1. April 2021 3 Likes

„Outriders“: Der nächste große Wurf?

Angespielt: Die ausführliche Demo und alle aktuellen Infos zur frisch veröffentlichten Shooter-Hoffnung

Lesezeit: 6 min.

Wenn im Gaming-Bereich die Beschreibungskategorien Loot, Shooter und MMO fallen, lässt sich ein erstaunliches Phänomen beobachten. Während die einen dann an erfolgreiche Titel wie Destiny, The Division oder Borderlands denken und der innere Daumen nach oben geht, verzieht es anderen Zockern wiederum mit Blick auf schlecht überladene und mittlerweile eingestellte Rohrkrepierer wie Anthem (hier nochmal der Review) die Visage. Vor diesem Hintergrund hat es das jüngste Projekt von People Can Fly, also der Spieleschmiede, die u.a. am gelungenen Shooter Gears of War: Judgement oder Bulletstorm beteiligt war, nicht ganz einfach.

Zwar wurde Outriders als opulentes Sci-Fi-MMO auch dank Publisher Square Enix, der sich wiederum mit seinem MMO zu den Avengers jüngst eher einen Flop mit Ansage geleistet hat (siehe unseren damaligen Test), ordentlich im Vorfeld gepusht, doch erst eine ausführliche Demo machte vor einigen Wochen richtig Bock auf mehr. Das lag u.a. an deren Umfang, denn die Demo servierte uns kostenfrei das komplette erste Kapitel des Planetenabenteuers samt einiger schmissiger Cutscenes und führte uns neben Story, Setting und Gegner in die verschiedenen Kämpferklassen und deren Fähigkeiten ein. Wer mit diesem kräftigen Vorabhappen gleich in das vollständige Spiel übergehen wollte, musste sich jedoch etwas gedulden, um seinen Spielstand in die Finalversion übernehmen zu können.

Seit heute ist Outriders nun also offiziell zum Vollpreis (zwischen 60-70 Euro) für alle aktuellen Konsolen (außer Switch), Stadia und PC erschienen (auch im Xbox Game Pass enthalten) und es wird spannend sein zu verfolgen, inwieweit sich der Titel langfristig eher als eine Alternative zu oben genannten Hitkollegen entpuppt denn als weiteres Projekt, das an einer zu großen Ausrichtung und zu viel halbgar umgesetzten Ideen kranken könnte.

Doch was ist Outriders nun genau und worum geht es eigentlich? Outriders ist zunächst ein Third-Person-Shooter mit RPG- und Multiplayerelementen, der in einem postapokalyptischen Setting angesiedelt ist und den man wahlweise allein oder mit anderen Mitspielern bestreiten kann – alles, also auch die Storykampagne, aber nur mit permanenter Internetverbindung. Die grundsätzliche Handlung ist dabei schnell umrissen: Nachdem die Menschheit ihre alte Heimat nicht mehr bewohnen konnte, schwingt sie sich via Raumschiff-Flotte (man denke an Battlestar Galactica) in die Weiten des Alls auf, um eine neue Heimat zu finden. Einige Verluste später entdeckt der Rest der Menschheit einen scheinbar bewohnbaren Planeten namens Enoch.

Nach der Erkundung eines Vorstoßtrupps (womit das Spiel auch beginnt) zeigt sich aber recht bald, dass auch Enoch Gefahren birgt, die uns im Folgenden u.a. dazu anleiten, den Planeten retten und dazu einem mysteriösen Signal folgen zu müssen. Was sich zunächst sehr nach 0815-Gerüst anhört, soll laut People Can Fly über gut 35 Stunden Kampagne in eine packende Story inklusive Gefechte gegen riesige Aliens münden. Ob das mehr ist als das übliche PR-Gewäsch, können wir an dieser Stelle noch nicht final beurteilen.

Herzstück des Gameplays sind aber in jedem Fall die vier unterschiedlichen Kämpferklassen Pyromant (Feuermagier), Technomant (ein Allrounder), Assassine (kann Zeit und Raum manipulieren) und Verwüster (beeinflusst die Gravitation). Was es mit der Vergabe der Kräfte auf sich hat, gehört fest zur Story und stellt einen wesentlichen Spannungspunkt dar. Mit jeder dieser Klassen, für die man sich nach dem Prolog fest für seinen Avatar entscheiden muss, geht ein umfangreicher Skillbaum mit mehreren Abzweigungen und Entwicklungsmöglichkeiten einher, wobei sich noch u.a. acht Fähigkeiten hinzugewinnen lassen. Waffen und Rüstungen müssen natürlich ebenfalls konstant erweitert, mit Mods versehen und ggf. neu angelegt werden.

Bereits ausgegebene Erfahrungspunkte, die wir uns mittels Levelaufstiegen im typischen RPG-Stil innerhalb der Kampagne verdient haben, dürfen jederzeit im Spiel wieder zurückgenommen und neu verteilt werden – permanentes Ausprobieren und Umsteigen ist also in Outriders absolut erwünscht. Überall in der üppigen Welt von Enoch stoßen wir dazu auf mehr oder weniger seltenen Loot aka Ausrüstung, wozu sowohl Waffen als auch Rüstungen zählen. Hier gilt die alte Loot-Regel: Je seltener, desto besser und natürlich protziger innerhalb der Community.

