„War of the Worlds“ – Der schlechteste Film des Jahres?
Eine Amazon-Neuverfilmung bekommt desolate Kritiken, aber warum eigentlich?
Eine der vielen Unsitten, die mit dem Internet enorme Verbreitung fanden, sind Bewertungen, Punkte, Sternchen, Daumen hoch/ runter, mit denen inzwischen so ziemlich alles und jedes eingeordnet wird. Im Filmbereich besonders beliebt ist die Seite rottentomatoes, bei der eine feste, rote Tomate für einen frischen, also guten Film steht, eine zermatschte für einen schlechten. Dummerweise funktioniert das Bewertungssystem der Seite binär: Gut oder schlecht, fresh oder rotten, etwas anderes gibt es nicht.
Filme, die die meisten ganz gut finden, können da schon mal mit 85% positiv bewertet sein, kontroverse Filme, die manche lieben und andere verachten aber nur bei 45% landen. Man sollte die Bewertungen also mit Vorsicht genießen, erst recht, wenn ein Film bei 0% landet, wie es einer vor ein paar Tagen bei Amazon lancierten Neuverfilmung von H.G.Wells Klassiker „War of the Worlds“ (im Shop) ging. 0% bedeutet also, niemand mag den Film, eine Wertung, die ansonsten nur manchen der direct-to-video-Reißer von Nicolas Cage widerfuhr, aber auch der Adam Sandler Klamotte „The Ridicoulos 6.“
Zugegebenermaßen gehört ein bisschen Masochismus dazu, sich genau wegen so einer schlechten Bewertung einen Film anzuschauen, aber was soll man sagen: Die 90 Minuten vergehen äußerst rasant und meist auch sehr unterhaltsam. Schon der filmische Ansatz überrascht, denn Regisseur Rich Lee, der bislang nur Musikvideos inszeniert hatte, hatte offensichtlich kaum mehr Geld zur Verfügung als das Catering-Budget bei Steven Spielbergs Version des Stoffes, und traf daher die Entscheidung, die Geschichte als Desktop-Film zu erzählen.
Ausschließlich den Monitor des IT-Spezialisten William Radford (Ice Cube) sieht man also, der zum einen Vater zweier Kinder ist, vor allem aber für die amerikanische Heimatschutzbehörde arbeitet. Als solcher hat er auf seinem Rechner Zugang zu so ziemlich allem, was das Internet und die Überwachungsmethoden der USA zu bieten haben, Methoden, die William in letzter Zeit vor allem dazu eingesetzt hat, seine Kinder zu überwachen.
Seit dem Tod seiner Frau sorgt er sich erst recht um die Sprösslinge Faith (Imam Benson) und David (Henry Hunter Hall), überwacht, wen sie treffen, was sie einkaufen etc. pp. Dass er trotz allem nicht mitbekommen hat, dass ausgerechnet David Kopf einer Hacker-Vereinigung ist, die sich gegen die maßlose Überwachung der Regierung zur Wehr setzt, ist eine von vielen inhaltlichen Löchern, die man schlucken kann oder nicht. Tut man es nicht, wird man die Geschwindigkeit, mit der William Überwachungsdrohnen bestellt, via Fernbedienung einen Tesla steuert, mit ein, zwei Klicks jede Position jeder Person feststellen kann, albern finden.
Lässt man sich jedoch auf das Konstrukt ein, kann man einen rasanten Film erleben, der dass Ausmaß und die Möglichkeiten der Überwachung ganz gewiss nicht übertreibt, sondern höchstens die Nutzung ein wenig vereinfacht. Der clevere Ansatz des Ganzen ist nun, dass draußen in der Welt gerade eine Alien-Invasion stattfindet, durchgeführt von den legendären dreibeinigen Wesen, die in dieser Version ein Ziel haben: Die Datenzentren der Menschheit. Hier zapfen sie alles über Jahrtausende angehäufte Wissen ab, dazu sämtliche Fotos, Filme und sonstige Erinnerungen der Menschheit. Und nur einer kann sie stoppen: William Radford, mit der Hilfe seiner Familie – und eines Amazon-Lieferanten samt Liefer-Drohne …
Ja, das ist einerseits schön blöd, wirkt andererseits aber auch sehr zeitgemäß, denn über kurz oder lang wird gewiss nicht nur Amazon diese und andere Methoden des Lieferns verwenden. Vielleicht waren es aber gerade Szenen wie diese, die Amazon dazu veranlasst haben, den Film jahrelang auf Eis zu legen und nun ohne viel Aufhebens ins Programm zu stellen. Schließlich ist gerade auch Amazon eine riesige Datenkrake, verdient Jeff Bezos sein Geld eher mit dem Anbieten von Speicherplatz und Rechenkapazität in der Cloud, als mit Bücherlieferungen und Prime. Nicht erst seit Bezos bizarrer Hochzeit in Venedig, einer obszönen Zurschaustellung von Reichtum, wie sie selbst Sonnenkönige kaum gewagt hätten, gibt es mehr als genug Gründe, Amazon zu boykottieren. „War of the Worlds“ gehört allerdings nicht dazu, denn bei aller unfreiwilligen Komik, überzeugt Rich Lees Film durch mehr Originalität als so mancher große, teure Hollywood-Film.
War of the Worlds • USA 2025 • Regie: Rich Lee • Darsteller: Ice Cube, Eva Longoria, Michael O’Neill • jetzt bei Amazon Prime
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