Zombie-Eskalation mit Witz

Seit 2017 müssen Sheila Hammond (Drew Barrymore aus „Roller Girl“), ihr Mann Joel (Timothy Olyphant aus „Justified“) und ihre Tochter Abby (Liv Hewson) in der Netflix-Serie „Santa Clarita Diet“ damit klarkommen, dass Sheila durch verpestete Muscheln in einen Zombie verwandelt wurde und seither Menschenfleisch als Nahrung braucht – damit, dass die Ehefrau und Mutter auf menschliche Innereien abfährt, bei einer besonders schönen Halsmuskulatur zu sabbern anfängt und alte Milchzähne wie schlechte Erdnüsse in sich reinschaufelt. Mit dem Beginn von Staffel drei, die seit 29. März auf Netflix zum Streamen bereitsteht, ist in der Geschichte nun rund ein Monat seit Sheilas Verwandlung vergangen, und die Dinge im sonnigen Santa Clarita eskalieren fröhlich weiter.

Sheila und Joel jagen (mit toller Chemie zwischen Barrymore und Olyphant) Nazis und Sexisten, um die Kühltruhe zu füllen. Doch auch sie werden gejagt: Von Geheimdienstlern aus Serbien, dem Ursprungsland der aus dem Mittelalter stammenden Zombie-Infektion, und von einem genauso lange existierenden Ritterorden, dessen Mitglieder Untote zur Strecke bringen. Im strahlenden Santa Clarita vertritt der ehemalige Scharfschütze Tommy (Ethan Suplee aus „My Name Is Earl“), der mit seiner Armbrust aus fünf Metern Entfernung eine Motte trifft, den Orden. Wie viel angenehmer ist es da, von einer Polizistin als Göttin verehrt zu werden, obwohl selbst das zu neuem Ärger für Sheila und Joel führt. Und auch Abby hat Probleme: Ihre Beziehung zu ihrem (mindestens!) besten Freund Eric (Skyler Gisondo) von nebenan wird immer komplizierter. Außerdem nimmt das FBI die Teenager ins Visier, die in Season zwei mit C4 eine Fracking-Anlage in die Luft gejagt haben. So viel Aufmerksamkeit der Behörden ist irgendwie unpraktisch, wenn die Eltern routinemäßig Menschen killen und im heimischen Keller ein vor sich hin verwesender Zombie-Kopf mit Headset und Alexa die neu gegründete Immobilienmaklerfirma schmeißt. Darüber hinaus sorgt die Frage, ob Sheila Joel zu einem Untoten und somit einem Unsterblichen an ihrer Seite machen soll, für Spannungen zwischen den Eheleuten, die so dringend als Team funktionieren müssen. Durch gute Taten, die selten ungesühnt bleiben, und schlechte Entscheidungen, die zuhauf getroffen werden, rückt indes der Gedanke an eine gute, altmodische Zombie-Epidemie in Reichweite …

„Santa Clarita Diet“ stellt auch in der dritten Staffel ein gutes Verhältnis von Comedy und Drama – von Spaß und Splatter sowie von Horror und Krimi – zur Schau. Zehn Folgen, die nie über 25 Minuten kommen, erweisen sich erneut als genau die richtige Dosis, um den Zombie-Fun der etwas anderen Art locker zu bingen und Episode für Episode zu genießen. Das Overacating und selbst die noch übertriebenere deutsche Synchro sind inzwischen zu so etwas wie dem Duktus, wenn nicht sogar dem Markenzeichen der Serie von Erfinder Victor Fresco geworden. Ohne würde einem wahrscheinlich etwas fehlen, würde der Mix längst nicht so gut reingehen. Durch die überzogene Inszenierung im Klischeehaften wie im Krassen sticht „Santa Clarita Diet“, ohnehin und von Anfang an nie die finstere Zombie-Nummer nach Genre-Standard, einfach hervor. Zumal die Macher ihre Spirale aus Eskalation gut im Griff haben und nimmermüde mit Wendungen und Problemen für die Hammonds füttern. Da kann man als Serien-Aficionado gar nicht anders, als weiter zu schauen und den nächsten Holy Shit!-Twist zu suchen. Obwohl auch die vielen kleinen, schrägen Momente von „Santa Clarita Diet“ erheblich dazu beitragen, so mit den Figuren mitzufiebern.

Zombie-Stoffe im Fernsehen müssen postapokalyptisch-düster sein und dürfen keinen Spaß machen? Netflix’ „Santa Clarita Diet“ beweist seit drei Staffeln das Gegenteil und ist weiterhin urkomische, erzsympathische Zombie-Kost, die gekonnt moderne Premiumserien-Gesetzte anwendet – und damit das erfrischendste und unterhaltsamste Gammelfleisch im TV.

Abbildungen: © Saeed Adyani / Netflix

Santa Clarita Diet – Staffel 3 • (USA/2019) • Regie: Marc Buckland, Rebecca Asher u. a. • Drehbuch: Victor Fresco, Melissa Hunter u. a. • Darsteller: Drew Barrymore, Timothy Olyphant, Liv Hewson, Skyler Gisondo, Ethan Suplee, Mary Elizabeth Ellis • Laufzeit: 10 Episoden mit je ca. 25 Min.