10. März 2015 4 Likes

Die Maschinen reisen

Orte in unserem Sonnensystem, die derzeit ausschließlich von Robotern bewohnt werden

Lesezeit: 5 min.

Dass die Menschen Sonden zu Forschungszwecken ins All schicken, ist seit Sputnik nichts Neues mehr. Und wir sind inzwischen doch recht gut darin, Roboter loszuschicken, damit wir sehen können, was da draußen vor sich geht (im Gegensatz zu, sagen wir, dem Einrichten einer permanenten Station auf dem Mond). Natürlich denkt jeder beim Stichwort „von Robotern bewohnt“ sofort an den Mars und seine Rover, aber wenn man „bewohnt“ auf Langzeit-Besucher und -Beobachter im Orbit um einen fremden Planeten ausweitet, kommt eine beachtliche Liste zusammen.

Arbeiten wir uns von innen nach außen vor: Merkur wird seit 2011 von der Sonde MESSENGER, genauer: Mercury Surface, Space Environment, Geochemistry and Ranging, umkreist. Merkur gehört aufgrund seines geringen Abstandes zur Sonne, der eine Erforschung sehr erschwert, zu den vergleichsweise wenig erforschten Planeten unseres Sonnensystems, daher ist MESSENGER („Bote“, was wiederum auf Merkur als Götterboten verweist) unter anderem damit beschäftigt, den Merkur zu kartographieren, seine Zusammensetzung aufzudecken und Atmosphäre und Magnetfeld zu untersuchen. Venus Express kreiste bis vor kurzem noch um, Sie vermuten es, den zweiten Planeten. Die Mission endete am 16.12.2014, also lasse ich sie mal gelten, vor allem deswegen, weil sie seit den sowjetischen Venera-Sonden und -Landern die erste erfolgreiche Mission zur Venus seit den 1960ern war. Wenn alles glatt läuft, soll im November dieses Jahres die japanische Sonde Akatsuki hinzukommen. Die Sonde, die das Klima der Venus näher untersuchen wird, sollte eigentlich schon 2010 in einen Venusorbit eintauchen, doch der Funkkontakt brach im entscheidenden Moment ab, sodass das Manöver abgebrochen werden musste.


Eines der Bilder, die Venera 13 von der Venusoberfläche schickte

Nachdem die Erde neben Robotern auch noch von anderen Lebewesen bewohnt wird und der Mond nicht als Planet zählt, ist unser nächster Stopp der Mars – und da tummeln sich ganze Roboterhorden: Der Mars ist im Moment der einzige uns bekannte Planet, auf dem nach dem bisherigen Erkenntnisstand ausschließlich Roboter leben. Da bislang noch kein organisches Leben gefunden wurde, sind die beiden noch aktiven Robot-Rover Opportunity und Curiosity (Spirit sendete zum letzten Mal am 22. März 2010 aus dem Gusev-Krater; Sojourner verstummte am 27. September 1997 bei Troy Hill, Ares Vallis) bisher alleine auf dem vierten Planeten unseres Sonnensystems. Und wenn diese beiden aktiv bleiben, bis 2020 der geplante neue Rover eintrifft, bleibt der Mars bis dahin die Hochburg der Roboterzivilisation. Zumindest so lange, bis Menschen den Roten Planeten erreichen.

Aber auch im Orbit um unseren Nachbarplaneten tummeln sich Roboter: Mars Atmosphere and Volatile EvolutioN Mission, kurz MAVEN, erreichte am 22. September 2014 den Mars und ging in einen Orbit. Wie der Name bereits vermuten lässt, untersucht die Sonde vor allem Klima und Atmosphäre des Mars. Unter anderem soll so geklärt werden, in welchen Zustand die Marsatmosphäre ist und inwiefern sie mit Sonnenwinden interagiert, von denen vermutet wird, dass sie die einst dichtere Gashülle des Planeten im Laufe der Zeit gewissermaßen „abgetragen“ haben könnten. Mangalyaan ist die erste indische Raumsonde und trat am 24. September 2014 erfolgreich in einen Orbit um den Mars ein, wodurch das Primärziel der Mission – zu zeigen, dass Indien in der Lage ist, eine Raumsonde zu bauen und zu steuern – erreicht ist. Mangalyaan untersucht mit seinen Instrumenten Geologie und Atmosphäre des Mars. Im Vergleich zu diesen drei sind MAVEN und Mangalyaan allerdings die Neulinge in Sachen Mars: Mars Reconnaissance Orbiter (seit März 2006), 2001 Mars Odyssey (24. Oktober 2001) und Mars Express (25. Dezember 2003) umkreisen und untersuchen den Mars zuverlässig wie eh und je. Sie kartographieren, dienen als Relaisstation zur Kommunikation mit den Rovern und untersuchen das Eis an den Polkappen und unter der Oberfläche.


