17. Juni 2014 1 Likes

Damen, Draufgänger und Dinosaurier

Stephen Mooneys Pulp-Comic „Half Past Danger“

Lesezeit: 2 min.

In den letzten zehn Jahren verdingte sich der Ire Stephen Mooney auf dem amerikanischen Markt vor allem als Zeichner von Franchise-Comics zu „CSI“, „Angel“ oder „The Mummy“. Mit „Half Past Danger“ legte Mooney 2013 schließlich seinen ersten unabhängigen, eigenständigen Comic vor, den er überdies selbst geschrieben hat. Jetzt sind die sechs US-Hefte der Pulp-Geschichte in Panelform, die im Original bei IDW veröffentlicht wurden, bei Dani Books als dicker Sammelband mit umfangreichen Extras auf Deutsch erschienen (Stephen Mooney wird diese Woche zudem auf dem Comic-Salon in Erlangen zu Gast sein und dort u. a. die limitierte Hardcover-Ausgabe des deutschen Bandes signieren, die exklusiv zum langen Comic-Wochenende in Franken gedruckt wurde).

Mooneys actionreicher Abenteuer-Comic handelt von einem irischen Sergeant der US-Army, der mit seiner Einheit auf einer abgelegenen Pazifik-Insel über eine groß aufgezogene Nazi-Basis stolpert – und über echte, lebende Dinosaurier, mit denen die Deutschen irgendetwas Übles im Schilde führen. Kurz nach dieser Entdeckung, die für ihn und seine Männer nicht allzu gut ausgeht, muss Sergeant Tommy „Irish“ Flynn zusammen mit einer heißen britischen Spionin, einem unverwundbaren amerikanischen Supersoldaten und einem desertierten japanischen Ninja auf die Insel zurückkehren, um zu verhindern, dass dem Führer die ultimative biologische Waffe in die Hände fällt…

Auf den Punkt gebracht: „Half Past Danger“ bietet rein handlungstechnisch kerzengerade, trashige Pulp-Unterhaltung ohne eine einzige Überraschung. Das ist freilich völlig in Ordnung und hat z. B. im Fall von Mark Schultz’ „Xenozoic Tales“ – mit Cadillacs und Dinosauriern – auch niemanden gestört, obwohl das Setting den Trash-Faktor in „Half Past Danger“ natürlich noch einmal spürbar erhöht und Mooneys Story am Ende nicht einmal ein Gefühl von Tiefe erahnen lässt. Darüber hinaus hatte Schultz durchgehend die illustrative Klasse eines Meisters der alten Schule auf seiner Seite. Mooney kommt zeichnerisch hingegen lediglich wie ein passabler Comic-Handwerker mit einigen Defiziten daher, und so sieht sein Herzensprojekt zwischendurch immer mal recht ungelenk aus. Bezeichnend, dass selbst die Künste der derzeit überall – zurecht! – gepriesenen Farbgöttin Jordie Bellaire da oft nichts mehr retten können bzw. die irische Koloristin ausgerechnet an „Half Past Danger“ ebenfalls nicht überzeugen kann. Es macht keinen Spaß, das geliebte Baby eines Kreativen auf dieselbe Stufe zu stellen wie einen zweitklassigen Comic zu einer TV- oder Filmproduktion, wo man das schiefe Artwork von vorne herein erwartet – aber „Half Past Danger“, das Mooney wohl sogar fortsetzen möchte, sieht nun mal leider genau so unvollkommen aus wie die oft arg unansehnliche Franchise-Stangenware.

Wer nach der Leseprobe zum Band abschätzen kann, was ihn nicht nur inhaltlich, sondern vor allem visuell zwischen hübschen Damen, harten Kerlen, gefährlichen Dinos und fiesen SS-Schergen erwartet, mag dieser Pulp-Anleihe an „Jurassic Park“ vielleicht trotzdem eine Chance geben, wenn es lange keinen Trash mehr gab.

Dafür muss der Hunger allerdings schon so gewaltig sein wie der Appetit eines T-Rex.

Stephen Mooney: Half Past Danger • Dani Books, Groß-Gerau 2014  • 212 Seiten • € 18,99

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