienen zu töten?

Praxmayers Geschichte spielt eindeutig in der nahen Zukunft. Das wird deutlich, wenn Mel über gestiegene Preise für Obst und Gemüse aufgrund des dramatisch ansteigenden Bienensterbens spricht und der technologische Fortschritt thematisiert wird. Die auch „Beehive“ genannte Villa wird so zum idyllischen Kontrast zu den nicht weit entfernten Technikschmieden des Silicon Valleys. Dort wird im Roman auch nach Möglichkeiten der künstlichen Bestäubung von Pflanzen geforscht. Ob ein Zusammenhang zwischen den Bestäuberrobotern und der tödlichen schwarzen Drohne besteht?

Dem als „Thriller“ vermarkteten Roman fehlt es leider hier und da an Tempo. Dafür werden den Lebenssituationen der „Beehive“-Bewohnern viel Platz eingeräumt, womit „Bienenkönigin“ auch eine klassische Coming-of-Age-Geschichte erzählt. Diese Temporeduktion hat aber auch einen Vorteil: Praxmayer bekommt Zeit und Raum, um Mels außergewöhnliche Beziehung zu den Bienen zu schildern. Ihre Verbindung zu den fleißigen Immen ist der Ausgangspunkt, um den jungen Lesern die Bedeutung der Insekten für die moderne Lebensmittelproduktion zu verdeutlichen und sie für die Fragilität von Ökosystemen zu sensibilisieren. Am Ende der kurzweiligen Lektüre steht fest, dass die Zukunft der Bienen in Menschenhand liegt. Vielleicht bräuchte es mehr Menschen wie Mel, die ihre Mitmenschen für die nützlichen Insekten begeistern können.

Claudia Praxmayer: Bienenkönigin • cbj, München, 2018 • 352 Seiten • 17,00 € • Empfohlen ab 14 Jahren

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