17. August 2020

„Die Perineum-Technik“ - Ein Cybersex-Comic von Ruppert & Mulot

Lust und Frust im Internetzeitalter: virtuell, surreal, überall, ganz real

Lesezeit: 2 min.

Libertinage ohne Leiden? Von wegen. Es gibt viele Studien und Meinungen darüber, was die allgegenwärtige Vernetzung mit unserer Sexualität sowie unserem Verständnis von Sexualität anstellt. In ihrem neuen Comic „Die Perineum-Technik“ widmen sich die französischen Comic-Macher Florent Ruppert und Jérôme Mulot, die zusammen mit Bastien Vivès z. B. auch die diebisch guten Panel-Krimis „Olympia“ und „Die große Odaliske“ umsetzen, genau diesem Thema.

Das tun sie anhand von JH, einem Videokünstler, der eine virtuell-sexuelle Beziehung zur schönen Sarah unterhält. Sie kommen anfangs nur online zusammen, chatten, skypen, gleiten in virtueller Realität und real-dualer Cyberlust dahin. Doch JH will mehr, etwas zum Anfassen, vielleicht ist er sogar verliebt. Und obwohl in unserer Welt und dank dem Internet jede Begierde, jede Fantasie, jede Obsession, jedes Vergnügen zu finden und zumeist online oder durch Verabredung dort um die nächste Ecke zu stillen sind, können manche Dinge nicht so einfach in die Tat umgesetzt werden.

Ruppert und Mulot inszenieren ihre moderne Geschichte mit viel Leichtigkeit, einiger Sinnlichkeit, etwas Zärtlichkeit und interessanter Mehrdeutigkeit, wobei sie sich immer wieder dem Surrealen hingeben. Es geht explizit, aber nie hardcore zu. JH und die anderen Figuren sind leicht zu greifen, die sexuelle Freiheit und die damit einhergehenden Möglichkeiten und Probleme unserer exaltierten, extrem freizügigen Zeit gut zu erfassen.

„Die Perineum-Technik“ – benannt nach einem Kniff für mehr Durchhaltevermögen – nutzt nicht die ganze komplexe Tiefe aus, die sich zwischen virtuellem Überfluss und wirklichem Verlangen auftut, das Ende ist zudem nicht allzu konsequent. Trotzdem: Reizvoll genug, um die Leselust zu wecken.

Abb.: © DUPUIS 2014, by Ruppert, Mulot (Jérôme)

Ruppert & Mulot: Die Perineum-Technik • Reprodukt, Berlin 2020 • 104 Seiten • Klappenbroschur: 20 Euro

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