5. August 2021 1 Likes

„Das letzte Land“ – DIY-Sci-Fi Made in Germany

Ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswerter Film von Marcel Barion

Lesezeit: 3 min.

Was macht man, wenn man kein Geld hat, aber gerne einen Science-Fiction-Film drehen möchte? Man gibt auf oder man wird kreativ. Der aus Siegen stammende Kulturwissenschaftler und Filmemacher Marcel Barion entschied sich für die zweite Möglichkeit und fertigte im Lauf von gut zehn Jahren „Das letzte Land“ an. Ein Film, der seine Einschränkungen annimmt, der aus der Not eine Tugend macht, der seine Schwächen nicht immer kaschieren kann, aber am Ende durch seinen Einfallsreichtum überzeugt.

Ein Kammerspiel ist „Das letzte Land“, ein zwei Personen Stück, das praktisch ausschließlich im inneren eines abgewrackten Raumschiffes spielt. Hierhin hat sich der entkommene Sträfling Adem (Torben Föllmer) gerettet, dessen Verfolger Novak (Milan Pesl) die Gelegenheit beim Schopf packt und gemeinsam mit Adem flieht. Wohin die Reise geht, wohin sie gehen soll, das ist die existenzialistische Frage, die im Folgenden verhandelt wird.

Im Bordtagebuch entdeckt das Duo Mitteilungen der vorherigen Crew, doch so richtig schlau werden sie aus den kryptischen Nachrichten nicht. Während Adem gerne zur mythenumrankten Erde fliegen würde, will Novak lieber die Tiefen des Weltalls erforschen, dem Unbekannten entgegen.

Viele Versatzstücke von „Das letzte Land“ muten bekannt an, sind klassische Topi des Science-Fiction-Kinos, aber viel mehr noch des Legendenschatzes der Menschheit. Als wären sie auf einer schier unendlichen Odyssee wirken die beiden Passagiere, ziellos und doch mit einem Ziel vor Augen, mal hoffnungsvoll, mal dem Wahnsinn nahe. Auch an die Enge von „Das Boot“ mag man angesichts der verschwitzten, mit Motoröl verdreckten Gesichter denken.

Ja, nicht alles funktioniert, die Dialoge holpern oft, die digitale Kamera mutet bisweilen laienhaft an, aber dennoch. Nur rund 20.000 Euro hatten Marcel Barion und seine Mitstreiter zur Verfügung, größtenteils Geldspenden von Freunden oder per Crowdfunding gesammelt. In jahrelanger Arbeit entstand das Raumschiff, gebaut aus Elektronikschrott, alten Monitoren und was sich hier und da auf Dachböden oder in Kellern fand. Hübsch altmodische Computergrafiken vervollständigen den Oldschool-Charme. Trotz jahrelanger Vor- und Nachbereitung, gedreht wurde nicht wie bei vergleichbaren No Budget-Projekten über Jahre hinweg immer mal wieder, wenn Zeit ist, sondern in kurzen zwei Wochen, was sich positiv auf die Intensität des Schauspiels auswirkt. Lange wurde danach am bemerkenswerten Sounddesign gearbeitet, das gerade zum Ende für eine zunehmend dichte Atmosphäre sorgt.

Und der Erfolg gibt den Machern recht: Beim renommierten Nachwuchsfestival Max Ophüls feierte „Das letzte Land“ Premiere, lief danach bei einem guten Dutzend Festivals auf der ganzen Welt und kommt nun endlich, durch Corona verzögert, ins Kino, wo er hoffentlich ein genreaffines Publikum finden wird. Bleibt nur die Frage ob Marcel Barion in Zukunft weiter nebenbei Filme macht oder versucht ein größeres Budget zusammenzubekommen, mit all den Vor-, aber auch Nachteilen, die damit verbunden sind. So oder so ist „Das letzte Land“ ein bemerkenswert Stück Film, das zeigt was in Deutschland abseits von Filmhochschulen und öffentlicher Förderung möglich ist.

Abb.: Drop-Out Cinema eG

Das letzte Land • Deutschland 2019 • Regie: Marcel Barion • Darsteller: Torben Föllmer, Milan Pesl • Kinostart: 5. August 2021

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