2. Mai 2017 2 Likes

Meiner ist größer als deiner!

„Shin Godzilla“ – das Original ist wieder da!

Lesezeit: 3 min.

Als Toho Ende 2014 Ankündigungen für einen neuen Godzilla-Film in die Welt schickte, war die Aufregung so groß, dass die altehrwürdige Produktionsschmiede regelrecht mit der Fliegenklatsche informationshungrige Otakus wegpatschen musste. Das Interesse am legendären Megamonster war trotz der Box-Office-Arschbombe „Godzilla: Final Wars“ von 2004 immer noch ungebrochen und wurde von der finanziell erfolgreichen US-Variante „Godzilla“ von Gareth Edwards noch mal so richtig entflammt: Was die Amis können, können wir schon lange und natürlich wird unserer viel größer!

Allerdings schien man aus den Fehlern des Vorgängers gelernt zu haben. Anstatt einen mit Großprojekten dieser Art unvertrauten Krawallbruder wie Ryūhei Kitamura holte man sich dieses Mal mit Hideaki Anno (Co-Schöpfer von „Neon Genesis Evangelion“) und Shinji Higuchi (unter anderem verantwortlich für die Effekte bei Shusuke Kanekos zwischen 1995 und 1999 entstandener „Gamera“-Trilogie) zwei erfahrene Cracks ins Haus, die dann 2016 auch so richtig die Kinokassen in Japan rattern ließen. Kein Film war in diesem Jahr erfolgreicher und auch keiner der Teile der Serie holte mehr Yen nach Hause als „Shin Godzilla“ – die Resonanz war allerdings zwiegespalten, die heimischen Kritiker waren weitaus begeisterter als außerhalb Nippons. Das kann man durchaus nachvollziehen, denn der Film der beiden Regisseure wirkt tatsächlich leicht befremdlich: Wer fluffig leichten Monsterspaß erwartet, wird enttäuscht die Leinwand niedertrampeln, denn der 29. Film der Reihe (wenn man die beiden US-Versionen nicht mitzählt, aber wer macht das schon?) entpuppt sich als verhältnismäßig geerdeter, soweit man das in diesem Zusammenhang sagen kann, „realistischer“ Katastrophenthriller, der ähnlich wie Ishirô Hondas Ur-Film von 1954 Godzilla als Metapher nutzt, in diesem Fall natürlich für die große Katastrophe von 2011.

Der Plot ist dabei an sich der Gleiche wie so oft zuvor; das Monster wird wach und allerlei Leute überlegen sich, wie man es wieder Schlafen legen kann. Anders als zuvor, oder auch bei Edwards Fassung, ziehen hier allerdings, abgesehen von kleineren Rempeleien, Politiker, Militär und Wissenschaftler weitgehend an einem Strang, weswegen dem Film von der Kritik eine patriotische Ader im besten Roland-Emmerich-Stil vorgehalten wurde, zumal auch gegen die USA gestichelt wird, die natürlich gleich alles mit Atombomben platt machen will. Allerdings keilt „Shin Godzilla“ subtil ebenso in die eigene Richtung und macht sich unter anderem über japanisches Krisenmanagement lustig, des weiteren wird auf klassische Plotstrukturen zu Gunsten eines eher gebremsten Tons verzichtet: Helden im klassischen Sinne gibt es nicht, lediglich so was wie eine Hauptfigur, der Community-Gedanke steht aber klar im Vordergrund, es wird zusammen überlegt, ausgelotet, probiert und gewonnen – letzteres sogar nur auf Zeit, der Film verkneift sich auch beim Finale allzu große emotionale Überschwänglichkeiten.

Die eigentliche, auf dem ersten Blick etwas gewöhnungsbedürftige, auf dem zweiten aber liebevoll gestaltete und – man hat Wort gehalten – über 10 Meter größere Hauptattraktion, schaut da gerade mal in einer Handvoll Szenen vorbei, allerdings sind diese auf das Wunderbarste mit perfektem Timing in die Handlung eingebunden, man kann den Machern nicht gerade vorwerfen, dass sie ihr größtes Kapitel sinnlos verheizen. Vor allem eine Sequenz dürfte zum Godzilla-Evergreen mutieren: Wenn das von der US-Air-Force attackierte Monster glühend ein nächtliches Tokio beleuchtet und unter Schmerzen, auf der Tonspur begleitet von einer klassischen Arie, mit einem ausgespieenen Flamenstrahl die Stadt in ein nukleares Feuer taucht, werden Fan-Knie weich, das sind ikonische, mit einem guten Schuss Tragik gewürzte Momente, die tief den Geist des Originals einatmen.

„Shin Godzilla“ ist sicherlich ein Film, über den man sich, wie bei allen Teilen von langlebigen Franchisen, wunderbar die Köppe einhauen kann, es ist aber kein Film, der spurlos an einem vorübergeht und das ist für den immerhin 29. Teil einer Serie ein ordentliches Plus auf dem Konto.

„Shin Godzilla“ läuft zwischen dem 03.05. und dem 07.05.2017 im Kino – alle Termine auf das-monster-kommt.de

Shin Godzilla • Japan 2016 • Regie: Hideaki Anno, Shinji Higuchi • Darsteller: Hiroki Hasegawa, Yutaka Takenouchi, Satomi Ishihara, Ren Ôsugi, Pierre Taki, Jun Kunimura • Abb.: © 2016 Toho Co. Ltd.

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