29. Oktober 2014

Sexfantasien vom König des Mars

Der neue Comic von Dylan Horrocks

Lesezeit: 3 min.

Nicht allein die Blätter färben sich dieser Tage rot: Dank Andy Weirs Roman „Der Marsianer“ (im Shop) geht diesen Herbst das Marsfieber um. Die im Roman geschickt zusammengebrachte Mischung aus Hard-Science-Fiction, Survival-Spannung und erfrischendem Humor hat einen hohen Unterhaltungswert, der SF-Nerds genauso begeistert wie Mainstream-Leser. Weirs Erfolgsgeschichte vom Selfpublishing-Projekt bis hin zum internationalen Bestseller, die in einem Jahr mit Ridley Scotts Verfilmung mit Matt Damon in der Hauptrolle gekrönt wird, bietet einen akkurat recherchierten, ungeheuer realistischen Blick auf die möglichen bemannten Mars-Missionen der nahen Zukunft (und darauf, was dabei alles schief gehen könnte).

Einen völlig anderen, eher von der Fantasie anstelle der Fakten beherrschten und befeuerten Ansatz für einen fiktiven Mars-Besuch, liefert der neue Comic des neuseeländischen Künstlers Dylan Horrocks. Der 1966 geborene Horrocks, den man hierzulande bisher vor allem für seinen gedankenvollen Comic-Flickenteppich „Hicksville“ kennt, arbeitete für den amerikanischen Verlag DC bereits an der starken fortlaufenden Serie „Hunter: The Age of Magic“ (einem Spin-Off zu Neil Gaimans „Die Bücher der Magie“) und diversen Titeln mit Batgirl und Batman. Wirklich glücklich wurde Horrocks mit den Helden-Auftragsarbeiten für den US-Comicmarkt allerdings nicht – im Gegenteil, viel mehr kämpfte der tiefsinnige Neuseeländer mit Schreibblockaden und Depressionen.

Der erste Print-Sammelband von Horrocks Webcomic „The Magic Pen“, der am 6. November als „Sam Zabel in: Der König des Mars“ bei Ehapa auf Deutsch erscheint, beginnt dann auch als semiautobiografische Betrachtung eines ebenfalls depressiven, schreibblockierten Comicschaffenden, der mit seinen Superheldengeschichten hadert. Doch bald wird daraus mehr und mehr eine ebenso famose wie philosophische Science-Fiction-Abenteuergeschichte. Denn im Verlauf des ersten Bandes verschlägt es Mr. Zabel in beängstigend realistischen Fantasien auf den Mars. Spätestens hier wird Horrocks vielfältige Panelgeschichte fast schon eine moderne Huldigung von Edgar Rice Burroughs Mars-Saga, wenn Sam durch ein altes Comicheft auf den Mars reist, wo er einer fremden Kultur begegnet, mit offenen Armen empfangen wird und als neuer König des Mars sogar einen eigenen Harem heißer grünhäutiger Mars-Frauen bekommt. Ob das Sams irdischer Herzensdame zuhause gefällt?

Dylan Horrocks geht es in seinem außergewöhnlichen, intelligenten Comic um die Frage, inwieweit wir uns selbst mit Fantasie heilen können und was Geschichten für unser Leben bedeuten – und darum, ob wir eine moralische Verantwortung haben, wenn wir z. B. in der Fantasie sündigen, über die Stränge schlagen oder eben fremdgehen. Das klingt jetzt ganz schön verkopft – Horrocks gelingt es jedoch, um diese Forschungsreise, diese Suche nach Antworten, eine richtig gute Geschichte mit einem starken, sympathischen, glaubwürdigen Hauptcharakter zu spinnen.

Und die vielen pulpigen, retromäßigen Science-Fiction-Elemente und die wohl sinnlichste Alien-Erotika mit exotischen Mars-Schönheiten seit Langem sind nun auch nicht zu verachten.

Dylan Horrocks: Sam Zabel in: Der König des Mars • Egmont, Köln 2014 • 208 Seiten • € 19,99

Der große Mars-Roman von Andy Weir, „Der Marsianer“ (im Shop), ist gerade erschienen und wird in allen seinen Aspekten in der Themenreihe Roter Oktober auf diezukunft.de vorgestellt.


Bilder © Dylan Horrocks

 

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