4. August 2025

Heimkino-Highlights im August 2025 (1. Teil)

Neues und Altes jenseits des großen Saals

Lesezeit: 7 min.

Jeden Monat die gleiche quälende Frage angesichts eines Bergs von Neu-Veröffentlichungen: „Was lohnt sich?“ – regelmäßige Hinweise der Redaktion sollen das Leben zumindest ein wenig leichter machen!

Teil 2 folgt am Mittwoch.

 

1. Flow (2024)

Bei wem? MFA+ Als was? Blu-ray, DVD, VOD Wann? 17.07.2025

Worum geht’s? Der Titel ist Programm: Es fließt hier nicht nur viel Wasser, der Film wird angetrieben vom Erzählfluss, von einem sich natürlich anfühlenden flow und weniger von einem klassischen Plot. Ausgangspunkt ist eine unbestimmte Zukunft, in der nur noch Ruinen davon zeugen, dass es einst Menschen auf der Erde gab. In dieser dystopischen Welt streift eine kleine schwarze Katze durch den Wald und sucht nach Nahrung, als sich plötzlich ein Rudel Hunde auf die Jagd nach ihr macht. Doch noch bevor die Verfolger sie erreichen, bricht eine gewaltige Flutwelle herein, die alles zu zerstören und auszulöschen droht. Die Katze wird von der Welle mitgerissen, kann sich aber ans Ufer retten. Sie flüchtet ins verlassene Haus eines Bildhauers, in dem sie schon länger haust, aber das bleibt ebensowenig verschont, weswegen sich die Katze mit letzter Kraft in ein vorbeifahrendes Segelboot rettet, im dem sie auf ein Capybara trifft. Das Duo wird kurzer Zeit später von einem Golden Retriever, einem Lemur und einem großen, weißen Vogel ergänzt. Die Tiere müssen nun lernen, Unterschiede zu überwinden und zusammenarbeiten.

Prognose: Wahrlich beeindruckend! Was Gints Zilbalodis hier mit einem kleinen Team und der Gratis-Software Blender geschaffen hat, kann sich sehen lassen und dankenswerterweise verzichtet der Animationsfilm auf Ereignishektik und legt immer mal wieder Pausen ein, in denen man die prächtigen Bilder so richtig genießen kann.

Die beeindruckend gezeichnete und animierte Odyssee kommt ohne Hintergrundgeschichte(n), gesprochene Worte oder der allgegenwärtigen Vermenschlichung von Tieren aus, sondern versteht sich als unprätentiöse, einfach gehaltene Fabel und irgendwie, irgendwo als Reaktion auf unsere auseinanderdividierten Welt, die mit ihren fantasievollen, atmosphärischen Bildwelten einen tollen Gegenentwurf zu den üblichen Dystopie-Baukästen darstellt.

Flow • Belgien/Frankreich/Lettland 2024 • Regie: Gints Zibalodis

 

2. Control Room (2025)

Bei wem? ‎ Plaion Pictures Als was? Blu-ray, DVD, VOD Wann? 24.07.2025

Worum geht’s? Weit entfernt von der Erde hat die Menschheit eine Weltraumkolonie gegründet. Olivia findet auf dem Planeten zusammen mit ihrem Partner und dessen Tochter ein neues Zuhause. Sie ist die Leiterin des Kontrollraums und zusammen mit ihrem Kollegen Arlo für den Schutz und die Sicherheit der Bevölkerung zuständig. Als Aliens die Kolonie angreifen und belagern, muss Olivia einen kühlen Kopf bewahren, um die Gemeinschaft zu retten. Das Warten auf die versprochene Hilfe wird zu einem Kampf um Überleben oder Untergang.

Prognose: Ich kann nur dazu raten, die vielen mauen bis schlechten Reviews zu ignorieren und dem mal eine Chance zu geben, denn das größte „Manko“ des Films von Louiso Berdejo, am bekanntesten vielleicht als Co-Autor von „REC“ (2007), ist, dass er zwar überwiegend Altbekanntes erzählt, aber einen Ansatz wählt, den man angesichts eines solchen Inhalts nun wirklich nicht erwarten würde: Das Ganze spielt zu zwei Drittel nur im titelgebenden Kontrollraum, statt Special-FX-Spektakel gibt’s weiße (Menschen) und rote (Aliens) Punkte auf einem Monitor zu sehen, das Kopfkino wird durch Audionachrichten der angegriffenen Kolonie und gruselige Geräusche der Aliens getriggert. Wer auch ohne Budenzauber leben kann, wird bestimmt auf seine Kosten kommen. Das ist echt nicht unspannend.

