8. Juli 2021 2 Likes

Heimkino-Highlights im Juli

Neues und Altes jenseits des großen Saals

Lesezeit: 7 min.

Jeden Monat die gleiche quälende Frage angesichts eines Bergs von Neu-Veröffentlichungen: „Was lohnt sich?“ – regelmäßige Hinweise der Redaktion sollen das Leben zumindestens ein wenig leichter machen!

 

1. Bliss (2019)

Bei wem? Indeed Film/EYK Media Als was? Mediabook (DVD & Blu-ray) Wann? 05.07.2021

Worum geht’s? Dezzy Donahue ist eine Künstlerin, die in Los Angeles lebt. Schon länger befindet sie sich in einer kreativen Krise, die sich auch auf ihr Privatleben in Form von ausbleibenden Aufträgen und Mietschulden auswirkt. Sie versucht mit allen Mitteln dagegen anzukämpfen – nachts wiederum tobt sie sich aus und dröhnt sich mit Drogen zu. Während ihre Affäre Clive um sie besorgt ist, kümmern sich ihre beste Freundin Courney und deren Ehemann Ronnie mehr darum, ihre eigenen Sehnsüchte zu stillen. Nach einer Party dürstet es Dezzy aber plötzlich nach Blut und sie leidet unter Visionen. Da ihr ohnehin schon immer die Selbstbeherrschung fehlte, sind nun alle in Gefahr, durch deren Adern Blut fließt …

Prognose: Regisseur Joe Begos (Regisseur von Indie-Sci-Fi-Splatter wie „Almost Human“ oder „The Mind’s Eyes“) gibt in Interviews gerne Gaspar Noé als Einfluss an, was man dem farbenprächtigen „Bliss“ mit seinen wilden Kamerafahrten anmerkt. Während der Argentinier in der Wahl seiner Mittel aber meist mächtig breitbeinig daherkommt, prügelt Begos seinen auf 16mm gedrehten, irgendwo zwischen „Lost Boys“ und „Mandy“ und Lovecraft wabernden Alptraum aus Drogentrip, Vampirismus, Bodyhorror, Sex, Punkrock und literweise Blut in schnellen Achtzigminuten direkt vom Sack auf die Leinwand. Roh und laut, aber ehrlich, geradeaus und mitten in dein Gesicht. So könnte man durchaus auch mich beschreiben, weswegen der Text im beiliegenden Booklet passenderweise von … na, ihr wisst schon.

Bliss • USA 2019 • Regie: Joe Begos • Darsteller: Dora Madison, Tru Collins, Rhys Wakefield, Jeremy Gardner, Graham Skipper, Rachel Avery

 


„Palm Springs“

2. Palm Springs (2020)

Bei wem? Leonine Als was? DVD, Blu-ray, VOD Wann? 09.07.2021 (DVD, Blu-ray), VOD (ab sofort)

Worum geht’s? Als der sorglose Nyles bei einer Hochzeit auf die widerwillige Trauzeugin Sarah trifft, werden die Dinge schnell kompliziert. Denn aus unerklärlichen Gründen stecken beide plötzlich in einer Zeitschleife fest und können weder dem Veranstaltungsort noch einander entkommen. Um den Kreislauf zu durchbrechen, mischen Nyles und Sarah den Zeitschleifenwahnsinn gehörig auf. Wenn dabei noch Gefühle ins Spiel kommen, ist ein Desaster vorprogrammiert …

Prognose: Mischung aus Zeitschleifen-Abenteuer und romantischer Komödie, die nicht nur auf dem Sundance-Filmfestival für eine Rekordbetrag von $17.500.000,69 ($0,69 mehr als der bisherige Rekorddeal) an den US-Vertrieb Neon und dem Streamingdienst Hulu ging (gerüchteweise soll der finale Deal sogar eher in Richtung $22 Mio gegangen sein), sondern gerade an allen Fronten so sehr abgefeiert wird, dass es schon wieder unglaubwürdig wird. Aber ich will kein Muffelkopp sein, der (arg lange) Trailer sieht schon sehr sympathisch aus, angucken wird sicherlich nicht verkehrt sein.

Palm Springs USA/Hongkong, USA 2020 • Regie: Max Barbakow • Darsteller: Andy Samberg, Cristin Milioti, J.K. Simmons, Peter Gallgher, Meredith Hagner, Camila Mendes, Tyler Hoechlin

 


„Wrong Turn: The Foundation“

3. Wrong Turn: The Foundation (2021)

Bei wem? Constantin Film Als was? Blu-ray, DVD, VOD Wann? 22.07.2021 (Blu-ray, DVD), ab sofort (VOD).

