„Severence, Staffel 2“ – Never change a winning team
Die Erfolgsserie wird fortgesetzt, ohne dabei neue Wege einzuschlagen
Kaum eine Serie der letzten Jahre wurde mit so viel Begeisterung aufgenommen wie „Severance“ (Apple TV+), eine an die extremen Konzepte von „Black Mirror“ erinnernde Reihe, die nun, nach fast drei Jahren Pause, fortgesetzt wird. Die Begeisterung hatte sicher auch mit dem Timing zu tun, denn als die erste Staffel Anfang 2022 anlief, befand sich die Welt noch mitten in der Corona-Pandemie, die Trennung Arbeit und Privatleben war durch den notwendigen Trend zum Home-Office praktisch aufgelöst, dazu kam eine ohnehin immer drängender werdende Kritik an den Strukturen des Kapitalismus.
Die kühle, minimalistische Bürowelt, in der weite Teile der Serie spielte, trug schließlich ihr übriges zu einer stilbildenden Serie bei, die allerdings schon im Laufe der ersten Staffel nicht ganz verhehlen konnte, dass sie auf eines der typischen Probleme einer Serie dieser Art entgegenläuft: So mysteriös, rätselhaft und gerade dadurch (zumindest lange Zeit) faszinierend wirkt das extreme Erzählkonstrukt, dass eine Auflösung dieses Konstrukts fast zwangsläufig enttäuschen muss.
Die Fans von „Lost“ – um nur ein Beispiel zu nennen – können ein Lied davon singen, wie es ihnen in den letzten ein, zwei Staffeln und besonders beim Finale ging, als viele Fäden unaufgelöst blieben, was in den Augen vieler ebenso unbefriedigend wirkte wie andererseits die klare Auflösung der Grundidee.
Angesichts der enormen Kosten von „Severance“, die Rede war von einem Budget von 20 Millionen Dollar – pro Folge (!) –, was Ben Stiller, Co-Produzent und Regisseur von fünf der zehn neuen Folgen allerdings ins Reich der Mythen zurückweist, kann man sich schwerlich vorstellen, dass Apple die Serie endlos auswälzen wird. Sollte allerdings der Erfolg groß bleiben, wäre dann doch zu befürchten, dass man ein Konzept möglichst lange am Leben erhalten will, dem es vielleicht besser getan hätte, wenn man es auf zwei, vielleicht sogar nur eine Staffel beschränkt.
Die zweite Staffel jedenfalls beginnt ein paar Monate nach dem Eklat zum Ende der ersten: An deren Ende war die Trennung zwischen Innies und Outies, zwischen Innen und Außen, zwischen Arbeit und Freizeit, auf gewaltsame Weise aufgebrochen worden, so dass die jeweiligen Inkarnationen in Kontakt miteinander kamen. Dieses Problem wurde gelöst, Innen und Außen sind wieder getrennt und unsere vier Helden – Mark S. (Adam Scott), Helly (Britt Lower), Irving (John Turturro) und Dylan (Zach Cherry) – sind wieder zurück im Gebäude des Lumon Unternehmens und tippen seltsame Zahlenreihen in den Computer ein. Doch ihre Revolte ist nicht ohne Folgen geblieben: Ihr Supervisor Seth Milchick (Tramell Tillman) verspricht Änderungen in der Unternehmenskultur, die Wünsche der Angestellten sollen berücksichtigt werden, die Kritik scheint Früchte zu tragen.
Wenn sich das aus der modernen Unternehmenswelt bekannt anhört ist das natürlich kein Zufall. Einige der stärksten Momente von „Severance“ sind genau solche Momente, in denen der Struktur des modernen Kapitalismus ein satirischer Spiegel vorgehalten wird, die Entmenschlichung von Bürojobs gezeigt wird, die hohlen Anreize, mit denen Angestellte bei Laune gehalten werden und vor allem ja nicht den Sinn und Zweck ihrer Arbeit hinterfragen sollen.
Hinzu kommen die moralischen Fragen des Ausgangskonzeptes, die Trennung von Innies und Outies, die zwar freiwillig erfolgt, aber ohne wirklich über die Konsequenzen informiert zu sein. Wie diese Aspekte nun zusammengeführt und irgendwann aufgelöst werdem ist die Frage, vor der Showrunner Dan Erickson steht. Sich nur auf das stilistisch und atmosphärisch immer noch beeindruckende Konzept zu verlassen, wird auf Dauer nicht funktionieren, man darf hoffen, dass Erickson ein überzeugendes Finale im Kopf hat, am liebsten in nicht allzu ferner Serienzukunft.
Severance • USA 2025 • Showrunner: Dan Erickson • Darsteller: Adam Scott, Britt Lower, John Turturro, Zach Cherry • Apple TV+ • zehn Folgen, jeden Freitag eine neue bis Mitte März
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