20. Oktober 2024

„Concordia – Tödliche Utopie“ – Leben in Orwell

Eine internationale ZDF-Serie verhandelt etwas behäbig interessante Themen

Lesezeit: 3 min.

Ein wenig hat sich die Aufregung um ChatGPT und andere Formen der Künstlichen Intelligenz zwar gelegt, die Machtergreifung der Maschinen scheint dann doch nicht schon dieses Jahr stattzufinden, aber machen wir uns nichts vor: Die Technik entwickelt sich, die Möglichkeiten wachsen und damit auch die Versuchung, sie einzusetzen. Natürlich nur zum Guten, klar, aber wer entscheidet was gut ist?

Durchaus passend erscheint da die internationale ZDF-Serie „Concordia“, die in Deutschland den wenig subtilen Untertitel „Tödliche Utopie“ angeklebt bekommen hat, vermutlich damit auch wirklich jeder merkt, dass der Titel ironisch gemeint ist. Denn natürlich läuft das Leben in Concordia, einer komplett überwachten Stadt in Schweden, nicht bzw. nicht mehr einträchtig ab, sonst gäbe es ja auch nichts zu erzählen. 20 Jahre existiert dieses Menschen-Experiment schon, Chefin, also quasi Bürgermeisterin, ist Juliane Ericksen (Christiane Paul), die mit Concordia die Vision umgesetzt hat, die sie einst zusammen mit ihrem verstorbenen Mann entwickelt hat.

Das Versprechen: Für den Preis der Totalüberwachung des Lebens, aller Räume – inklusive Bad und Schlafzimmer – sowie Überwachung der biometrischen Daten, leben die freiwilligen Bewohner von Concordia in perfekter Harmonie. 20 Jahre ist das gutgegangen, doch nun erschüttert ein Mord die nicht wirklich bukolische Ruhe. Streng genommen geschah der Mord zwar außerhalb der Stadtgrenzen, doch da das Opfer der Concordia IT-Techniker Oliver war, ist die Aufregung groß. Allerdings deutlich weniger wegen Olivers Ableben, als wegen der Erkenntnis, dass es Oliver gelungen war, auf die angeblich geheimen Daten zuzugreifen, die eigentlich nur der KI und natürlich nur zur Sicherheit der Bewohner zur Verfügung standen.

Besonders schlechtes Timing ist die Leiche, da gerade geplant wird, eine Zweigstelle von Concordia in Ostdeutschland zu eröffnen, für die die dortige Ministerpräsidenten (Karoline Eichhorn) gegen den Widerstand vieler Bürger kämpft. Sollte sich herausstellen, dass Concordia doch nicht so perfekt funktioniert wie geplant, könnte das Projekt scheitern und damit der Traum von einer schönen, neuen Welt begraben werden.

Kein schlechter Ansatz, der sich ein wenig wie eine Mischung aus „Minority Report“ und der chinesischen Realität anhört, wo bekanntermaßen seit einigen Jahren ein „Sozialkredit-System“ entwickelt wird, das gewünschtes Verhalten belohnt, Abweichungen von der Norm jedoch bestraft. Was genau da nun als richtiges und was als falsches Verhalten bezeichnet wird, wäre nun die Frage, doch in solche komplexen ethisch-moralische Dimensionen traut sich die von Nicholas Racz, Mike Walden und Isla van Tricht geschriebene Miniserie nicht. Genau genommen entwickelt sich die ansatzweise Reflexion über Künstliche Intelligenz und totale Überwachungsstadt zu einem weiteren Krimi, als gäbe es davon nicht genug im deutschen Fernsehen.

Zwischen Schweden und Deutschland springt die Handlung hin und her, finstere Hacker mischen mit, persönliche Verstrickungen werden angedeutet, dunkle Geheimnisse haben natürlich auch die meisten Figuren. All das hat die österreichische Regisseurin Barbara Eder flüssig, aber wenig originell inszeniert, leider in dem für solche internationalen Co-Produktionen inzwischen üblichem Englisch. Was bedeutet, dass in der Originalversion sowohl die deutschen, als auch die schwedischen Schauspieler ihre Dialoge eher holprig deklamieren, als überzeugend spielen, während in der deutschen TV-Fassung eine breiige Synchronisation über die Bilder gelegt wurde.

Einer der Produzenten lässt sich mit dem Satz zitieren: „Concordia unterläuft die Erwartung, dass alle Serien, die eine ‚Utopie‘ darstellen, ‚dystopisch‘ sein müssen.“ Das mag sein, vor allem aber beweist Concordia, das Serien über Möglichkeiten und Gefahren der Künstlichen Intelligenz nicht automatisch spannend und komplex sind.

Hier gibt es einen Trailer.

Concordia - Tödliche Utopie • Regie: Barbara Eder • Darsteller: Ruth Bradley, Nicolas Racz, Christiane Paul, Karoline Eichhorn • sechs Folgen, jetzt in der ZDF-Mediathek, Sonntag (20.10.24) und Montag (21.10.24) im linearen TV

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