18. Januar 2021

„Outside the Wire“ - Von allem etwas, trotzdem nichts

Netflix-Fastfood der Woche: Bereits vergessen, bevor der Abspann kommt

Lesezeit: 3 min.

Netflix wird immer ja immer wieder gerne vorgeworfen, dass die Eigenproduktionen in Wahrheit von Algorithmen fabriziert werden. Das klingt vielleicht abstrus, aber wenn man sich einen Film wie „Outside the Wire“ anschaut, dann beschleicht einen durchaus das Gefühl, dass es sich vielleicht dann doch mal um eine Verschwörungstheorie handelt, an der zumindest ein wenig was dran ist.

Der Plot geht so: Dronenpilot Harp (Damson Idris) hält sich nicht an den Befehl eines Vorgesetzten und tötet bei einem Einsatz zwei Marines um 38 weitere zu retten. Zur Strafe wird der Mann, der noch nie an realem Kampfgeschehen beteiligt war, an die Front, sprich an eine Militärbasis in der Ukraine, geschickt, wo er zusammen mit Captain Leo (Anthony Mackie) den pro-russischen Terroristen Victor Koval (Pilou Asbæk) und seine Handlanger davon abhalten soll, sich Nuklearraketen unter den Nagel zu reißen. Die Überraschung ist groß, als klar wird, dass es sich bei Leo um einen technisch hoch entwickelten Super-Soldaten aus dem Labor stammt. Ganz geheuer ist Harp das nicht, aber für Zweifel bleibt keine Zeit…

Theoretisch hätte man das Storygerüst für einen Kommentar zur technisierten Kriegsführung nutzen können. Oder zumindest für gradlinige, zackige Bierdosen-Unterhaltung mit ordentlich Bumms. Aber nichts davon ist es geworden. Stattdessen: Ein bisschen „Training Day“ (2001), ein bisschen „Eagle Eye“ (2008), ein bisschen „Ex Machina“ (2014) und ordentlich „Terminator“ (1984 - 2019). Man hat praktisch in jeder Sekunde das Gefühl, dass man wirklich alles in viel besser von woanders kennt. Zudem: Für einen Film, der irgendwo tief in seinem Inneren wohl „kritisch“ sein will (zumindest deuten das diverse vor Plattitüden triefenden Dialoge an), suhlt sich Regisseur Mikael Håfströn („Escape Plan“, 2013) viel zu arg in seinen nach Fahrplan losrumpelnden Actionszenen.


Damson Idris und Emily Beecham wundern sich nicht schlecht: In was sind wir da reingeraten?

Für kurzweilige Genreunterhaltung hat der 115 Minuten lange, kostengünstig in Budapest gedrehte Film aber viel zu viel Leerlauf: Die Buddy-Komponente zwischen Harp und Leo zündet nie, beide Darsteller bemühen sich zwar ihre schwach geschriebenen Rollen auszufüllen, es entsteht aber keine Verbindung, und die Konflikte der Charaktere und überraschenden Wendungen der Geschichte wirken, als ob man halt „Konflikte“ und „überraschende Wendungen“ reingeschrieben hat, damit die Geschichte „Konflikte“ und „überraschende Wendungen“ hat. Nichts hat davon eine größere Bedeutung oder gar Nachwirkung. Alles tröpfelt halt so vorbei.

Die seltsame Leblosigkeit setzt sich bei den Actionszenen fort. Man kann Regisseur Mikael Håfströn zwar kaum vorwerfen, dass er es nicht ordentlich krachen lässt und Mackie empfiehlt sich einmal mehr als Mann fürs Grobe, aber die durch einen viel zu dominanten Farbfilter gejagten Szenen sind viel zu distanziert und phasenweise zu unübersichtlich eingefangen um mitzureißen, und oft beschleicht einen das Gefühl, man guckt einem Gameplay-Video zu.

„Outside the Wire“ ist noch nicht mal ein im klassischen Sinne schlechter Film, man kann sich gar nicht richtig aufregen, er ist irgendwie einfach … da.

„Outside the Wire“ ist seit dem 15.01.2021 im auf Netflix abrufbar.

Outside the Wire (USA 2021) • Regie: Mikael Håfströn • Darsteller: Anthony Mackie, Damson Idris, Emily Beecham, Michael Kelly, Pilou Asbæk

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