8. Juni 2021 2 Likes

„Resident Evil: Village“: Zwei Schritte zur Seite, kleine Intervalle zurück

Zombies adé, Werwölfe juchhe!

Lesezeit: 5 min.

Tote Männlein, Gedanken steuernde Würmer, aggressiver Schimmel, und jetzt auch noch mit Reißzähnen bewehrte Zweibeiner – mit und ohne Pelz – mit fester Kamera, im konstanten Voyeurmodus über die Schulter blickend, oder in perverser „Maniac“-Manier durch die eigenen Augen sehend … Die Krone des Survivalhorrors hat schon etliche Iterationen durchgemacht und nach über 25 Jahren beinahe alle gängigen Klischees abgearbeitet. Und doch versucht „Resident Evil“ immer noch zu zeigen, dass der Saft in ihm steckt, dass das Blut immer noch kocht. Und nach dem schaurig schönen, bahnbrechenden „Resident Evil VII: Biohazard“, kehrt der einstige Zombie-Runner mit „Resident Evil: Village“ (die Ziffer 8 ist im VILLage versteckt) mit einem zugleich für die Reihe unverbrauchten und doch nostalgischen Setting zurück. Und bietet ein wohlig-spannendes „Best of“ der letzten Jahrzehnte.


In „Resident Evil: Village“ erwarten uns immer wieder schaurig modellierte Abschnitte

Spieler zwängen sich erneut in die Haut des steifen und blassen Ethan Winters, seinerseits Protagonist des 7. Teils, und folgen dessen Eskapaden durch die im letzten Teil etablierte First-Person-Ansicht. Nachdem Ethan innerhalb einer Nacht mit der Baker-Familie zum weltweiten Experten für Schimmelbefall wurde und seine Frau, Mia, retten konnte, hat er sich seinen Urlaub und nicht-ganz-Ruhestand in einem kleinen Städtchen in Osteuropa verdient. Dort verbringt er, nach scheinbarem Militärtraining zwischen Teilen 7 und 8, mit Mia und Rose, der kleinen Babytochter, seine ruhigen Tage. Die dann natürlich ausgerechnet von „Resident Evil“-Veteran Chris Redfield unterbrochen werden, der Ethans Haus stürmt und Tochter Rose entführt – und somit für weiteres Chaos sorgt. Ethan wird mit verschleppt und findet sich schnurstracks im verwunschenen namenlosen Dörfchen in den Bergen wieder, das im Schatten des Dimitrescu-Schlosses liegt, das selbst Bram Stoker nicht treffender hätte entwerfen können. Das Dorf mit den vielen verwinkelten Gassen, abgesperrten Häusern und mit Schlüsseln zu öffnenden Gittern, erinnert sofort wohlig an „Resident Evil 4“, während die folgende Belagerung durch die Schießbudengegner, hier in Form zotteliger Werwölfe, Erinnerungen an den fünften Teil weckt.


Hier versammeln sich die vier Lords und Mutter Miranda, um über Ethans Schicksal zu entscheiden

Im Sauseschritt wird Ethan jedoch ins Schloss geschafft, wo die großen Antagonisten um die ominöse Mutter Miranda vorgestellt werden, die kultgleich die transsylvanisch-transzendierende Gegend im Griff haben. Da wären neben der drei Meter großen Vampir-Lady Dimitrescu noch der bucklig-missgestaltete Moreau, die in Porzellanpuppengestalt auftretende Beneviento und der schaulustig verschrobene Heisenberg. Diese vier Lords müssen im Verlauf des Spiels nach und nach aus dem Weg geschafft werden in vier größeren Kartenabschnitten, die sich spielerisch wie optisch stark unterscheiden. Allerdings gibt es auch zahlreiche Minibosse, wie die ebenfalls stark an Stoker erinnernden Vampir-Geschwister, Töchter von Lady Dimitrescu. Und was die meisten Fans vermutlich etwas unerwartet treffen wird, ist, dass das Schloss, welches häufig so präsent in den Trailern zu sehen war, nur einer der vier Hauptbereiche ist, und nur einen kleinen Teil des Spiels ausmacht. Das Dorf ist jedoch der zentrale Hub, an den es die Spieler im Verlauf der Geschichte immer wieder verschlägt und das bei jeder Rückkehr neue Geheimnisse offenbart, die mit neuen Werkzeugen im Inventar freizulegen sind.


