6. November 2017

Ein paar Jahre zu spät

Die TV-Serie „Philip K. Dick's Electric Dreams“ kann nur bedingt überzeugen

Lesezeit: 3 min.

Nach „The Man in the High Castle“ und „Blade Runner 2049“ nun also „Philip K. Dicks Electric Dreams“, was dann wohl endgültig belegt, dass sich der legendäre, 1982 verstorbene Science-Fiction-Autor momentan großer Beliebtheit erfreut. Was nicht zuletzt daran liegt, dass die moderne Tricktechnik es inzwischen auch einer Fernsehserie ermöglicht, die visionären Ideen und Konzepte von Dick angemessen umzusetzen. Genau daran scheiterten zu Dicks Lebzeiten alle Versuche, seine seit den 50er Jahre erschienen Geschichten fürs Kino zu adaptieren. „The Minority Report“ erschien etwa schon 1956 und wurde erst 2002 von Steven Spielberg adaptiert, aus der Geschichte „We can Remember it for you Wholesale“ wurde 1990 das Verhoeven/ Schwarzenegger-Vehikel „Total Recall“ und auch bei „Do Androids Dream of Electric Sheep“ dauerte es nach Veröffentlichung des Romans 1968 14 Jahre, bis Ridley Scotts „Blade Runner“ ein neues Zeitalter des Science-Fiction-Kinos einläutete.

Nun hat sich der englische Fernsehsender Channel 4 gleich zehn von Dicks Kurzgeschichten angenommen und mit einigem Aufwand verfilmt. Ausgerechnet Channel 4 werden Kenner der Materie nun denken, denn hier begann vor ein paar Jahren die Erfolgsgeschichte der Anthologie-Reihe „Black Mirror“, die mit ihren originellen, die heutige Realität nur ein bisschen weiterdenkenden Ideen deutlich an Philip K. Dick erinnerte. Auf der Suche nach einem Nachfolger für „Black Mirror“, das inzwischen von Netflix produziert wird, kam Channel 4 also auf die naheliegende Idee, sich gleich bei Dick selbst zu bedienen.

Doch was in den 50er Jahren, als Dick die Vorlagen für die zehn Folgen der Serie schrieb, noch visionär gewirkt haben muss, ist längst überholt. Nicht von der Realität – denn Raumfahrten zu fernen Galaxien, telepathische Polizisten oder synthetische Menschen sind dann doch noch nicht Teil unserer Wirklichkeit – aber vom Genre der Science-Fiction. Egal ob in Büchern, im Kino oder in Fernsehserien: In den letzten 20, 30 Jahren arbeiteten sich so viele Autoren und Regisseure an Science-Fiction-Stoffen ab, dass es zunehmend schwer wird, eigene Akzente zu setzen. Zumal die Möglichkeiten bestimmter Ansätze mehr als beschränkt sind, gerade auch von dem Dickschen Stoff der künstlichen Wesen – egal ob man sie Replikanten, Roboter, Androiden nennt – bei dem es stets um die Frage geht, was ein künstliches Wesen von einem Menschen unterscheidet.

Genau um diese Frage dreht sich auch „The Hood Maker“, die erste Folge dieser Anthologieserie, in der es telepathische Menschen gibt, die ihrer Fähigkeiten wegen nützlich, aber auch ausgestoßen sind.

Die Folge „Crazy Diamond“ handelt wiederum von synthetischen Menschen, deren Lebenszeit begrenzt ist, was dann doch deutlich an einen recht bekannten Film erinnert, allerdings zwangsläufig auf deutlich weniger beeindruckendem visuellen Niveau erzählt wird. Gerade die Beschränkungen des Fernsehens lassen die inhaltlichen Schwächen, die Redundanzen von „Electric Dreams“ immer wieder deutlich hervortreten.

Wie es anderes geht zeigt dann die Folge „The Commuter“, die in einer Welt spielt, die von der unseren nicht zu unterscheiden ist. Hier gerät ein Bahnhofsaufseher in eine Parallelwelt, eine kleine Ortschaft, in der er eine Variation seines echten Lebens sieht. Nicht auf visuelle Reize baut diese bislang beste Episode, sondern auf eine Erzählung, die auch mit einfachen Mitteln umzusetzen ist, die es vor allem aber schafft, eine Erzählung aus den 50er Jahren in die Gegenwart zu adaptieren. Das vor allem wird nach den ersten, durchwachsenen Folgen von „Philip K. Dicks Electric Dreams“ deutlich: So visionär die Ideen von Dick einst auch gewirkt haben müssen, um sie heutzutage noch zeitgemäß zu adaptieren reicht es nicht, sie einfach nur schnörkellos zu adaptieren, erst recht nicht, wenn die Mittel fehlen, visuell wirklich zu überwältigen.

Philip K. Dicks Electric Dreams • UK 2017 • zehn Folgen, bald auf Amazon

Kommentare

Zum Verfassen von Kommentaren bitte Anmelden oder Registrieren.
Sie benötigen einen Webbrowser mit aktiviertem JavaScript um alle Features dieser Seite nutzen zu können.