25. Januar 2021 2 Likes 1

„Star Trek: Lower Decks“ - Nicht Fisch, nicht Fleisch

Sehr mäßiger Zeichentrick-Ableger ohne eigenes Profil

Lesezeit: 3 min.

Es hätte so schön sein können. Auch wenn „Star Trek“ hier und da humorige Töne anschlägt, ist doch überwiegend religiöser Ernst angesagt, was dem Franchise nicht immer gut zu Gesicht steht. Diesen mal so richtig aufzuknacken, das gab’s noch nie. Nicht nur, das dazu – nach einem glücklosen Versuch von 1973 – überraschenderweise wieder das Zeichentrickfilm-Format bemüht wurde, es wurde zudem ein Autor angeheuert, der vor allem für sein Mitwirken bei „Rick & Morty“ (ab 2013) bekannt ist, dem heiligen Gral der letzten Jahre, wenn es um hyperkreativen Zeichentrick-Irrwitz geht. Zudem ist die Grundidee prima: Erzählt wird dieses Mal nicht, wie ranghohe Alleskönner große Probleme lösen, „Star Trek: Lower Decks“ widmet sich den rangniedrigsten Dienstgraden an Bord der USS Cerritos, einem der unwichtigsten Raumschiffe der Sternenflotte. Den Leuten, die vor allem damit beschäftigt sind, Konferenzräume zu säubern, technische Mängel zu beheben oder anderen Kleinkram zu erledigen, für den sich „die da oben“ zu fein sind. Wenn man mal an wichtigen Missionen beteiligt wird, dann nur zufällig oder unfreiwillig. Im Mittelpunkt stehen dabei die rebellische Beckett Mariner, der ambitionierte, aber tollpatschige Brad Boimler, die neue Mitarbeiterin der Krankenstation D’Vana Tandi und der Ingenieur Samanthan Rutherford, dem neulich Cyborg-Implantate eingepflanzt worden sind. Das Quartett steht unter der Fuchtel von Capitain Carol Freeman, der Mutter von Mariner (was beide aber versuchen zu verheimlichen).

Das Geschehen ist dabei dezidiert keine Satire oder Parodie, sondern ausdrücklich Teil des Kanons, die Serie spielt im Jahr 2380, eine Dekade nach „Das nächste Jahrhundert“ (1987 – 1994) und vor „Picard“ (seit 2020) – was irgendwie aber auch das Problem ist. Sicher, es gibt, was bereits vom Start weg klar gemacht wird, Star-Trek-untypische, gelegentlich recht derbe Gewalt und hier und da Anzüglichkeiten (drei der Folgen wurden tatsächlich ab 16 Jahren freigegeben, was die FSK einmal mehr absolut lächerlich aussehen lässt), aber nicht drüber hinwegtäuschen kann, dass der Trickfilmserie die Franchise-Ehrfurcht in den Knochen steckt. Das äußert sich nicht nur in erwartbare Zwinker-Zwinker-Insider („Hast Du von Spock gehört?“) und keinerlei Respektlosigkeiten gegenüber der heiligen Kuh, sondern auch darin, dass sich die halbstündigen Episoden recht klassisch anfühlen. So rettet die schlagkräftige Pragmatikerin Mariner im besten Captain-Kirk-Modus den unbedarften bis trotteligen Boimler aus allerhand, meist von diesem überhaupt erst los getretenen Situationen, was mit viel Hektik und Radau verbunden ist. Man hat das Gefühl, man guckt 10 Mini-Blockbuster.

Am besten ist „Lower Decks“ immer, wenn gar nichts passiert, in den kleinen Momenten, wenn Boimler etwa seine Strahlenwaffen benutzt, um Graffiti an der Weltraum-Wand wegzumachen. Da schwebt eine leise Ahnung hervor, was für ein herrlich subversiver Spaß das Ganze hätte werden können. Erschwerend kommt noch dazu, dass nicht nur die Konstellation Mariner/Boimler Erinnerungen an Leela/Fry, sondern überhaupt der ganze visuelle Stil an „Futurama“ erinnert, wobei man bei letzterem Aspekt natürlich ebenso „Rick & Morty“ heranziehen kann – es wehen im Hintergrund jedenfalls permanent übergroße Vorbilder, die den „Star Trek“-Ableger ganz schön klein aussehen lassen. Anderseits muss man attestieren, dass „Lower Decks“ im Vergleich zur mittlerweile völlig runtergewirtschafteten Realfilmreihe zumindest wie netter Kurzweil wirkt. Wie hatte es 007 in „Spectre“ (2015) so schön auf den Punkt gebracht: „Tja, alles eine Frage der Perspektive!“

„Star Trek: Lower Decks“ ist seit dem 22.01.2021 im auf Amazon Prime abrufbar.

Star Trek: Lower Decks (USA 2020) • Showrunner: Mike McMahan • Sprecher (im Original): Tawney Newsome, Jack Quaid, Dawnn Lewis, Jerry O’Connell, Noël Wells, Fred Tatasciore

Kommentare

Bild des Benutzers soziophob1

Richtiger Kritikerfail! Haha . Selten soviel Herz und Spass gehabt mit Star Trek, seit dem die 90er vorbei sind. Es ist weder Fisch noch Fleisch, weil es geiler Marinierter Tofu ist!

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