20. Januar 2013

Zombies aus dem Labor

„Resident Evil: Retribution“ – Visuelles Vergnügen pur

Lesezeit: 2 min.

Es wäre ein Leichtes, sich über einen Film wie Resident Evil: Retribution lustig zu machen. Von einer Handlung, die oft eher wirr als komplex wirkt, über Dialoge, die auch in Soap-Operas nicht fehl am Platz wären, bis zu Darstellern, die ganz gewiss nicht wegen ihrer schauspielerischen Fähigkeiten engagiert wurden, finden sich genug Ansatzpunkte für eine vernichtende Kritik. Man kann es aber auch anders sehen: In kaum neunzig Minuten bietet Paul W. S. Andersons Zombie-Epos zahllose atemberaubende visuelle Momente, einige brillant choreografierte Actionszenen, ein ansatzweise komplexes Spiel mit Bewusstseinsebenen, schafft es bisweilen eine faszinierende Symbiose zwischen Film und Computerspielen herzustellen und gemahnt mit seiner schieren Lust an Schauwerten an die Anfänge des Kinos als Jahrmarktattraktion, als purer visueller Reiz.

So ein purer Reiz trägt natürlich nicht über neunzig Minuten, eine reine Aneinanderreihung von Szenen wäre langweilig, und so muss eine Geschichte her. Freundlicherweise fängt diese vierte Fortsetzung der Resident Evil-Reihe mit einer kurzen Zusammenfassung des bisher Geschehenen an. Um es ganz kurz zu machen: Alice (Milla Jovovich) kämpft gegen Zombies. In diesem fünften Teil ist der Schauplatz eine riesige Anlage, die unter einem eisbedeckten See in Russland verborgen ist. Dort testet ein Unternehmen in virtuellen Welten Waffen jeglicher Couleur, was zum einen Anlass für auf Dauer etwas ermüdendes Geballere liefert, zum anderen für ein im Ansatz spannendes Spiel mit virtuellen und realen Welten. Verschiedene Klone von Alice, aber auch von Charakteren aus früheren Teilen tauchen in verschiedenen Inkarnationen auf, ein Konzept, das leider ebenso wie vieles andere im Keim steckenbleibt. Immer wieder deutet Anderson nachgerade visionäre Ideen an, um im nächsten Moment doch lieber wieder zu den Waffen zu greifen.

Dabei geht er nur selten so originell zu wie in den atemberaubenden ersten zwanzig Minuten: Da sieht man nach einem rückwärts und in Zeitlupe gefilmten Gefecht, wie Alice in kärgstem Design gefangen ist. Ein Leinwand füllendes Gefängnis, kalt und weiß, nur gelegentlich von roten Feldern unterbrochen. Etwas später wird Alice in diesem minimalistischen Design einen virtuosen Kampf gegen ein gutes Dutzend Angreifer bestreiten – bewaffnet mit einer schweren Kette und einer Pistole – und auf bemerkenswert originelle Weise Zombies töten. In diesen Momenten ist Resident Evil: Retribution ein reines visuelles Vergnügen, weidet sich die Kamera ebenso an Milla Jovovichs makellosem Gesicht wie an über die Leinwand spritzendem Blut.

Zu schade, dass Anderson dieses Niveau nicht über neunzig Minuten halten kann. Doch auch wenn er im Verbleibenden etwas zu sehr auf Action-Stereotype zurückgreift und gerade die männlichen Akteure uninteressant bleiben (Resident Evil ist vor allem von starken Frauenfiguren geprägt), finden sich immer wieder Momente voller Kraft und Energie, die zwar substanzlos sind, doch in ihren besten Momenten Kino als reines, visuelles Vergnügen zelebrieren.

Resident Evil: Retribution • D/Can/USA 2012 · Regie: Paul W. S. Anderson · Darsteller: Milla Jovovich, Sienna Guillory, Michelle Rodriguez

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