EC Comics Library, Weird Science
Legendäres Sci-Fi-Comicmagazin im edlen Luxus-Sammelband
Das vom legendären EC-Verlag zwischen 1950 bis 1953 publizierte Comic-Magazin „Weird Science“ ging auf eine Idee von Harry Harrison (im Shop) zurück, der zu diesem Zeitpunkt noch am Anfang seiner Karriere stand und in den kommenden Jahrzehnten mit Romanen wie „New York 1999“ (der Vorlage zum Kinofilm „Soylent Green“, 1973) zu einem bekannten Schriftsteller im Science-Fiction-Genre werden sollte. Er und das zeichnerische Ausnahmetalent Wally Wood, nur wenige Jahre später die erste echte Berühmtheit im Comicmetier, hatten großes Interesse an Science-Fiction und wollten deswegen an ECs äußerst erfolgreichen Horrortiteln („Tales from the Crypt“, „The Vault of Horror“ und „The Haunt of Fear“) mit einem Science-Fiction-Magazin anschließen.
EC-Chef William Gaines bekam haufenweise Sci-Fi-Literatur zu lesen, wodurch Gaines vom Vorhaben der beiden überzeugt wurde. Und so stand im Frühling 1950 die erste Ausgabe der „Weird Science“ mit vier Geschichten in den Regalen, die irritierenderweise die Nummer 12 trägt. Die Serie ersetzte im Portfolio nämlich die längst vergessene Serie „Saddle Romances“. Und da der Verlag versuchte 2000 Dollar zu sparen, die beim Beginn einer neuen Serie an zusätzlichen Kosten bei der Post fällig wurden, führte man die Nummerierung von „Saddle Romances“ mit dem Erscheinen von „Weird Science“ einfach fort. Diese Lücke in den Regelungen wurde allerdings später entdeckt und so musste EC das Geld nachzahlen und die Reihenfolge korrigieren. Was wiederum dazu führte, dass es die Nummern 12-15 doppelt gibt. Diese Art von Fortführung war nicht ganz unlustig, weil es sich bei „Saddle Romances“ nämlich um romantische Cowboy-Geschichten handelt, da war der Sprung zu Außerirdischen, verrückten Wissenschaftlern und Weltuntergangsszenarien schon sehr groß.
„Weird Science“ lief kommerziell gesehen mau, die Serie konnte nie an den Erfolg der genannten Horrorpublikationen anknüpfen, wurde aber durch deren finanziellen Erfolg am Leben gehalten. Während „Saddle Romances“ aber längst vergessen ist, erlebte „Weird Science“ über die Jahrzehnte immer wieder Neuauflagen und das aus gutem Grund. Das Magazin befindet sich allein durch die Beteiligung Woods, der an einem großen Anteil der Stories mitgewirkt hatte, auf künstlerisch hochklassigem Niveau, aber auch inhaltlich wissen die stets achtseitigen Geschichten von Gaines, Harrison, Al Feldstein und anderen überwiegend zu überzeugen.
Leider mutet das in den 1950er-Jahren dank dem frisch in den Knochen steckenden Hiroshima-Schrecken häufig genutzte Atombomben-Motiv dank jüngster weltpolitischer Ereignisse traurig aktuell an. Vor allem die Geschichte „Return“, deren Pointe es ist, dass die Menschheit sich in einem ewigen Kreislauf der Selbstvernichtung befindet, sorgt für einen leichten Schauer. Es ist wahrlich bemerkenswert, mit welch finsterem Blick die Macher der Comics in einigen Geschichten auf die Menschheit schauen. Vielleicht lag der Grund für den Misserfolg nicht, wie von Comic-Historiker Mark Evanier vermutet, im Kurzgeschichten-Format oder in einer zu großen Ähnlichkeit zum Schwestern-Magazin „Weird Fantasy“ aus gleichem Hause, sondern eher darin, dass „Weird Science“ sich auf etwas zu düstere Weise zu nahe an der Realität bewegte?
Wer in der Sci-Fi-Literatur bewandert ist, wird vielleicht noch etwas mehr Spaß haben, denn einige der Geschichten basieren auf literarischen Vorlagen. Allerdings nicht im Sinne von Adaptionen, Gaines entwickelte aus Geschichten von unter anderem Roald Dahl (im Shop), Theodore Sturgeon und Donald Wandrei „Sprungbretter“, mit denen er und Feldstein neue Plots für ihre Comics kreierten. Die Spuren der Vorlagen finden sich aber natürlich, mal mehr, mal weniger ausgeprägt, nach wie vor.
Bei der Ausgabe vom Taschen-Verlag im Rahmen der neu gestarteten Reihe EC Comics Library handelt es sich um einen 462-seitigen, 3,5 Kg schweren Sammelband im Format 28 auf 39,5cm, der die ersten 11 von 22 Ausgaben des Magazins enthält und in einer speziell designeten Karton-Verpackung aufbewahrt werden kann.
Wie von Taschen gewohnt, ist die Qualität erstklassig: Die Comics wurden Seite für Seite hochauflösend abfotografiert (d.h. der Text ist Englisch!) und mit moderner Retuschetechnik bearbeitet, um Mängel der Vorlagen zu korrigieren. Besser hat man diese Comics noch nie gesehen, bestimmt würden auch die beteiligten Künstler, würden sie denn noch leben, große Augen machen – das ist schon ein echter Genuss. Eine reich bebilderte Einleitung von Grant Geissmann und ein Anhang mit bibliographischen Angaben und Infos zu allen mitwirkenden Künstlern machen den Braten saftig und lecker. Okay, das Buch hat seinen Preis, 150€, aber den ist es wirklich mehr als wert.
EC Comics Library. Weird Science. Vol. 1 • Taschen-Verlag, Köln 2025 • 462 Seiten • Hardcover, 28 x 39,5 cm, 3,5 kg, Hardcover: 150 €
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