20. September 2019 1 Likes 1

Antihelden-Abenteuer mit Kultur

„Bedenke Phlebas“: Die klassische Space Opera von Iain Banks als Neuausgabe

Lesezeit: 3 min.

1984 betrat der Schotte Iain M. Banks (im Shop) mit seinem bis heute ungebrochen faszinierenden und verstörenden Roman „Die Wespenfabrik“ die Bühne der Weltliteratur. Zuvor hatte er zunächst erfolglos versucht, Verlage für seine Science-Fiction-Romane zu begeistern. Nach „Die Wespenfabrik“ veröffentlichte er viele weitere Werke abseits der SF, brachte aber auch endlich seine futuristischen Visionen an den Mann. 1987 erschien mit „Bedenke Phlebas“ (im Shop) Banks SF-Debüt und der erste eigenständige Band dessen, was als „Kultur-Zyklus“ letztlich aus zehn Büchern bestehen und in die Annalen der Zukunftsliteratur eingehen sollte. Bei Heyne wurde der Klassiker der englischsprachigen SF und der Space Opera, der demnächst als Fernsehserie auf Amazon aufschlagen soll, gerade neu aufgelegt.

Das zentrale Element in Banks Universum um den Kampf der Kulturen ist die intergalaktische Kultur, ein von künstlichen Intelligenzen angeführter Völkerbund, der z. B. durch die Verfolgung und Auslöschung aller Religion fragwürdige utopische Verhältnisse schafft. Deshalb befindet sich die Kultur im Krieg mit den riesigen, dreibeinigen und vor allem fanatischen Idiranern, die sich ihrerseits auf einem Eroberungskreuzzug befinden. Weil er keinen Maschinen folgen will, kämpft der Gestaltwandler Bora Horza Gobuchul in diesem Krieg nicht für die Kultur, der sich die meisten humanoiden Lebensformen im All angeschlossen haben, sondern als Spion und Söldner für die Idiraner. Jetzt soll Horza ein mächtiges autonomes Raumschiffgehirn bergen, das auf einem Planeten abgestürzt ist. Doch bevor er sich seinem Auftrag widmen kann, wird der Wandler von Weltraumpiraten gefangen genommen, die ihn zu einem Mitglied ihrer Crew machen, die gefährliche Beutezüge unternimmt und deren Captain eine Vorliebe für epische kosmische Glücksspiele hat, deren Ausgang über das Schicksal vieler entscheiden …

Mit „Bedenke Phlebas“ durchkreuzte Iain Banks (1954-2013) vor dreißig Jahren die Tropen der allseits beliebten Space Opera – immerhin konzentriert sich der Roman auf einen Antihelden, der so gar nichts Strahlendes oder Heroisches an sich hat. Und während Banks mit einer relativ episodenhaften Struktur und zweckdienlichen Sprache dennoch dem Goldenen Zeitalter der fantastischen Genreliteratur Tribut zollt und stets genügend Actionszenen in seine Handlung einbaut, stehen dem reichlich frische, ungewöhnliche, faszinierende und große Ideen eines fähigen SF-Weltenbauers gegenüber, die bis heute nichts von ihrer Klasse eingebüßt haben. Darüber hinaus spürt man, dass die Science-Fiction und speziell die Space Opera Ende der Achtziger multimedial immer relevanter wurden und Banks in seinem Roman Bilder und Größenverhältnisse nutzt, die mit dem Kino mithalten sollten. („Star Wars“ hatte übrigens auch Einfluss auf den auffälligen Titel des Buches: Denn nachdem seine Namenssuche immer nur Ideen hervorbrachte, die den Schotten an den Krieg der Sterne erinnerten, ließ er sich von einer Stelle in „Das wüste Land“ inspirieren, Banks’ Lieblingsgedicht von T. S. Eliot. In einem Interview erzählte Banks einmal, dass ihm der Klang und sogar einfach nur die Anmutung und der Anblick der geschriebenen Worte von „Consider Phlebas“ gefielen.)

Dass „Bedenke Phlebas“ als in vielerlei Hinsicht traditionelles Weltraumabenteuer nun selbst einer multimedialen Zukunft ins Auge blicken soll und bei Amazon quasi als Nachbar zu „The Expanse“ vorgesehen ist, sagt viel über die anhaltende Attraktivität von Iain Banks‘ Kultur-Zyklus und der ersten Space Opera aus diesem klassischen SF-Kosmos.

 

Iain Banks: Bedenke Phlebas • Roman • Aus dem Englischen von Rosemarie Hundertmarck und Jürgen Thomann • Heyne, München 2019 • 766 Seiten • E-Book: 10,99 Euro (im Shop)

 

Kommentare

Bild des Benutzers Titus

Ein grandioser Roman, der mich noch mehr begeistert hat als Dan Simmons' "Hyperion", und das will etwas heißen. Toll, dass diese starken Klassiker bei Heyne weiterleben.

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