Die außerirdische Bedrohung gibt es erst in der letzten halben Stunde zu sehen, hier wird dann der bisherige Schauplatz verlassen und da fällt der Film dann ein wenig ab. Zu Gute halten kann man aber, dass das Alien-Design unüblich (angenehm) zurückhaltend ausgefallen ist. Kein perfekter Film, man kann auch, wie immer bei Stoffen dieser Art vortrefflich über den Sinn und Unsinn des Handelns der Protagonisten diskutieren, aber hier hat jemand was gewagt und das honoriere ich immer.

Control Room Spanien 2025 • Regie: Luiso Berdejo • Darsteller: Loreto Mauleón, Alexandra Masangkay, Óscar Casas, Aitor Luna, Luna Fulgencio, Junio Valverde

 

3. Shin Ultraman (2022)

Bei wem? Plaion Pictures Als was? Blu-ray Wann? 24.07.2025

Worum geht’s? Während eines Kampfes zwischen dem Sonderkommando SSSP und einem gigantischen Monster greift ein silberner Riese ein. Fortan beschützt dieser unter dem Namen Ultraman die Erde vor immer bizarreren Kreaturen.

Prognose: Nach „Shin Godzilla“ Shinji Higuchis zweite Modernisierung einer japanischen Traditionsmarke: Das seit fast sechs Jahrzehnten existierende, äußerst umfangreiche, im Westen aber eher weniger bekannte Multimedia-Franchise „Ultraman“, erzählt in der ursprünglichen TV-Serie (1966), auf die der Film basiert, von einem außerirdischen Wesen, das mit dem Menschen Shin Hayata verschmilzt, um die Erde vor Monstern und Außerirdischen zu schützen. Higuchi wandelt auch hier lustvoll zwischen alten Zeiten und Moderne (die digitalen Trickeffekte sind bewusst auf oldschool gebürstet), setzt viel auf Ironie, spart aber ernste Themen wie die Erdbeben in der Tohoku-Region und der Fukushima-Nuklearunfall und die mangelhaften politisch- wie behördlichen Bewältigungen dieser Krisen ebenso wenig aus.

Shin Ultraman • Japan 2022 • Regie: Shinji Higuchi • Darsteller: Takumi Saitô, Masami Nagasawa, Hidetoshi Nishijima, Daiki Arioka, Akari Hayami, Tetsushi Tanaka

 

4. Divinity (2023)

Bei wem? Lighthouse Home Entertainment Als was? DVD, Blu-ray, Mediabook (DVD, Blu-ray) Wann? 25.07.2025

Worum geht’s? Der Wissenschaftler Sterling Pierce hat sein Leben dem Streben nach Unsterblichkeit gewidmet und die Bausteine für ein bahnbrechendes Serum namens „Divinity“ entwickelt, das ewige Jugend verspricht. Sein Sohn Jaxxon setzt das einst gut gemeinte Vorhaben seines Vaters in die Realität um. Doch die Menschheit wird durch die Droge, deren wahre Herkunft geheimnisumwittert ist, völlig pervertiert. Jaxxon nutzt diesen Umstand schamlos aus, weshalb sich nicht nur eine Gruppe der letzten fruchtbaren Frauen, angeführt von der entschlossenen Ziva, gegen ihn stellt, sondern ebenso mysteriöse Zwillingsbrüder seine Vorherrschaft beenden wollen …

Prognose: Es ist kein Wunder, dass Eddie Alcazar eng mit Flying Lotus verflochten ist, die beiden mit Brainfeeder Films sogar eine Filmproduktionsfirma betreiben. Denn den berühmten Experimentalmusiker, der ab 2006 anfing Hip-Hop auf ein anderes Level zu hieven und damit zu einer ungemein einflussreichen Figur wurde, eint mit dem nicht ganz so bekannten Filmemacher Alcazar die hemmungslose Lust am Sampeln, Mixen und Improvisieren.

Auch „Divinity“ entstand ohne Skript, nur mit einer Sammlung von Zeichnungen und Skizzen und einer groben Ahnung, wohin die Reise geht. Für Alcazar war die Produktion in etwa die cineastische Variante zum Free Jazz. Somit ist es kein Wunder, dass bei der Premiere im Januar 2023 und auch danach Presse- und Publikumsfeedback durchwegs gespalten ausfiel: Die einen konnten mit diesem wild wuchernden Science-Fiction-Gebräu, das sich um narrative Konventionen nur wenig schert, nichts anfangen, die anderen mochten die in bestechend schönen Schwarzweißbildern gekleidete Phantasterei, die ein ums andere Mal irgendwie an Filme wie „Eraserhead“ (1977) oder „Frankenstein“ (1931) erinnert, sich aber nicht konkret festnageln lässt und für dessen Soundtrack Dean Hurley (Texte zu ihm: 1, 2) mit Kiffer-Hip-Hop-Urgestein DJ Muggs zusammengearbeitet hat – was für eine Kombination! Jedenfalls: Ein wilder Trip – wer was definitiv Anderes will, sollte sich den nicht entgehen lassen. Und selbst, wenn man den dann nicht mag: Vergessen wird man ihn nicht so schnell!

