7. September 2020 1 Likes

„Away“ - Auf zum Mars!

Mehr Soap Opera als Science-Fiction

Lesezeit: 3 min.

„Home Can Never Leave You“ heißt es auf dem Plakat zum Netflix-Weltraum-Abenteuer „Away“, also so etwas wie „Dein zu Hause wird Dich nie verlassen“ und damit ist fast schon alles gesagt. Eine Reise zum Mars beschreibt diese von Andrew Hinderaker erdachte Serie, nicht als eine Art Doku-Drama natürlich, schließlich steht eine Reise zum Mars in der Realität noch in den Sternen, sondern mit vielen, allzu vielen Soap Opera Elementen.

Vor allem die Hauptfigur, die von Hillary Swank gespielte Emma Green, Kommandeurin der internationalen Crew, hat viel zu tragen. Mann und Kind lässt sie zurück und als würde das nicht reichen, hat ihr Mann genau zum Zeitpunkt, als Emma und ihre Crew auf dem Mond Zwischenstation machen, einen Herzinfarkt.

Zudem ist der Frieden zwischen den hübsch paritätisch ausgesuchten Astronauten ohnehin schon brüchig: Der Russe Mischa (Mark Ivanir) und die Chinesin Lu (Vivian Wu) misstrauen der Chefin, nachdem sie bei einem Problem auf dem Weg zum Mond nicht optimal agiert hat, der Inder Ram (Ray Panthaki) und der schwarze Brite Kwesi (Ato Essandoh) sind dagegen auf ihrer Seite.


Da sitzt sie nun in ihrem schicken Raumanzug …

Sehr zeitgemäß divers mutet diese Besatzung an, doch vermutlich gibt es kaum einen Arbeitsplatz, der tatsächlich auch in der Realität so international besetzt ist, wie eine Raummission. Was man der Serie ohnehin bis auf manche, der Dramaturgie geschuldete Ausnahmen nicht vorwerfen kann, ist mangelnder Realismus. Ohne auf Spektakel zu setzen wird die Mission beschrieben, das Innere des Raumschiffes gezeigt, auch die Unwägbarkeiten einer so langen Reise durchs All angedeutet.

Vor allem diesen Aspekt übernahmen die Macher aus dem Zeitschriftenartikel, auf dem die Serie basiert – eine vielleicht etwas seltsame Vorlage für eine Reise, die noch nicht stattgefunden hat – und genau das ist das Problem. Offenbar erschien es den Machern nicht ausreichend, einfach zu schildern, wie so eine Reise, so ein Wagnis ablaufen könnte. Als hätten die Probleme, die sich auf dem rund ein Jahr dauernden Flug ergeben, nicht für genug dramatischen Stoff gesorgt, wird fortwährend zur Erde zurück geschnitten und allerlei emotionale Backstory angedeutet.


… während Töchterchen und Männchen in die Röhre gucken.

Von Emma und ihrer Familie war schon die Rede, doch auch alle anderen Crew-Mitglieder haben mehr oder weniger dramatische Sorgen. Der Russe Mischa etwa hat für seinen Traum vom Weltraum viel aufgegeben, die Chinesin Lu ist nicht nur die Hoffnung ihrer ganzen Nation, sondern auch noch lesbisch, eine Tatsache, die sie ihrem Mann und Kind natürlich verheimlicht. Da die Kommunikation zwischen Raumschiff und Erde trotz der immer größer werdenden Distanz bemerkenswert leicht möglich ist, bleibt viel Zeit für Gespräche: Per Telefon, aber auch per Videochat in einer speziellen Kammer, von der aus nicht nur mit Mission Control, sondern auch mit dem Psychiater kommuniziert wird.

Und das erinnert dann doch etwas sehr an die entsprechenden Kammern, wie sie im Big-Brother-Haus, im Urwald und all den anderen Orten existieren, an denen sich bunt zusammengewürfelte Gruppen in einer Extremsituation befinden und sich über ihre Mitspieler beklagen. „Away“ sieht zwar deutlich besser aus, doch im Kern bleibt es eben genau das: Eine Soap Opera.

Away • Creator: Andrew Hinderaker • Darsteller: Hillary Swank, Mark Ivanir, Vivian Wu, Ray Panthaki, Ato Essandoh • 10 Episoden, jetzt auf Netflix

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