Zusätzlich zur Storykampagne erwarten uns im Endgame noch zahlreiche Zusatzmissionen (sogenannte Expeditionen), die es uns ermöglichen, unsere Kämpfer weiter zu verbessern und die auch offenbar neue Gebiete in Petto haben. Ob es wie z.B. bei Destiny massig weitere Postgame-Inhalte über Monate und Jahre geben wird, hängt laut People Can Fly zunächst vom Erfolg von Outriders ab. Es gibt also aktuell keinen Season Pass oder ähnliche Standardangebote für Zusatzmaterial zum Hauptspiel.

Positiv formuliert: Outriders will sich zunächst als komplette Spielerfahrung ohne die übliche Dauerzerstückelung präsentieren, ehe eventuell eine Erweiterung des natürlich breit angelegten (Planeten-)Kosmos anstehen könnte. Sollte sich also eine hohe Fanzahl einpendeln, wird man sicher dafür einige Pläne in der Schublade bereits bereithalten. Multiplayer-Freunde können im Übrigen mit bis zu zwei weiteren Mitspielern Enoch erkunden und Monster sowie Menschen als KI-Kontrahenten bekämpfen, allerdings ist es (noch nicht?) möglich gegen andere Spieler im PvP-Modus zu anzutreten. Features wie ein Matchmaking oder das gezielte Beitreten bzw. Gründen einer Gruppe ist aber ebenfalls schon im Featurekatalog enthalten.

Die Storykampagne lässt sich aber auch ohne Mitspieler dank automatischer Schwierigkeitsgradanpassung problemlos bewältigen, während aber die zusätzlichen Expeditionen gezielt auf Team-Gameplay ausgerichtet sind und folglich für Solorecken zu schwer ausfallen dürften. Ganz wichtig dabei: Outriders ist via Crossplay über alle Plattformen spielbar, sodass beispielsweise PC-Zocker mit Konsoleros interagieren können und umgekehrt.

Und wie spielt sich das Ergebnis? Unser Maßstab ist bislang die Demo (gespielt auf PS4), wobei die Entwickler – wie bei jedem Großprojekt – schon längst mehrere Patches vorbereitet bzw. schon nachgeschoben haben und Dinge wie die Implementierung einer Schnellmarkierungsfunktion im Inventarmenü nun neu enthalten sind.

In den rund drei Stunden der Demo erleben wir die Ankunft auf Enoch und vor allem einen merkwürdigen Sturm, der zahlreiche unserer Kameraden vernichtet, aber nicht nur uns merkwürdigerweise besondere Fähigkeiten verleiht (also eben oben genannte Kämpferklassen). Die gute Synchro (auch auf Deutsch) passt gut zum typischen Blockbusterfeeling der Inszenierung, in der sich aber schnell übliche Hollywood-Figurenklischees einschleichen. Unseren Avatar dürfen wir via Editor selbst designen und nach dem Prolog, der noch weitgehend ohne intensive Action auskommt und solide in die Grundmechaniken wie das aus Actionkollegen wie Gears of War bekannte Schießen-aus-der-Deckung-System in angegrenzten Kampfarenen einführt, bewegen wir uns durch eine nun weitläufigere Spielwelt voller postapokalyptischer Standards wie raubeinigen Kriegergangs oder gepanzerten Soldaten inklusive einer Unterteilung in Haupt- und Nebenmissionen sowie Besuchen bei Händlern.

Der Einsatz der Klassenkräfte macht sich sofort bemerkbar. Zwar gehen wir zunächst mit unserer Primär- und Sekundärschusswaffe vor, doch die Kräfte laden sofort dazu ein, via Knopfdruck markierte Gegner in Flammen aufgehen zu lassen oder die Zeit zu manipulieren, um dadurch die eigene Lebensenergie aufzuladen und mehr Erfahrungspunkte zu sammeln. Das geht gleich sehr gut von der Hand und macht definitiv Lust auf mehr. Ein entsprechend brachialer Bosskampf beendet den vielversprechenden, aber letztlich doch gerade storytechnisch anscheinend sehr klischeehaften Ausflug in die Welt von Outriders, der dazu technisch noch an kleineren Macken litt – aber das sei einer Demo noch zugestanden.

Wer also an einem zwar epischen, inhaltlich wohl eher konventionellen, aber nicht endlos langen und vor allem actionreich flüssigen Shooter mit offensiver Grundausrichtung Interesse hat, sollte sich die Demo anschauen oder ab heute gleich das ganze Outriders-Paket erwerben. Aber ob der Titel wirklich in den Genreolymp aufsteigt, muss sich erst noch zeigen.

Outriders • People Can Fly • MMO/Shooter • PS4/PS5/Xbox One/Xbox Series X/Stadia/PC

Abb. © Square Enix

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