Worum geht’s? Jen und ihre fünf New Yorker Freunde begeben sich auf einen Campingausflug in die Appalachen von West Virginia. Bei einer Wanderung verlassen sie trotz eindringlicher Warnungen den ausgewiesenen Weg und betreten das Reich der Foundation – ein 150 Jahre alter Kult, der sich einst im Förderationskrieg isolierte, um in der Wildnis eine neue Gesellschaft aufzubauen, die nach dem Untergang Amerikas an Stelle der alten treten soll. Die alteingesessene und brutale Gemeinschaft von Siedlern schätzt keine Eindringlinge – um ihre eingeschworene, erzkonservative Zivilisation zu schützen, ist ihnen jedes Mittel recht. Während für Jen und ihre Freunde ein Kampf ums Überleben beginnt, macht sich ihr Vater Scott auf die Suche nach seiner vermissten Tochter. Er könnte ihre letzte Chance sein, diesem Albtraum zu entkommen. Eine blutrünstige Jagd lässt nicht lange auf sich warten …

Prognose: Na nu? Was macht denn der 432. Teil der Hinterwäldler-schnetzeln-Teenies-Serie „Wrong Turn“ hier? Ganz so abwegig ist das in diesem Fall nicht. Bei „The Foundation“, für den sich übrigens der Drehbuchautor des ersten Films, Alan B. McElroy, wieder vor die Tastatur setzte, handelt es sich um ein Reboot. Und obwohl die Prämisse die Gleiche ist, wie immer – Teenies schlappen in den Wald und werden gemeuchelt –, ist dieses Mal doch einiges anderes. „The Foundation“ ist nicht nur ernster und düsterer als die cartoonesken Vorgänger, sondern deutlich weniger fokussiert auf Splatter und gewinnt einen großen Teil vom Reiz durch den – huch! – Plot. Der Punkt ist: Der neue Antagonist ist eine Sekte, die zwar ein konservatives Weltbild pflegt und dementsprechend in Sachen Rechtssprechung wenig zimperlich ist, aber eben auch den Traum von einer besseren Zukunft lebt (alle sind gleich, gesunde Ernährung, kein Krebs etc.), den die Kids träumen. Diese wiederum möchte nicht nur „sich selbst finden“, sondern irgendwie die Welt verbessern, entpuppen sich aber bei der ersten Begegnung mit dem Anderen aber als überheblich und aggressiv und sind für das erste Blutvergießen verantwortlich. Leider wird nicht so viel aus dem an sich grandiosen Konzept gemacht, wie man gerne hätte, spätestens nach der Hälfte kippt der Film die spannende Ambivalenz des Geschehens und malt dann doch lieber überwiegend nach Zahlen, aber der überraschende Ehrgeiz der hier für ein Serienprodukt an den Tag gelegt wurde, ist echt nicht unsympathisch und zudem selten (ich glaub, ich brauch nicht extra zu erwähnen, dass die Fans maulen, weil „is ja nicht mehr so wie vorher“, deswegen natürlich „schlechtester Film der Reihe“, klar). Jedenfalls: Obwohl nicht alles perfekt: Die Macher wollten hier mal was, zur Belohnung sollte eine Sichtung auf jeden Fall drin sein.

Wrong Turn: The Foundation Deutschland, USA, Kanada 2021 • Regie: Mike P. Nelson • Darsteller: Charlotte Vega, Matthew Modine, Adain Bradley, Bill Sage, Ema Dumont, Dylan McTee

 


„The Rookies“

4. The Rookies (2019)

Bei wem? EuroVideo Als was? DVD, Blu-ray, VOD Wann? 22.07.2021 (DVD, Blu-ray), 08.07.2021 (VOD)

Worum geht’s? Draufgänger und Extremsportler Zhao Feng hat schon immer ein Leben am Limit geführt. Doch als er versehentlich in einen illegalen Handel verwickelt wird, ändert sich sein Schicksal. Er wird von der mysteriösen Spezialagentin Bruce rekrutiert, um einem geheimnisvollen Orden beizutreten. Ab sofort bildet er zusammen mit der miesen Polizistin Miao Yan, dem Wissenschaftler Ding Shan und der arbeitslosen Ärztin LV die neueste Amateureinheit zur internationalen Verbrechensbekämpfung. Mit Unterstützung von Agentin Bruce begeben sich die vier Rookies auf ihre erste Mission, um die Welt vor dem Untergang zu retten …

