3. Mai 2021

„Orwell’s Animal Farm“: Spielbarer Animalismus

Kurztest: Eine Adaption, die uns teils ungeahnte Wege einschlagen lässt

Lesezeit: 3 min.

Nanu, wieso kommt der Test denn erst so spät, mögen sich manche besonders aufmerksame Leserinnen und Leser unserer Zukunft vielleicht fragen. Schließlich berichteten wir bereits letzten August erstmals über die Spieleumsetzung zu Orwells legendärer Tierdystopie, die ja auch tatsächlich wie gemeldet digital Ende 2020 für PC und auch Mobile herauskam. Der Grund ist simpel: Ein bisschen hatten wir eben doch auf Releases für weitere Plattformen (also Konsole) spekuliert, um das Spiel gleich einer breiteren Interessentengruppe vorstellen zu können. Das ist leider bis dato nicht der Fall, sodass wir nun im Test der PC-Fassung klären, ob sich der Kauf für aktuell rund 10 Euro (PC) oder gar schon unter 5 Euro (IOS/Android) lohnt.

Im Kern ist Orwell’s Animal Farm des vor allem für Reigns bekannten Studios Nerial ein simples Adventure mit starkem Texteinschlag, das nur auf wenige, extrem reduzierte Spielmechaniken wie die Verwaltung von Ressourcen oder die Verteilung von Aufgaben an die Tiere auskommt und daher schon auf dieser Basis dem Erlebnis einer Lektüre recht ähnelt. Erzählerisch orientiert sich der Titel naturgemäß an Orwells Parabel und vereint somit die Charaktere aus der Vorlage, schlägt jedoch an gleich mehreren Stellen kleinere thematische Bögen zu unserer Gegenwart und weicht damit zuweilen von der Vorlage ab.

Aus dieser Prämisse zieht das Spiel durchaus Gewinn, denn es lässt uns mithilfe der im Verlauf ständig zu treffenden Mikroentscheidungen die Wahl, ob wir beispielsweise das Schicksal markanter Figuren (wie etwa Boxer) verändern. So lassen sich auch dem von Orwell kritisierten Totalitarismus mitsamt seiner korrupten Brutalität einige im Vergleich zum Buch eigenständige Facetten abringen. Wer also, bezogen auf eines der Leitmotive von Orwells Buch, konkret gleicher ist als andere, bestimmen wir in Animal Farm auch selbst aktiv mit – verschiedene Endsequenzen inklusive. Zu viel sollte man aber erzählerisch dennoch nicht erwarten.

Ein solcher Rahmen müsste ja eigentlich ein wunderbares Spiel ergeben, doch leider kann speziell das Gameplay nicht darüber hinwegtäuschen, wie unspektakulär und mechanisch Animal Farm letztlich abläuft. Die Grafik beschränkt sich auf einige stets wiederkehrende, wenn auch sehr schön gemalte Standbilder von der Farm, der Scheune oder dem Feld, wobei uns die famose Erzählerstimme von Abubakar Salim durch den Plot bzw. die wechselnden Jahreszeiten trägt. Die Tiere selbst bleiben konsequenterweise ohne Sprecher, sodass wir den Dialogen in Comicblasen folgen. Ständig müssen kleinere Auswahlen getroffen werden, bei denen es etwa darum geht, zu einer Ankündigung der Schweine entweder Zustimmung, Kritik oder eine Warnung zu äußern, indem wir einfach mittels Cursor ein entsprechendes Tier anwählen. Selbiges funktioniert auch bei der Auswahl der Arbeiten an der Farm oder der Verteidigung vor den Farmern, allerdings wird auch das aufgrund des sich schnell ziemlich exakt wiederholenden Ablaufs zur recht faden Dauerschleife.

Oft ist auch nicht klar, welche Auswirkungen es nun hat, sich für einen Befehl Napoleons, eine Zustimmung der Schafe oder die Arbeit an der Scheune durch die Kühe zu entscheiden. Das trägt zwar zur Härte gerade einiger Todesfälle bei, wirkt aber aufgrund der Standbildanimationen kaum emotional und spielerisch mitreißend. Schon nach gut zwei Stunden ist ein Durchgang vorbei und man fragt sich spätestens nach dem zweiten Anlauf, ob sich noch weitere Runden wirklich lohnen – man hat schließlich längst alles gesehen und die Mechanik wird nicht anspruchsvoller oder zumindest nachvollziehbarer.

Richtig gut gefallen jedoch neben der (englischen) Erzählerstimme die solide deutsche Übersetzung und der feine Orchestersoundtrack, der die malerischen Kulissen zu kleinen Kunstwerken aufblühen lässt. Hätte sich Nerial etwas mehr Mühe bei der Vielfalt an Schauplätzen gegeben und ein tiefgründigeres Ressourcen- und Dialogsystem implementiert, wäre eine wirklich empfehlenswerte Adaption herausgekommen. So bleibt es bei einem allzu kurzen Vergnügen ohne jeden Anspruch.

Fazit

Gute Ansätze, aber ein zu seichtes Gameplay sowie der doch etwas zu sterile Ablauf halten Animal Farm im mittelmäßigen Spielspaßbereich

Orwells Animal Farm • Nerial • Story-Adventure • PC/Mobile (IOS/Android)

Abb. © The Dairymen

 

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