Heisenbergs Fabrik zählt zu den optischen Highlights des Spiels

Trotz des ungewöhnlicheren „Fantasy“-artigen Settings verbirgt sich ein recht klassisches „Resident Evil“ in „Village“. Es gilt nach wie vor Munition oder Kräutertinkturen zur Heilung zu mixen, Schätze zu finden, Rätsel zu lösen, die etlichen Schusswaffen upzugraden und mit Munitionsknappheit klarzukommen. Auch die beklemmende Atmosphäre durch viele enge Gänge, brachliegende Labor- und Fabrikanlagen oder den malerisch gruseligen Sound bringen Erinnerungen zurück. Ein wiederkehrender Klassiker sind natürlich die etlichen Bosskämpfe, die diesmal gar bildgewaltiger ausfallen als im 7. Teil, aber dennoch nie die Intensität eines Jack-Baker-Kampfes erreichen oder gar an andere Reihen-Highlights anknüpfen. Das liegt womöglich am Gegner- und Spielentwurf selbst. Während „Resident Evil 7“ weise die Gegnerzahl schrumpfen ließ, als es noch in den actionreichen Teilen 5 und 6 der Fall war, und man sich vor jeder einzelnen Monsterbegegnung fürchtete wie zu Zeiten des Erstlings, feuert „Village“ gleich mit dem Lykaneransturm aus allen Rohren, die sich das gesamte Spiel durch häufig eher wie sogenannte „Kugelschwämme“ anfühlen, als wirklich ernstzunehmende Gegner. So auch leider viele der Bosskämpfe, die auch während des Scharmützels wenig spürbares Feedback hinterlassen, bis sie dann irgendwann nach zahllosen Kugeln klein beigeben. Lediglich der furiose Kampf gegen Heisenberg spielt sich deutlich anders, was ohne zu spoilern an gegebenen Mechaniken des Kampfes liegt. Und generell gehört Heisenbergs Cybersoldaten-Fabrik zu den spielerischen wie optischen Höhepunkten von „Resident Evil: Village“. Ab hier dreht aber auch der Actiongehalt des Spiels leider deutlich auf und bis zum Finale metzelt man sich durch Horden von Lykanern und anderen Zottelwesen.

Wo das Spiel jedoch zu kämpfen hat, ist die selbst für Veteranen häufig unfreiwillig komische Story, die in ungewollt klassischer Manier an schlechte „Jill-Sandwich“-Oneliner erinnert und mit einigen Wendungen aufwartet, die Langzeitfans sauer aufstoßen könnten. Besonders das Schicksal des so blassen, langweiligen Ethan Winters, der so austauschbar zu sein scheint, dass er nicht mal ein Gesichtsmodell spendiert bekam, ist etwas, dass gar für „RE“-Verhältnisse abstrus erscheint und eigentlich nur als erzwungener Twist dienen kann – nur ohne Wow-Effekt. Und trotzdem bietet die Geschichte ein paar nette Verweise auf bereits gesponnene Fäden, die aber leider häufig nur ein neckisches Augenzwinkern bleiben.


Gen Finale heißt es, sich zunehmenderen Massen an Gegnern zu stellen

Hinter „Resident Evil: Village“ steckt ein mehr als grundsolides „Resident Evil“, auch im klassischen Sinne, welches gekonnt aufweist, was die Reihe so großartig macht, kämpft aber mit kleinen Designentscheidungen, die das Konzept etwas trüben. Allen voran ist es die mangelnde Gegnervielfalt und die Handhabung jener, die nur durch schiere Masse oder deren „Vitalität“ eine Bedrohung darstellen – selbst auf höheren Schwierigkeitsgraden. Und dies wird im Finalakt nochmals gekippt, was einen seltsamen Beigeschmack hinterlässt. Das aber vermutlich schmerzlichst vermisste Feature von „RE7“ ist die unglaublich treibende Virtual-Reality-Erfahrung, die ein bereits fantastisches „Resident Evil 7“ damals gar meisterhaft machte. Dabei hätte sich „Village“ dafür ebenfalls problemlos angeboten und hätte ein dennoch gutes Spiel noch besser machen können.

„Resident Evil. Village“ ist seit dem 7. Mai 2021 für PC, Google Stadia, Xbox One, Xbox Series, Playstation 4 und PlayStation 5 erhältlich.

Resident Evil: Village • Capcom • Survival/Horror/Action • PC, Stadia, Xbox One/Series, PS4/PS5

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