22. Juli 2020

„Superhot: Mind Control Delete“ - Zeitlupe mit Schuss

Die Fortsetzung der Shooter-Reihe geht mal wieder eigene Wege

Lesezeit: 3 min.

Na, was denn nun? Ein Standalone oder ein ganz neuer Teil? So richtig entscheiden konnten sich die Macher vom polnischen Studio Superhot in ihren Pressestatements offensichtlich nicht, was der dritte Ableger ihrer Shooter-Reihe jetzt eigentlich sein soll. Seit dem 16. Juli ist Superhot: Mind Control Delete jedenfalls digital für 25 Euro (aktuell laufen aber noch mehrere Rabattaktionen) für PC, PS4, Xbox One und Switch erhältlich (wir spielten auf PS4) und wurde vor Release sogar mit einer ungewöhnlich cleveren Aktion beworben. Denn das neue Spiel wurde allen Käufern geschenkt, falls diese bis zum VÖ-Startschuss noch den Erstling erworben haben. Kurzum: Zwei Spiele zum Preis von einem. Respekt, man kann sich marketingtechnisch schließlich wesentlich schlechtere Hooks überlegen.

Ansonsten stehen die Zeichen serienintern eher auf Konventionalität, soweit man dies bei Superhot überhaupt sagen kann. Baute der Vorgänger nämlich noch ganz auf VR und einer körperlich durchaus anspruchsvollen Involvierung, ist Mind Control Delete wieder ein klassischer Normaltitel ohne VR-Unterstützung. Allerdings besticht das Gameplay auch so mit seiner Zeitlupen-Mechanik, die immer noch zu fesseln versteht. Ähnlich wie bekannte Bullet-Time-Einlagen, die sich mit Matrix-Neo und Max Payne aber eigentlich schon gefühlt vor Äonen als Stilmittel irgendwie überholt zu haben scheinen, bestimmen wir in Superhot unser Aktionstempo selbst.

Das heißt: Je nachdem, wie fix wir uns in den surrealen Räumlichkeiten etwa nach Gegenständen und Waffen umschauen, mit denen wir unseren Widersachern Saures geben, oder dem feindlichen Kugelhagel ausweichen, verläuft auch die Zeit im Spiel. Wer also lieber länger abwägt, wie es im aktuellen Gefahrenspektrum weitergehen soll, kann sich jederzeit eine Auszeit bzw. gar einen temporären Stillstand genehmigen.

Gekämpft wird vor allem mit Schusswaffen, Faust und Ninja-Wurfsternen, aber auch Manöver wie eine frontale Rammattacke erweisen sich als nützliche, neu hinzugekommene Spezialfähigkeiten und Hacks, die wir nach und nach freispielen können. Wenn man nach recht kurzer Eingewöhnung den Dreh raus hat, Feinden ihre Waffen aus der Hand zu schlagen und sie mit MG oder Schwert ins virtuelle Jenseits zu befördern, kommt gerade im Wechsel zwischen Echtzeit und Zeitvariation ein schicker Flow auf; zumal sich praktischerweise Aspekte wie Lauftempo, Standardwaffe und Nachladezeit individuell einstellen lassen und auch der schnelle Griff zu herumliegenden Gegenständen wie Aschenbechern etwas Abwechslung in die zahlreichen Gefechte einbringt.

Die KI der abstrakt gehaltenen „Rotgegner“ fällt dabei solide aus, ohne wirklich zu überfordern. Wichtig ist meist nur, bestimmte Schwachpunkte korrekt anzuvisieren und kugelabwehrende Widersacher eben mit anderen, also handfesteren Aktionen zu bezwingen. Während technisch nichts wirklich bemängelt werden kann, hat die kaum erwähnenswerte Story leider nichts auf der Pfanne. Hier stehen eindeutig Stil und Mechanik im Vordergrund, während man sich, wenn auch unaufgezwungen, vielleicht ein paar Gedanken über Realität und Digitalität macht. Sicherlich auch nicht schlecht: Der Gewaltgrad hält sich schon qua Grafikstil in Grenzen und schwächt selbst hartes Einschlagen merklich ab. Da man dies in vielen Shootern ganz anders erlebt, ist Superhot auch an der Stelle eine Wohltat.

Gibt es also nichts meckern? Leider doch. Denn neben der eben trotz schickem Stil und einem dazu stimmig dumpfen Soundtrack sehr seichten Präsentation machen sich nach wenigen Stunden Ermüdungserscheinungen bemerkbar. Insgesamt fehlt es der Kampagne spürbar an Abwechslung. Da sich Feinde wie Areale sehr stark wiederholen und die Entwickler mittels einiger zufallsgenerierter, sich immer gleich anfühlender Abschnitte die eigentlich dürftige Spielzeit unelegant strecken, hat man sich an Design und Spielmechanik visuell bald sattgezockt. Nur das eigene, stets verbesserte Können dürfte die meisten Kämpfer wohl länger als ein paar Tage bei der Stange halten, sodass das neue Superhot trotz aller erwähnten Qualitäten nur einen Genreimbiss für zwischendurch darstellt. Da war mehr drin.

Fazit

Schicke Fortsetzung des Bullet-Time-Shooters, dem leider trotz guter Mechanik und schneller Arcade-Action bald die Luft ausgeht.

Superhot: Mind Control Delete • Superhot Team • Ego-Shooter • PC/PS4/Xbox One/Switch

Abb. © Superhot Team

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