„Pilgerfahrt zur Erde“

von Robert Sheckley

Kann man Liebe kaufen? „Was für eine Frage – natürlich!“, schmettern einem die Online-Partnerschaftsvermittlungen, die Fleuristik, die Pornoindustrie, die Hochzeitsausstatter, die Menschenhändler und die Juweliere zu. „Was bedeutet das überhaupt – Liebe?“, rätseln die Neuropsychologen, Opernkomponisten, Rechtsanwälte und Balladendichter. „Nein, niemals – Liebe kann man nicht kaufen!“, seufzen dagegen alle Liebenden. Alfred Simon, der Held in Robert Sheckleys Kurzgeschichte „Pilgerfahrt zur Erde“ (im Shop), ist keines von alledem, denn er ist ein Suchender. Liebe ist das eine, was ihm in seinem Leben auf dem Ackerbauplaneten Kazanga IV noch fehlt. Und auf der Erde, der Wiege der Menschheit, da soll es sie noch geben: die wahre Liebe.

Neunundfünfzig Jahre ist sie mittlerweile alt, diese Story vom Science-Fiction-Altmeister Robert Sheckley, und zwei kleine Hinweise lassen erahnen, was einen als Leser in dieser kurzen Geschichte erwartet. Der erste Hinweis ist der Autor selbst, denn Robert Sheckley wäre nicht Robert Sheckley, wenn er sich eines solchen Themas nicht mit einem sardonischen Lächeln widmen würde. Und der zweite Hinweis ist der Ort der Erstveröffentlichung. „Pilgerfahrt zur Erde“ wurde 1956 unter dem Titel „Love, Incorporated“ im Playboy abgedruckt, der damals erst drei Jahre auf dem Markt war. Dass sich in dem Magazin mit entblößten Frauen und Rennfahrerinterviews auch Science-Fiction-Literatur wiederfand, war damals gar nicht so ungewöhnlich – im Gegenteil. Die postmoderne Literatur und mit ihr das spekulative Genre hat beispielsweise Leslie Fiedlers ebendort erschienenem Essay „Cross the border, close the gap“ viel zu verdanken, und in der Playboy-Romanreihe erschienen auch SF-Größen wie Isaac Asimov.

Alfred Simon weiß allerdings noch nichts von entblößten Frauen, geschweige denn von der Liebe. Auf den in ferner Zukunft über die Galaxie verteilten Siedlungsplaneten der Menschheit ist alles zweckoptimiert und auf maximalen Profit orientiert. Echte Gefühle wurden deshalb vor langer Zeit wegrationalisiert. Nur auf der Erde, dort soll es sie noch geben – und die Erde lebt gut vom Export ihres Hauptprodukts, der Emotion. Also verkauft Alfred Simon alles, was er hat, um dafür ein Ticket zum Heimatplaneten zu lösen und die Liebe zu finden. Was ihm dort auf seiner Suche widerfährt, ob er die wahre Liebe findet und was ein so hochkarätiger Kurzgeschichtenautor wie Sheckley aus dem Amalgam von fernem Zukunftsszenario, Marx’schem Warenfetischismus und der Frage nach dem Wesen der Liebe macht – das soll hier nicht verraten werden. Aber so viel steht fest: Alfred Simon, der Suchende, ist ein wahrer Mensch. Und das macht Robert Sheckleys „Pilgerfahrt zur Erde“ so wahr, so schmerzlich wahr.

Sebastian Pirling

Robert Sheckley

Pilgerfahrt zur Erde

Auf der Erde ist alles möglich

Alfred Simon lebt auf Kazanga IV. Es ist eine ruhige, unabhängige Kolonie, die von der Landwirtschaft lebt und Handel treibt. Einer der Händler erzählt Simon von der Erde – und der Liebe, die es nur noch dort gibt. Simon begibt sich auf Pilgerfahrt zum Mutterplaneten, und was er dort findet, konnte er sich bisher nicht einmal im Traum vorstellen …

Die Erzählung „Pilgerfahrt zur Erde“ erscheint als exklusives E-Book Only bei Heyne und ist zusammen mit weiteren Stories von Robert Sheckley auch in dem Sammelband „Der widerspenstige Planet“ enthalten. Sie umfasst ca. 20 Buchseiten.

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