22. August 2019

Allein im Weltraum?

Grant Stupore variiert in „I am Mother“ bekannte Themen

Lesezeit: 2 min.

Allein auf einer Raumstation wächst ein Mädchen auf, per Reagenzglas gezeugt, später groß gezogen von einem Roboter. Das ist die Ausgangssituation von Grant Stupores „I am Mother“, der in den meisten Ländern direkt bei Netflix zu sehen war, in Deutschland jedoch einen Kinostart bekommt. Nicht ganz ohne Grund, denn es sind vor allem die Bilder der vollkommen leeren Raumstation und das trotz geringem Budget bemerkenswert überzeugende Design des Roboters, das das minimalistische Science-Fiction-Drama sehenswert machen.

Inhaltlich dagegen kann der von Michael Lloyd Green geschriebene Film nur bedingt überzeugen. Viele Themen werden zwar angerissen, im Ansatz spannende, komplexe philosophische Fragen gestellt, doch im ständigen, betont bedrohlichem Brummen der Generatoren geraten diese Fragen immer wieder ins Hintertreffen. Und sind vor allem nicht so überraschend, wie es die Macher wohl glauben, die allzu offensichtliche Hinweise auf das geben, was da noch kommt.


Bald ist die Mensch-Maschinen-Idylle vorbei …

Da sieht man etwa gleich zu Beginn in einer Montage, wie das stets nur „Tochter“ genannte Mädchen, gespielt von Clara Rugaard, langsam aufwächst, ihr einziges Gegenüber der im Original von Rose Byrne gesprochene Roboter namens Mutter, die ihre Spielkameradin und später Lehrerin der vielleicht 17jährigen Tochter ist. Die Zerstörung der Erde scheint am Anfang gestanden zu haben, zu Beginn ist Tag Null nach der Katastrophe und beläuft sich die Bevölkerung der Raumstation ebenfalls auf Null. Dank Tochter ist sie später bei 1, doch das schon 13.867 Tage seit der Katastrophe vergangen sind deutet schon – wenn man ein bisschen im Kopf rechnet – an, was da kommt.

Und auch, als Mutter und Tochter im Schulunterricht das bekannte ethische Problem beschäftigt wie man sich im Fall verhalten soll, wenn man bewusst eins oder wenige Leben opfern kann, um sehr viele zu retten. Ist dann das Leben der Mehrheit von höherem Wert? Oder ist jedes einzelne Leben gleichermaßen bedeutend? So eine Frage im ersten Akt zu verhandeln ist dann ungefähr dasselbe wie das berühmte Gewehr, das man laut Tschechow nicht im ersten Akt zeigen kann, ohne es im dritten zu benutzen.


… denn Hillary Swank stört das Duo. „I am Mother“

Doch bevor es soweit ist wird das Duo zu Beginn des zweiten Akts zum Trio: Eine ebenfalls namenlose Frau (Hillary Swank) fleht verwundet um Einlass, wird von Tochter versorgt, aber von Mutter mit Argusaugen betrachtet. Fortan ist das einst idyllische Mutter-Tochter-Verhältnis gespannt und wird durch die Frau zunehmend auf die Probe gestellt. Wem Tochter vertraut und welche Folgen es für sie hat, sich zu entscheiden, ist die Frage, die Stupore geschickt ausreizt.

An die Qualität vergleichbar minimalistische Science-Fiction-Filme mit ambitionierten philosophischen Überlegungen wie „Moon“ oder „Ex Machina“ kommt „I am Mother“ zwar nicht heran, als besonders stilistisch und atmosphärisch überzeugende Variation von bekannten Motiven ist er jedoch nicht ohne Reiz.

„I am Mother“ startet am 22. August 2019 um Kino.

I am Mother • USA 2018 • Regie: Grant Stupore • Darsteller: Rose Byrne, Hillary Swank, Clara Rugaard

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