1. Juni 2016 1 Likes

The King Is Back!

id Softwares „DOOM“ im Kreuzfeuer

Lesezeit: 6 min.

1993 sollte ein großes, „erwachsenes“ Jahr der Videospielgeschichte werden. Neben LucasArts’ Klassiker „Day Of The Tentacle“ (welches erst im März diesen Jahres als Remaster für diverse Plattformen erschien) erblickte auch Nintendos Fox McCloud in „Star Fox“ für das Super Nintendo Entertainment System (SNES) das Licht der Welt. „Mortal Kombat II“ tauchte in den Spielhallen auf und sorgte im Alleingang dafür, dass eine Altersbeschränkung für Gaming in den USA eingeführt wurde. Und im Dezember 1993 kam dann natürlich noch „Doom“ auf den Markt. Ein Spiel, das wie keines seiner Art die Industrie nachhaltig verändern und beeinflussen sollte.

Was id Software in „Wolfenstein 3D“ bereits zu Ruhm verholfen hatte, wurde hier auf die Spitze getrieben: Schnelles Gameplay, exzessive Gewalt, große Waffen – „Spaß“ für den erwachsenen Spieler also. Und alles aus der „Sicht“ des Spielers! Ebenfalls in der Form maßgebend, ein Ausdruck, der heute für jeden Gamer selbstverständlich geworden ist: das Deathmatch! Ein lokaler Multiplayer in dem es nur darum ging, die Freunde links und rechts digital in Stücke zu reißen. Mit ihnen Spaß zu haben und zu zeigen, wer der Beste ist. Und dass id Software immer noch zu den Besten in ihrem Bereich gehören, das zeigen sie uns nun mit dem neuen „DOOM“, seit dem 13. Mai 2016 für den PC, XBox One und Playstation 4 erhältlich.

2004 hatte „Doom 3“ den Schwerpunkt auf Horror und sogenannte Jump-Scares gelegt, inklusive einem minimalistischen Versuch von Story und Plot. Das alles lässt das neue „DOOM“ links liegen und legt wörtlich ab Sekunde 30 gewaltig los. Heavy Metal-Geschrabbel dröhnt aus den Boxen, der Spieler erwacht aus einem langen Schlaf im Steinsarkophag und tötet sofort die ersten Gegner. Lange, filmreife Intros und langsame Einführung in die Spielwelt sucht man hier vergeblich. Das Spiel packt einen von der ersten Minute und legt die Stimmung fest. Es wird wieder auf altbewährtes Blitz-Gameplay gesetzt. Ich verspüre etwas, was ich lange nicht mehr bei einem Spiel hatte: Purer, ungezügelter Spielspaß!

Sofort stellt sich das „oldschoolige“ Egoshooter Feeling von „Doom II“ oder „Quake“ ein. Finde blaue, gelbe oder rote Keycards um voranzuschreiten, entdecke zahlreiche Secrets, metzle dich mit stets neuen Waffen durch gewaltige Gegnerhorden, die von Welle zu Welle schwieriger werden und das alles ohne eine gefühlte Atempause. Kurz vor dem Tode stehende Gegner lassen sich per Knopfdruck per Glory Kill in Jenseits befördern. Dies artet dann in einer kurzen, äußerst gewaltätigen Sequenz aus, in der der Spieler auf diverse Arten die Dämonen zerreißt. Dies bringt dem Spieler dringend benötigte neue Lebensenergie. Kein dunkel werdender Bildschirm und Hide-And-Cover-System mit sich erneuernder Lebensenergie. Nur die gute alte Lebensanzeige. Und spätestens wenn dann der Heavy Metal dröhnt und die kreischenden, Feuerbälle werfenden Imps und Hellknights auf Konfrontationskurs sind, weiß man: Das wird ein Fest von einem Fiebertraum!

Was sich auf dem Papier nach einem öden Wiederholungstäter anhört, weiß in der Realität konstant über seine 15-stündige Kampagne zu unterhalten. Neben auftrumpfenden neuen Gegnertypen und wechselnder Kulisse, sind es vor allem die verschiedenen Waffen und Waffenmods, die für Abwechslung sorgen. So schaltet der Spieler nach und nach für ergatterte Waffen bei Felddrohnen (fliegende robotische Helferlein) neue Waffenmods frei. Jedes der acht Schießeisen bietet zwei Modifikationen an. Die Combatshotgun gibt als Spezialfunktion beispielsweise eine Dreiersalve ab oder feuert eine Granate in die Menge. Ein und dieselbe Waffe fühlt und spielt sich mit Modifikation A unter Umständen gänzlich anders als mit Modifikation B. Hier sollte also jeder Spieler sein passendes Arsenal finden. Neben den acht Waffen hält das Spiel aber noch die Kettensäge und als Fanliebling und Serienveteranen bekannte BFG (Big Fu**ing Gun!) bereit. Säge und BFG sind aber eher Mittel zum Zweck und Retter in misslichen Lagen. Verschwenderisch damit umgehen ist nicht zu empfehlen, da Munition für beide spärlich gesät ist. Die diversen Waffenupgrades müssen übrigens erst in den brilliant designten Levels gefunden werden.