Prognose: Ein perfektes Beispiel für die von mir hier und hier beschriebene Hollywoodisierung des weltweiten Mainstream-Kinos. Statt sich auf eigene Stärken zu besinnen, wird in dieser Co-Produktion zwischen China und Hongkong eine Mischung aus „Fast and the Furious“ und der James-Bond-Reihe, mit einem Schuss „Transformers“, kredenzt, die dermaßen bemüht ist, es allen und jedem recht zu machen, dass letztendlich niemand mehr so richtig angesprochen werden dürfte. Der sehr, sehr schlichte Humor geht für jüngere Zuschauer vielleicht noch okay, stolpert aber immer wieder über irritierend brutale Ausbrüche. Die Actionszenen, bei so einem Film ja das Pfund schlechthin, verpuffen in einer gnadenlosen Überinszenierung. Im emsigen Bemühen um einen vermeintlich modernen, angesagten Stil wird einfach auf alle Knöpfe gehämmert: Hibbeliger Schnitt, Zeitraffer, Zeitlupe, Filter und „ungewöhnliche“ Kamerawinkel werden aufgefahren damit „The Rookies“ möglichst „am Puls der Zeit“ wirkt, zusätzlich wird das stets unruhige Bild noch mit Animationen, Texteinblendungen, Pop-Up-Nachrichten und grafischen Veranschaulichungen dekoriert. Ich sag’s mal so: Menschen, die sich nur mit großen Schwierigkeiten länger als zwei Minuten konzentrieren können, haben ab sofort einen neuen Lieblingsfilm. Das Traurige: Man möchte zwar meinen, dass sich hier der 16jährige Sohn vom Boss der Produktionsfirma als Geburtstagsgeschenk auf dem Regie-Stuhl austoben durfte, aber Alan Yuen ist bereits seit den 1980er-Jahren im Filmbusiness tätig, zwar die meiste Zeit als Drehbuchautor, aber sein letzter Regie-Einsatz „Firestorm“ (2013) ließ klar erkennen, dass der Mann auch in dieser Position keine allzu schlechte Figur macht. Davon ist hier so gut wie nichts mehr übrig. Einsames Highlight: Milla Jovovich, die hier mit Vergnügen den frostigen Kontrapunkt zu den bis zum Anschlag chargierenden chinesischen Darstellern gibt.

The Rookies China, Hongkong 2019 • Regie: Alan Yuen • Darsteller: Darren Wang, Sandrine Pinna, Milla Jovovich, Timmy Xu, Liu Meitong, David Lee McInnis, Daytoy Sean Xiao

 


„Masters of the Universe: Revelation“

… und was gibt’s im TV & Internet?

• Mortel, Staffel 2 – ab 02.07.2021, Netflix: Eher zwiespältig aufgenommene Serie um zwei Teenager, die durch einen Pakt mit einem Voodoo-Priester Superkräfte bekommen und sich dran machen, einen Mord aufzuklären …

• Resident Evil: Infinite Darkness, Staffel 1 – ab 08.06.2021, Netflix: Animationsserie aus dem Universum des legendären Franchise. Würde nicht unbedingt Wetten abschließen, da die Animationsfilme bereits kein Grund zur überschwänglichen Freude gegeben haben, aber wir werden sehen …

• Biohackers, Staffel 2 – ab 09.07.2021, Netflix: Deutsche Thriller-Serie über Bio-Hacking und Genom-Editierung. Die Presse war – aus nachvollziehbaren Gründen – eher weniger angetan, die Zuschauer mochten’s aber und deswegen geht`s jetzt weiter. Kollege Meyns fand Staffel 1 so la la.

• War of the Worlds, Staffel 2 – ab 14.02.2021, Fox: Die zweite Runde der auf drei Staffeln angelegten, xten, aber offenbar ganz okayen, Adaption des gleichnamigen Sci-Fi-Klassikers von H.G. Wells.

• Masters of the Universe: Revelation, Staffel 1 – ab 23.07.2021, Netflix: Eins muss man – egal ob man’s gut oder doof findet – „Masters of the Universe“ echt lassen: Ich weiß nicht mehr, wie viel Spielzeugfranchises es in den 1980er-Jahren gab, aber „Masters“ hat alle überlebt, selbst „Transformers“, ein weiteres Überbleibsel der 80er, hat nicht so eine immense, wirklich leidenschaftliche Fanbase wie He-Man & Co. Allein der Umstand, dass „Revelation“ als direktes Sequel zur damaligen Serie (1983 - 1985) konzipiert ist, also zu einer Serie, deren Ende 35 (!!!) Jahre zurückliegt, spricht Bände. Mit reiner Nostalgie ist das im Prinzip schon fast nicht mehr erklärbar. Jedenfalls: da ist Bossnerd Kevin Smith als Showrunner natürlich eine perfekte Wahl. Fans werden höchstwahrscheinlich im siebten Himmel schweben, der Rest verdreht wie immer die Augen.

Große Abb. ganz oben: „Bliss“, Indeed Film/EYK Media

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