Roger Corman (1926 – 2024)
Der Regisseur von „Der Mann mit den Röntgenaugen“ ist gestorben
Roger Corman war ein Mann, dessen Lebenswerk derart umfangreich und vielfältig ist, dass der Subtitel dieser Meldung nur als Ausdruck verzweifelter Überforderung gelesen werden kann. Sicher, Corman wird meist mit B-Filmen in Verbindung gebracht, er galt als „King of the B’s“, aber er war viel mehr als das.
Seine in den frühen 1960er-Jahren entstandenen Edgar-Allen-Poe-Verfilmungen („Die Verfluchten“, 1960; „Das Pendel des Todes“, 1961; „Der grauenvolle Mr. X“, 1962; „Lebendig begraben“, 1962; „Der Rabe – Duell der Zauberer“, 1963; „Das Schloss der roten Bestie“, 1964; „Das Grab der Lygeia“, 1964) gelten bis heute als gute bis meisterhafte Poe-Verfilmungen.
Er thematisierte 1962 mit „Weißer Terror“ als einer der ersten den Rassismus vieler Weißer gegenüber Schwarzen in einem Kinofilm (mit William „Captain Kirk“ Shatner als Rassisten!), was zu dieser Zeit ein sehr heikles Unterfangen war, und veröffentlichte mit „Der Mann mit den Röntgenaugen“ (1963) einen kleinen Klassiker des Science-Fiction-Films.
Als Produzent sorgte er unter anderem 1975 für die Umsetzung der satirischen Dystopie „Frankensteins Todesrennen“, aus der ab 2008 die überwiegend sehenswerte Action-Franchise „Death Race“ hervorging. Er war zudem Co-Produzent der ersten „Fantastic Four“-Verfilmung von 1994, die allerdings nie veröffentlicht wurde – Thema des Dokumentarfilms „Doomed!: The Untold Story of Roger Corman’s The Fantastic Four“ (2015), den man sich unter dieser Meldung komplett ansehen kann.
Ein interessanter Umstand ist dabei, dass er in seiner Rolle als Produzent nie einfach „nur“ Produzent war, sondern einen maßgeblichen Einfluss auf die Filme nahm, ihnen einen „Corman“-Stempel aufdrückte. Ein prima Beispiel wäre „Das Grauen aus der Tiefe“, über den Kollege Kronsbein hier einst sehr treffend berichtet hatte.
Und natürlich gäbe es noch vieles mehr zu erwähnen – um dem Werk des arbeitswütigen Allrounders wirklich gerecht zu werden, wäre wohl mindestens ein 1000-Seiten-Wälzer nötig: Der Mann war als Regisseur für 56 Filme verantwortlich, als Produzent für 493 und betätigte sich 46-mal als Schauspieler.
Corman kümmerte sich weiterhin um den US-Vertrieb der Filme von Regie-Titanen wie Federico Fellini, Ingmar Bergman oder Akira Kurosawa. Seine Firmen New World Pictures und New Concorde waren außerdem lehrreiche Startrampen für Regisseure wie Francis Ford Coppola, Martin Scorsese, Jonathan Demme, John Dante und James Cameron oder Schauspieler wie Jack Nichsolson, Dennis Hopper, William Shatner und Peter Fonda.
Auch außerhalb des Films war der bis ins biblische Alter extrem umtriebige Allrounder tätig, wenngleich nur kurz: 1995 und 1996 rief er „Roger Corman’s Cosmic Comics“ ins Leben – ein Comiclabel, bei dem Comics veröffentlicht wurden, die auf seinen Filmen basieren.
Cormans Name ist dabei gar nicht mal so bekannt, die Allgegenwart und der Einfluss aber gigantisch – die allermeisten werden irgendwann im Leben mal Berührung mit seinem Schaffen gemacht haben.
Am 9. Mai ist Roger Corman im Alter von 98 Jahren verstorben.
Also jetzt wird’s dann allmählich echt mal Zeit für einen 1000-Seiten Wälzer.
Abb. ganz oben: Wikipedia.
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