4. Mai 2023

„Guardians of the Galaxy, Vol. 3“ – Auch ein Waschbär hat Gefühle

Der Abschluss der Trilogie ist gleichermaßen zu viel und zu wenig

Lesezeit: 3 min.

Einen Waschbär in den Mittelpunkt eines gut 250 Millionen Dollar teuren Superheldenfilm zu stellen, darauf muss man erst einmal kommen. Allerdings ist dies die originellste Idee, die der seltsamerweise zu einer Art Auteur des Superheldenkinos gewordene James Gunn für seinen letzten Marvel-Film hatte, bevor er endgültig zur Konkurrenz von DC wechselt. Dass seltsame hin und her hatte mit der kurzzeitigen Entlassung von Gunn aus dem Marvel Universum zu tun, nachdem alte Tweets den steilen Aufstieg Gunns für einen Moment aus dem Takt gebracht hatten. Doch die Gruppe Schauspieler, die den Kern der Guardians of the Galaxy bilden, waren ihrem Regisseur offenbar so verbunden, dass sie sich weigerten, eine Fortsetzungen ohne Gunn zu drehen.

Vielleicht auch deswegen wird penetrant betont, was für eine innige Familie die Guardians doch sind, selbst der Ausgangspunkt der rudimentären Handlung ist die Rettung eines Freundes. Eben des Waschbärs Rocket, der im Koma liegt, aber nicht behandelt werden kann. Denn wie sich herausstellt hat er Elektronik im Körper, die einst die Entität High Evolutionary (Chukwudi Iwuji) in ihn einbaute, auf dem Weg, auf künstliche Weise perfektere Spezies zu kreieren. Während die Guardians um den Star-Lord Peter Quill (Chris Pratt), Drax (Dave Bautista) und die Anderen versuchen, Rocket zu retten, schickt der High Evolutionary den Goldjungen Adam (Will Poulter) ebenfalls los, um Rocket zu entführen.

Dass hört sich zwar wirr an, ist aber letztlich egal, denn James Gunn liegt weniger daran, einen runden, kohärenten Film zu drehen, als einen Mischmasch aus Szenen, Momenten, Zitaten und Verweisen. Sensationell gut sieht das bisweilen aus, Setpieces wie ein quasi organisches Raumschiff, das vor sich hin wabert, fantastisches Creature-Make-Up und die bunten Kostüme sind ein Fest für die Augen.

Doch nicht immer stimmt der Ton der Erzählung, der unbestimmt zwischen Pathos und Flappsigkeit changiert. Mehr noch als die ohnehin immer zu einem Witz aufgelegten Figuren des Marvel Universums, waren die Guardians eine regelrechte Gag-Truppe, die sich selbst nie allzu ernst nahmen. Das Problem dabei: Wie soll der Zuschauer Figuren ernst nehmen, die sich selbst nie ernst nehmen?

Seltsam mutet es so an, wenn Gunn die üblichen Guardians-Albernheiten mit einer Geschichte kontrastiert, die deutliche Anzeichen an Eugenik und nazistischen Größenwahn nimmt, bei der an unschuldigen Wesen medizinisch verbrämte Experimente durchgeführt werden und sich der High Evolutionary als eine Art Dr. Mengele erweist. Doch jeder Ansatz eines emotionalen Moments wird schnell zerstört, denn Gunn will alles haben: Nicht nur einmal, sondern gleich zwei Mal scheint er eine der Hauptfiguren sterben zu lassen, um sie im allerletzten Moment dank eines Deus Ex Machina-Moments doch zu retten.

Ist das nur manipulativ oder schon egal? In der überbordenden, latent aufmerksamkeitsgestörten Welt der Guardians, scheint es keine Rolle zu spielen, ob sich eine Figur vor ein paar Minuten noch auf die eine Art verhalten hat: Wenig Momente später kann sie völlig anders agieren. Wichtiger als Konsequenz oder stimmiges Verhalten scheint der Moment zu sein, der Gag, das Pathos.

Dass sieht zwar spektakulär aus, ist in Momenten auch lustig und tatsächlich berührend, aber ein wenig Sorge darf man haben, was James Gunn mit dieser Art des Kinos demnächst im DC-Universum anstellen wird, vor allem falls er tatsächlich bei der geplanten Superman Neuauflage Regie führen sollte.

Guardians of the Galaxy, Vol. 3 • USA 2023 • Regie: James Gunn •  Darsteller: Chris Pratt, Zoe Saldaña, Dave Bautista, Karen Gillan, Pom Klementieff, Vin Diesel, Bradley Cooper, Sean Gunn

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