22. April 2016 2 Likes 1

Kapitäne und Katzen im Äther

„Windjäger“: Ein Steampunk-Roman von Jim Butcher

Lesezeit: 2 min.

Mit den Abenteuern von Harry Dresden leistete der 1971 geborene Jim Butcher einen der wichtigsten Beiträge zur zeitgenössischen Urban Fantasy. In seinem „Codex Alera“-Zyklus wiederum wandte sich der Amerikaner der epischen Fantasy zu. Jetzt entert Butcher das Steampunk/Ätherpunk-Genre und legt mit „The Aeronaut’s Windlass“ den ersten Roman einer neuen Serie vor, der in der deutschsprachigen Übersetzung von Andreas Helweg als „Windjäger“ soeben bei Blanvalet erschienen ist.

Butcher wirft seinen Leser umgehend in eine fantastische neue Welt, in der die Menschen in riesigen, befestigten Stadtstaaten auf den höchsten Berggipfeln leben. Zwischen diesen Heimstätten, die von aristokratischen Herrscherhäusern geprägt sind und wo altmodische Duelle an der Tagesordnung stehen, fliegen zahlreiche zum Teil schwer bewaffnete Luftschiffe dank seltener Kristalle und mithilfe von Segeln oder Propellern durch den Äther – und durch den Nebel, in dem manch ein Leviathan lauert, während unten auf der aufgegebenen Erde noch fiesere Kreaturen anzutreffen sind. Als die Gipfelfestung Albion von Truppen aus der Stadt Aurora unterwandert und attackiert wird, schickt Albions Herrscher eine bunt zusammengewürfelte, eigenwillige Truppe auf eine Geheimmission, die alles entscheiden könnte. Doch er kann niemandem sonst vertrauen …


Das Cover der US-Ausgabe

Jim Butchers Figuren und ihre Dialoge machen einmal mehr eine Menge Spaß. Kapitän Grimm und seine Luftschiff-Crew, die jungen Garde-Rekruten um die tempramentvolle junge Adelige Gwen und ihren animalisch-mutierten Cousin Benedict, die verplanten Äther-Hellseher sowie Rowl und die übrigen Vertreter der intelligenten Kriegerkatzen-Clans sind ein sympathisches Ensemble. Doch obwohl das Worldbuilding des quasi-postapokalyptischen Settings dieser Welt homöopathisch dosiert ist, hätte dem Buch eine straffere Erzählweise keineswegs geschadet, und die Mission der von Grimm und Gwen angeführten Truppe hätte ebenfalls gern etwas spannender sein dürfen. So müssen es vor allem die Szenen mit Rowl und seiner menschlichen Begleiterin Bridget rausreißen, die der Katzensprache mächtig ist. Rowl und seine arroganten Artgenossen sind trotz ihres Status als anerkanntes Volk noch immer durch und durch Katzen, was Charakter und Eigenarten angeht. Um solche Figuren zu mögen, muss man kein Katzenliebhaber sein. Der Kniff, seinen Ätherpunk mit starker Tierfantasy anzureichern, ist Butcher definitiv gelungen und hilft seinem Roman besonders an den Stellen, wo der Plot einen kratzigen Leserfavoriten wie Rowl bitter nötig hat.

Der gute Mr. Butcher hat zweifellos schon stärkere Bücher als „Windjäger“ geschrieben. Dass sich der Auftaktband seiner Ätherpunk-Saga stellenweise wie eine Bruckheimer-Produktion liest und stets auf seine Katzen verlassen kann, mag allerdings dabei helfen, Butcher-Fans den Sprung aus den finsteren Gassen der Hardboiled-Urban-Fantasy und den Gefilden der epischen Fantasy hinüber ins Wolkenreich der Science-Fantasy zu erleichtern.

Jim Butcher: Windjäger • Blanvalet, München 2016 • 764 Seiten • Tachenbuch: 9,99

Kommentare

Bild des Benutzers Michael Leiner

Ich finde es schade, dass man nicht die original Titelbilder verwendet. Die Alternativen (egal ob Heyne oder Blanvalet) sind meistens Müll.

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