13. Dezember 2016 1 Likes

Irrsinnig verflochten

Staffel eins der Douglas-Adams-Adaption „Dirk Gentlys holistische Detektei“

Lesezeit: 3 min.

Dirk Gently, der 1987 vom englischen „Per Anhalter durch die Galaxis“-Autor Douglas Adams (im Shop) ersonnen wurde, ist ein holistischer Detektiv. Das heißt, dass er keinen Hinweisen nachgeht, sondern sich vom Universum dorthin bringen lässt, wo er sein soll, felsenfest davon überzeugt, dass alle Dinge auf irgendeine Weise miteinander verflochten sind und sich wahrlich im Großen und Ganzen fügen und finden. Schicksalsergebenheit statt Spurensuche also, und letztlich eher Doctor Who als Sherlock Holmes – die Wurzeln der komischen Figur reichen tatsächlich bis in die 70er und Adams’ Zeit als Drehbuch-Autor der klassischen britischen „Doctor Who“-Serie zurück. In der Vergangenheit gab es bereits einige Adaptionen im Fernsehen, im Radio und auf der Bühne, und jetzt haben sich Max Landis und sein Team an eine neue Interpretation der Vorlage gemacht, die aus den Romanen „Der Elektrische Mönch“ (im Shop) und „Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele“ sowie einem Fragment in der posthumen Douglas-Adams-Textsammlung „Lachs im Zweifel“ (im Shop) besteht.

In der neuen Serie hat Hotelpage Todd (Elijah Wood aus „Der Herr der Ringe“) einen richtig miesen Tag: Sein ungeduldiger Vermieter zertrümmert Todds Auto mit dem Baseballschläger, und sein Arbeitsplatz wird zum Tatort eines Mehrfachmordes mit abgetrennten Körperteilen und mit Hammerhai-Bissspuren an der Zimmerdecke. Zu allem Überfluss verdächtigt die Polizei auch noch Todd, der deshalb seinen Job verliert und weder seine Miete, noch die Medikamente seiner nervenkranken Schwester (Hannah Marks aus „Weeds“) zahlen kann. Daheim erwartet Todd schließlich Dirk Gently (Samuel Barnett aus „Penny Dreadful“), der britische Zen-Detektiv mit dem grauenhaften Jackengeschmack, der Todd in die Geheimnisse der Vorsehung und der Verflechtung aller Dinge einweiht und den armen Ex-Pagen als seinen neuen Assistenten und besten Freund bezeichnet. Und ob Todd will oder nicht: Fortan ermittelt er gemeinsam mit Dirk im Fall der vermissten Lydia (Alison Thornton aus „Girlfriend’s Guide To Divorce“), deren Vater zu den Mordopfern im Hotel gehört und dessen letzter Wille bis in ein Tunnelsystem führt, in dem u. a. eine Nashorn-Todesfalle lauert. Am Ende sind mehrere verwirrte Parteien involviert, hat alles miteinander zu tun und ergibt alles irgendwie ein großes Ganzes: Die abgefahrene Technologie. Der süße Corgi. Die verstrahlten Typen. Gefährliche Seelen. Die CIA und die Cops. Die Rowdys. Die Leibwächterin. Die Sekte um den skrupellosen Gordon (Aaron Douglas aus „Battlestar Galactica“). Und die kosmische Serienkillerin (Fiona Dourif aus „True Blood“) …

Schrille, spleenige Ermittler sind ein fester Bestandteil des Krimi-Genres und des Serienfernsehens, aber ganz ehrlich: Samuel Barnett nervt als Dirk Gently manchmal ganz schön, da er eine Mischung aus Matt Smiths Doktor, Kenneth aus „30 Rock“ und Sheldon aus „The Big Bang Theory“ ist. Dafür reißt es Elijah Wood mit seiner großartigen Performance, die an seine Leistung im unangenehm lustigen „Wilfred“ erinnert, jederzeit heraus. Überhaupt ist die abstruse Handlung sinnvoll auf mehrere Schultern und genug interessante Figuren verteilt, funktioniert das Durchschalten des Fokus genauso gut wie die Verbindung von britischen und amerikanischen Serienmanierismen. Die acht Folgen der ersten Season von „Dirk Gentlys holistische Detektei“ präsentieren sich als ein verrücktes, buntes Puzzlespiel, das sich Episode für Episode weiter zu einem Bigger Picture zusammenfügt und das an seinen finsteren Rändern ganz schön scharfe und blutige Kanten offenbart. Es kommt nie Langeweile oder gar Verdruss auf im Verlauf dieser ungewöhnlichen, bizarren Science-Fiction-Geschichte, die vor allem, aber nicht nur Fans von „Doctor Who“ anspricht – die Werke von Douglas Adams, das ausreichend respektiert wird, muss man im Grunde gar nicht kennen.

Serienschöpfer und Hauptautor Max Landis (genau: Sohn von John Landis, und Autor des SF-Films „Chronicle“ und der viel gelobten Comic-Miniserie „Superman. American Alien“) und Regisseure wie Dean Parisot („Monk“) oder Michael Patrick Jann („Community“) haben die Essenz von Dirk Gently und der schwer zugänglichen Vorlage aus den 80ern gut destilliert und mit einem neuen großen, batshit crazy Abenteuer gekonnt in die Ära des modernen Serienfernsehens geholt. Entsprechend freut man sich auf die zweite Staffel des durchgeknallten SF-Krimis mit dem vom Schicksal zusammengeführten und geplagten Ensemble.

Die erste Season von „Dirk Gentlys holistische Detektei“ ist seit dem 11. Dezember 2016 komplett auf Netflix erhältlich.

Dirk Gentlys holistische Detektei – Staffel Eins • (USA/Großbritannien 2016) • Regie: Michael Patrick Jann u. a. • Drehbuch: Max Landis u. a. • Darsteller: Samuel Barnett, Elijah Wood, Hannah Marks, Jade Eshete, Aaron Douglas, Fiona Dourif, Mpho Koaho, Julian McMahon • Laufzeit: 8 Episoden mit je ca. 40 Min.

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.