Divinity • USA 2023 • Regie: Eddie Alcazar • Darsteller: Bella Thorne, Dean Norris Jr., Emily Willis, Jason Genao, Karrueche Tran, Lakutsin Lukas, Michael O’Hearn, Moises Arias, Sawyer Jones, Scott Bakula, Stephen Dorff, Thomas Hildreth

 

5. V/H/S Beyond (2024)

Bei wem? Tiberius Film Als was? Digital, Blu-ray, DVD Wann? Digital EST (10.07.2025), Digital TVOD (17.07.2025), Blu-ray, DVD (07.08.2025)

Worum geht’s? Spezialkräfte der Polizei auf der Suche nach verschwundenen Babys erleben Schrecken jenseits der Vorstellungskraft. Zwei Paparazzi bezahlen teuer für das Einbrechen in das Anwesen eines Stars. Ein Flugzeug mit Fallschirmspringern kollidiert mit einem UFO. Und Verschwörungstheorien über mysteriöse Lichter in der Wüste sind zu nah an der Wahrheit.

Prognose: Found Footage ist ja schon lange out, die 2012 gestartete Anthologie-Reihe „V/H/S“ macht trotzdem munter weiter, hat’s mittlerweile auf sieben Filme, zwei Spin-offs und eine Miniserie gebracht, wandelt mit dem aktuellsten Teil „V/H/S Beyond“ erstmalig auf Science-Fiction-Horror-Pfaden und das ausgesprochen erfolgreich. Natürlich gibt’s auch hier, das haben Anthologien nun mal so an sich, Geschichten, die weniger zünden, dafür aber ebenso Highlights. Das für mich Größte ist „Live And Let Dive“ von Justin Martinez, allein die Grundidee ist toll: Es geht um Fallschirmspringer, deren Flugzeug mit einem UFO kollidiert, was dazu führt, dass sie in einem Orangenhain (!) einer außerirdischen Bedrohung entkommen müssen … mehr wird nicht verraten: Bitte einfach anschauen und jede Menge Spaß haben!

V/H/S Beyond USA 2024 Regie: diverse Darsteller: Jolene Andersen, Mike Ferguson, Bobby Slaski, Braedyn Bruner, Rhett Wellington, Thom Hallum

 

6. Der Mann, der sein Gehirn austauschte (1936)

Bei wem? Pidax Als was? Blu-ray Wann? 14.08.2025

Worum geht’s? Dr. Laurience experimentiert mit Materie-Transmittern. Sein Ziel ist es, die Gehirne alternder oder vom Tode bedrohter Geistesgrößen in junge Körper zu übertragen. Nach erfolgreichen Affenexperimenten tauscht Laurience das Gehirn seines sterbenden Gehilfen mit dem eines potentiellen Geldgebers aus. Der Sohn des Finanzhais schöpft aber Verdacht und stellt Nachforschungen an. Dabei verliebt er sich in Laurience’ Assistentin…

Prognose: Einer der eher unbekannteren Filme aus dem umfangreichen Schaffen von „Frankenstein“-Ikone Boris Karloff und auch kein wirklicher Bringer, die kurze Laufzeit und die Tatsache, dass hier Kurt Neumanns „Die Fliege“ (1958) – 1986 erneut von David Cronenberg verfilmt – vorweggenommen wird, macht die Nummer aber dann doch empfehlenswert (zumindest für eingefleischte Sci-Fi-Fans). So richtig anschaffenswert wird die Blu-ray allerdings durch den Umstand, dass als Bonusfilm das deutsche Fernsehspiel „Die Rückkehr der Zeitmaschine“ beiliegt – eher Drama als Zeitreisefilm, dafür aber mit top Besetzung (Wischnewski, Pasetti, Schwarzkopf) und bissigen Dialogen.

Der Mann, der sein Gehirn austauschte Großbritannien 1936 • Regie: Robert Stevenson • Darsteller: Boris Karloff, Anna Lee, John Loder, Frank Cellier

Abb. ganz oben aus „Flow“, MFA+

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