Ebenfalls versteckt halten sich Rüstungsupgrades, die für mehr Lebensenergie, Schild oder Munition sorgen. Weiterhin gibt es noch DOOM-Sammelfiguren zu finden (die dem Spieler weitere Waffenupgradepunkte verschaffen) und Classic-Doom-Levels! Letztere sind in jeder Mission versteckt und müssen per Hebel aktiviert werden – der ebenfalls erstmal gefunden werden will. Diese Eastereggs sind dann kleine Abschnitte, die geradewegs aus dem klassischen „Doom“ von 1993 genommen wurden, samt Pixelgrafik. Jede Mission schwimmt förmlich in Secrets, die überall zu finden und auf der Map einzusehen sind. Für Geschichtspuristen gibt es ebenfalls noch Datalogs, die die spärliche Story umschreiben und erweitern. Ergänzt wird dies alles noch durch weitere „Challenges“, die in jeder Mission erfüllt werden können, für optionale Waffenupgradepunkte, wie das Töten dreier bestimmter Gegner mit nur einem Schuss. Neben Mapchallenges bietet „DOOM“ zusätzlich noch Runenprüfungen an. Zwölf versteckte Runen gibt es, welche allesamt mit haarsträubenden Minilevels aufwarten. Sind diese gemeistert, so erhält der Spieler eine jener Runen, die dann Vorteile mit sich bringen, wie erhöhtes Munitionsaufkommen oder schnellere Glory Kills. Dass hier Veteranen am Werk sind, die Ahnung von ihrem Geschäft haben, spürt man in jeder Zeile des Programmcodes. Von solchem Charme kann eine 6-stündige „Call Of Duty“-Kampagne nur träumen.

Ergänzend zur Kampagne kommen noch der Snapmap-Editor und der Multiplayer-Part hinzu. Ersteres ist ein äußerst simpel zu handhabender Karteneditor, der bei richtiger Handhabung gewaltige Möglichkeiten bietet. Bereits jetzt finden sich im Netz zahllose Spielmodi und Karten, die von Spielern auf der ganzen Welt in Windeseile entworfen wurden und so manchen professionellen Entwickler in ein schlechtes Licht rücken könnten.

Der Multiplayer-Part konzentriert sich auf bislang sechs Modi, welche später kostenlos um weitere ergänzt werden sollen. So tummeln sich Spieler neben dem altbewährten Team-Deathmatch in den Modi Seelenernte, Clan Arena, Freezetag, Domination und Kriegspfad. Die ersten drei sind Abwandlungen des Deathmatches wobei die letzteren beiden jeweils modifizierte Varianten des „King Of The Hill“-Systems sind, in dem Spieler bestimmte Punkte auf der Karte verteidigen müssen. Einzig Freezetag ist ein neuer Modus, in dem außer Gefecht gesetzte Spieler nicht sofort sterben, sondern „eingefroren“ auf dem Spielfeld stehen bleiben und von Mitstreitern „aufgetaut“ werden können und wieder am Spiel teilnehmen. Der Modus findet sein Ende, wenn alle Spieler eines Teams eingefroren sind.

Alle Mutiplayer-Modi werden durch Hackmodule ergänzt, welche einmalig einlösbare Items sind, die dem Spieler minimale Vorteile verschaffen, wie das Kennzeichnen des Spielers, der einen zuletzt zu Fall gebracht hat. Weiterhin erscheinen in jedem Modus nach kurzer Zeit Dämonenrunen, welche bei Ergatterung den Spieler in einen frei wählbaren Dämonenfiesling verwandeln, mit einzigartigen Angriffen und deutlich erhöhter Lebensenergie. Neue Dämonen werden nach und nach per Erfahrungslevel freigespielt, das gilt auch für neue Waffen und neue Hackmodule. Jeder der einmal „Unreal Tournament“ oder „Quake Arena“ gespielt hat dürfte sich beim „DOOM“-Multiplayer sofort Zuhause fühlen. Ein Seasonpass mit neuen Maps, Waffen und Dämonen wurde ebenfalls schon angekündigt. Der Singleplayer geht dabei leer aus.

„DOOM“ und id Software zeigen mit dem neuen Titel, dass auch Altgedientes noch immer eine Daseinsberechtigung hat – und gerade ohne filmreife Inszenierung oder langatmigen Thematisierungen einfach nur das bietet, was Videospiele bieten sollten: Unterhaltung und Spielfreude in ihrer reinsten Form. Da bleibt nur zu sagen: All hail to the king!

DOOM • id Software • Action/Egoshooter • PC, Xbox One, Playstation 4

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