7. Mai 2020

Ein Titan tritt ab

Kraftwerk-Gründer Florian Schneider-Esleben ist gestorben

Lesezeit: 2 min.

Klingt jetzt vielleicht barsch, aber machen wir uns mal nichts vor: Musik aus Deutschland schafft’s nur selten über Landesgrenzen hinaus, Einfluss ausgeübt wird praktisch nie. Und wer sich zum Beispiel gerade mal wieder die schamlose Abkupferei der deutschen Hip-Hop-Szene vor Augen hält, weiß auch wieso. Es entsteht halt viel zu wenig Eigenes, es fehlen Visionen.

Womit wir bei „Kraftwerk“ wären, die klassische Ausnahme von der goldenen Regel. 1968 gründeten während des Studiums Florian Schneider-Esleben und Ralf Hütter die Gruppe Organisation. Aus Organisation wurde 1970 Kraftwerk, die anfänglich noch teils akustische und sehr experimentelle Musik machten, dann aber beschlossen, die akustischen Elemente zu Gunsten eines rein elektronischen Sounds über Bord zu werfen und melodische Pop-Elemente zu integrieren. Ergänzend kamen betont emotionslos gesungene Melodien hinzu.

Der Rest ist Legende. Das 1974 erschienene Album „Autobahn“ wurde zum Welthit und gilt als erste Elektropop-Veröffentlichung überhaupt. Trotz des Erfolgs blieb die Gruppe – vorerst – aber bei deutschen Texten und konnten mit Nachfolgern wie „Radio-Aktivität“ (1975), „Trans Europa Express“ (1977) oder „Die Mensch-Maschine“ (1978) nicht nur in kommerzieller Hinsicht anknüpfen, die Klänge der innovationsfreudigen Band beeinflussten ganze Heerscharen an Musikern, Techno wäre in der heutigen Form ohne Kraftwerk wahrscheinlich gar nicht denkbar und ja, auch auf die Frühphase des Hip-Hop wirkten die Klangtüftler maßgeblich ein – es gibt nicht wenige, die Kraftwerk für die einflussreichste Band überhaupt halten.

Am 30.04. erlag Gründer Florian Schneider-Esleben, der – zumindest in der Öffentlichkeit – als verschlossen und schweigsam galt (Hütter übernahm die Interviews) im Alter von 73 Jahren einem Krebsleiden.

Die unten verlinkte WDR-Doku „Kraftwerk – Pop Art“ zeichnet den Weg dieser Legenden nach, direkt darunter findet sich das wunderbare Musikvideo zum Hit „Autobahn“, in dem übrigens nicht eine einzige Autobahn vorkommt.

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