18. Juli 2021 3 Likes

„The Wild At Heart“: Wake im Wunderland

Ein pittoreskes Märchen mit viel Herz und wuseligen Helferlingen

Lesezeit: 4 min.

Wer hat als Kind nicht schon mal davon geträumt, einfach wegzulaufen, seine Probleme hinter sich zu lassen und Abenteuer zu erleben? Genau das ist die Prämisse hinter The Wild At Heart, dem jüngsten Action-Adventure des US-Kollektivs Moonlight Kids in Zusammenarbeit mit Publisher Humble Games. Als Junge namens Wake (wie treffend by the way) machen wir uns in diesem hinreißend präsentierten Indie-Spiel auf den Weg in die vermeintliche Freiheit eines geheimnisvollen Waldes, in dem uns ein ausgewogener, dauerhaft unterhaltsamer Mix aus Survival, Erkundung, Crafting, Rätsel, Geschicklichkeit und Team-Action erwartet.

Dabei entfaltet The Wild At Heart (seit Mitte Mai für Xbox One und PC zum Preis von 20-25 Euro digital erhältlich) eine zauberhafte Märchenstory, deren Charaktere nicht nur jüngeren Semestern schnell ans Herz wachsen. Schon kurz, nachdem Wake sein liebloses Zuhause verlassen hat, trifft er auf einen Gnom, der ihn wie das Kaninchen aus Lewis Carrolls Alice im Wunderland in den Tiefenwald führt. Wake, der mit seiner Freundin Kirby abhauen wollte, trifft sie nun ausgerechnet an diesem magischen Ort, dessen Probleme schon bald offensichtlich werden. Denn der Wächter Graumantel eröffnet dem Jungen, dass der Wald von einer dunklen Kraft bedroht wird, die als Nimmer bekannt ist. Nur der Orden der Grünhexe wäre in der Lage, das Nimmer zu besiegen, doch deren Wächter müssen erst gefunden und gerettet werden.

Genau dieser Aufgabe stellen sich Wake und Kirby, allerdings werden die beiden Freunde noch von einer Gruppe Elflingen begleitet, welche die beiden tatkräftig auf ihrer Reise durch den Wald unterstützt. Die kleinen Wesen markieren gameplaytechnisch eine der wesentlichsten Merkmale des Titels, denn die Elflinge, die jeweils einem Element wie Eis, Feuer, Gift oder Kristall zugeordnet sind, helfen sowohl bei Rätseln als bei Kämpfen. So greifen sie Gegner etwa aktiv an oder eignen sich dafür, Steine aus dem Weg zu schieben, um neue Pfade zu beschreiten, oder Früchte zu sammeln für die Aufzucht neuer Nachkommen. Für Abwechslung ist also vielfach gesorgt und wer die Nintendo-Spielereihe um die niedlichen Pikmins kennt, dürfte mit den Elflingen gleich warm werden.

Unsere schnell anwachsende Truppe zusammen zu halten, gestaltet sich dabei gar nicht mal so leicht. Immer wieder entwischen uns einzelne Elflinge und wir sind gezwungen, sie mittels Karte zu lokalisieren und wieder einzufangen. Auch erschließt sich nicht immer, was die Kleinen eigentlich vorhaben, da die direkte Befehlsvergabe nicht an jeder Stelle genau reagiert. Wake und Kirby verfügen natürlich ebenso über besondere Fähigkeiten, um das Spielgeschehen zu bereichern. So bringt unser Protagonist einen Staubsauger zum Einsatz, mit dem er beispielsweise Gegenstände (aber auch die Elflinge) einsacken kann, während Kirbys Lampe Wächterweg mit ihren Leuchten speziell bei einigen Rätseln gute Dienste leistet.

Schön fällt bei all dem die Taktung des Spielrhythmus aus: Wer sich abseits der Erkundung einfach mal nur auf die Suche nach Sammelkram wie den Buchseiten für ein Buch, das sinnigerweise Buch heißt, oder den entlaufenen Kätzchen einer Lady machen möchte, erhält dafür ebenso die Zeit und den Raum wie Spieler, die schnell in der Story weiterkommen wollen und bereits den nächsten Bosskampf im Auge haben. Egal, wie schnell oder langsam man The Wild At Heart angehen will, stets ist es ratsam, am Lagerfeuer bei Anbruch der Nacht das Inventar zu sortieren, frische Rezepte für Heilmittel oder sogar Sprengstoff auszuprobieren, um den Gefahren des Waldes nicht zu unterliegen.

Zwar zieht der Titel in Sachen Schwierigkeit nicht alle Register, allerdings fällt gerade bei Nacht, wenn das unbesiegbare Nimmer Jagd auf uns macht, die ein oder andere Konfrontation tödlich aus. Am Tage kommt man mit etwas Umsicht aber stets gut voran und hat nach gut 12 Stunden Spielzeit das Finale erreicht – je nachdem, wie schnell man in der Story voranging. Besonders sticht bei all dem die äußerst liebevoll gestaltete Grafik hervor, die uns in jedem der detailreich ausstaffierten Gebiete zum Schwärmen einlädt. Gerade hier lohnt sich die Arbeit der Entwickler, uns mit weiteren Elflingen oder Fähigkeiten stets aufs Neue zu Erkundungen einzuladen, da die Atmosphäre jederzeit ihr hohes Niveau hält.

Das kann man zwar von der wenig ausgefeilten, weil vorhersehbaren Handlung nicht immer behaupten, doch aufgrund der bisherig benannten Qualitäten und weiteren Stärken wie der stimmungsvoll akzentuierenden Musikuntermalung (mit viel Klavier), den frustfreien, gut durchdachten Rätseln und der trotz einiger Ungenauigkeit insgesamt soliden Steuerung (wir spielten auf PC) überzeugt The Wild At Heart fast auf ganzer Linie. Man wird stets vom Gefühl begleitet, neben Referenzen wie Pikmin auch Elementen aus alten Zelda-Spielen und weiteren Klassikern zu begegnen, vor denen sich Moonlight Kids so charmant wie zeitgemäß zu verbeugen scheint. Insgesamt also eine Art Hommage, die glücklich machen kann.

Fazit

Liebevoll designtes Indie-Abenteuer vor märchenhafter Kulisse, das mit spielerischer Abwechslung und grandiosem Grafikstil Alt wie Jung begeistern kann.

The Wild At Heart • Moonlight Kids • Action-Adventure • Xbox One/PC

Abb. © Humble Games

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