6. Dezember 2018

Weihnachtsgore

„Anna and the Apocalypse“ – Sympathisch gescheitert

Lesezeit: 3 min.

Mit schmissigen Songs durch die Zombie-Apokalypse? Kein Thema, die Story geht so: Halbwaise Anna besucht die Little Haven Highschool im schottischen Kaff Little Haven. John ist ihr bester (und heimlich in sie verliebter) Freund, ebenso hat sie ein enges Verhältnis zum Pärchen Chris und Lisa. Ihr Papa ist der Hausmeister der Schule, die der fiese Rektor Savage unter seiner tyrannischen Fuchtel hat. Weitere relevante Figuren in ihrem Umkreis: Einzelgängerin Steph und der schmierige Macho-Proll Nick, mit dem Anna früher einmal ein kurzes Verhältnis hatte.

Weihnachten naht und die traditionelle Schulaufführung für die Eltern steht an, allerdings kann die junge Frau nicht dabei sein, sie arbeitet, denn sie braucht das Geld für das Urlaubsjahr nach der Schule, mit dem ihr Vater zwar alles andere als einverstanden ist, aber das sie um jeden Preis durchdrücken will, da sie der Enge ihres Heimatkaffs gerne entkommen möchte. Am Tag der Aufführung macht sich allerdings ein grassierender Virus unangenehm bemerkbar, der die Bewohner ihrer Heimatstadt in Zombies verwandelt…

Wenn der schön gestaltete, trickfilmartige Abspann von „Anna and the Apokalypse“ an einem vorbeizieht und man währenddessen über das soeben Gesehene reflektiert, kommt man sich leicht schäbig vor. Man möchte die britische Mischung aus Jugend- und Zombiefilm im weihnachtlichen Musical-Gewand eigentlich richtig gerne haben und zwar so richtig, aber irgendwie bleibt ein kleiner Teil des Herzens kalt. Dabei macht die auf einem gleichnamigen Kurzfilm von 2015 basierende Produktion gar nicht viel falsch: Die Darsteller – allen voran die bisherige Rand- bis Nebenaktrice Ella Hunt als Anna – füllen ihre Rollen mit energiegeladenem Leben, sind charismatisch und einnehmend. Die Musik, die ein bisschen den Duft des 90er-Jahre-Retorten-Pop à la Backstreet Boys atmet, kommentiert mit Songs, wie zum Beispiel „Hollywood Ending“, der von der Differenz zwischen der Realität und den Illusionen auf der Leinwand handelt, treffend das Innenleben der Figuren aber auch den Film an sich, denn es gibt tatsächlich kein „Hollywood Ending“: „Anna and the Apocalypse“ nimmt trotz aller Gags sein Personal (bis auf Rektor Savage) ernst und so kommt es in der zweiten Hälfte zu unerwarteten Abgängen; es schleicht sich eine gewisse Bitterkeit ein.


Weihnachten könnte soooo schön sein…


… aber etwas Blutiges ist im Gange – „Anna and the Apocalypse“

Es ist aber gerade die zweite Hälfte – der Film ähnelt im Aufbau einer weiteren Zombie-Komödie aus Großbritannien, „Shawn of the Dead“ (2004) – die das einfallsreich inszenierte Musical dann leider allmählich in die Genrebeliebigkeit rutschten lässt. Der reizvolle Kontrast zwischen Musical und Zombiehorror, der zum Beispiel am Anfang in einer ausgedehnten Sequenz, als Anna fröhlich singend durch die Straßen läuft und nicht merkt, dass hinter ihr der blutige Wahnsinn tobt, ausgekostet wird, schmilzt mit zunehmender Laufzeit dahin, zudem ist das weihnachtliche Setting irgendwann nur noch Staffage. Es geht schlussendlich lediglich um eine Gruppe Teenager, die sich gegen eine Horde Zombies behaupten muss, was sicherlich nach wie vor ganz unterhaltsam ist, nur schlägt der deutlich emotionalere Tonfall nicht so richtig durch, da man Anna und Co. zuvor kaum wirklich kennen gelernt hat: Es sind in erster Linie Typen (die quirlige Energiebündel, der Nerd, der Schläger mit Herz etc.) mit Standard-Teenie-Problemen (nervige Eltern, unglückliches Verliebtsein etc.), die hier – allerdings toll! – porträtiert werden, aber keine tatsächlich ausgeformten Charaktere. Das Drehbuch bringt das inhärente Drama dank einem zu großen Beharren auf Platzhalter nie zur Reife, weswegen eine konsequente Komödie vielleicht die bessere Wahl gewesen wäre.

Dennoch: „Anna and the Apocalpyse“ ist unter dem Strich viel zu charmant, viel zu liebevoll gemacht (allein ein gewisser Pullover ist das halbe Eintrittsgeld wert) und viel zu energiegeladen, um mit einem tatsächlich schlechten Gefühl den Kinosaal zu verlassen. Das Ganze fühlt sich ein klein wenig wie eine Vorführung der eigenen Kinder an: Man weiß, dass das nicht wirklich gut ist, aber man ist trotzdem hin- und weg und klatscht am Ende eifrig – goldig sind sie ja schon, die kleinen Racker!

„Anna and the Apocalypse“ läuft ab dem 06.12.2018 im Kino!

Anna and the Apocalypse (Großbritannien 2017) • Regie: John McPhail • Darsteller: Ella Hunt, Malcolm Cumming, Sarah Swire, Christopher Leveaux, Ben Wiggins, Marli Siu

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