Das ist los auf und um den Mars (größeres Bild)

Auf den Mars folgt bekanntlich der Jupiter, aber dazwischen liegt der Asteroidengürtel, in dem sich auch einige Objekte von beachtlicher Größe befinden: Vesta und Ceres beispielsweise, denen die Raumsonde Dawn einen Besuch abstattet. Hier mit aufgenommen habe ich Dawn aus Gründen der Gleichberechtigung, denn wer nach wie vor Pluto als Planet zählt, sollte langsam auch Objekte wie Ceres und Eris, die nicht viel kleiner sind als der „Planet der Herzen“, mitzählen. Die Vesta-Mission ist bereits beendet; seit vier Tagen untersucht Dawn jetzt Ceres und lieferte bereits spannende Bilder von den mysteriösen weißen Flecken.

Wo wir gerade bei kleineren Himmelskörpern sind: Da hätten wir auch noch Rosetta und Philae, die seit 2014 auf und um den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko aktiv sind. Wobei „aktiv“ in Philaes Fall etwas übertrieben ist: Aufgrund der eher holprigen Landung geriet das Landemodul in eine Lage, in der es wenig Sonnenlicht abbekommt, das es allerdings zum Betrieb der Instrumente an Bord benötigt. Was genau passiert ist, kann man in den wunderbaren Trickfilmen von der ESA nachsehen; wer die Spannung während der Landung noch einmal erleben möchte, sei an dieser Stelle auf die geniale Aufarbeitung der Ereignisse durch Randall „xkcd“ Munroe hingewiesen. Zwar ist „Tschuri“ nicht mal mit viel gutem Willen als „Planet“ oder selbst als „Zwergplanet“ zu bezeichnen, aber was wäre eine solche Liste ohne die erwähnenswerten Ausnahmen?

Jupiter ist derzeit eher ein Roboter-Friedhof: Galileo, die erste Raumsonde zur längeren Erforschung des Jupiter, verglühte im September 2003 nach 14 Jahren Dienst in der dichten Atmosphäre, wie zuvor schon die Tochtersonde im Dezember 1997. Aber das soll sich bald ändern: Am 5. August 2011 brach die Raumsonde Juno zum Jupiter auf und soll 2016 in den Orbit gehen, sodass der gigantische Gasplanet, auf dem es Neon regnen könnte, wieder einen permanenten Einwohner haben wird, so hoffentlich alles klappt. Auch die Jupitermonde, vor allem der eisige Europa, sollen in nur wenigen Jahren von Robotern erforscht werden. Frühestens 2017 soll der Jupiters Icy Moons Orbiter (JIMO) starten und neues Maschinenleben ins System bringen.

Saturn wird nach wie vor von Cassini umkreist, und das noch bis 2017 – mindestens. 2004 erreichte Cassini den Saturn und nahm sofort die Arbeit auf: Untersuchung der Gashülle, des Ringsystems, der Magnetosphäre und die vereisten Monde stand (und steht noch) auf dem Programm. Cassinis Tochtersonde Huygens landete am 14.1.2005 auf dem Saturnmond Titan und schickte etwas über eine Stunde lang beeindruckende Bilder und Daten.


Fotos vom Titan, aufgenommen von Huygens

Uranus und Neptun sind nicht von Robotern bewohnt – zumindest soweit wir wissen. Beide Planeten waren Ziel von Flyby-Missionen (etwa die Voyager-Sonden), bisher aber nicht Ziele für die Erforschung durch Sonden aus dem Orbit. New Horizons soll den Zwergplaneten Pluto im Juli 2015 erreichen, allerdings nicht in einen permanenten Orbit gehen, sondern auch Plutos Monde Charon, Nix, Hydra, Kerberos und Styx untersuchen und dann weiter in den Kuipergürtel vordringen.

Wann die ersten Robot-Sonden wohl auf der Erde landen?

Ann Leckies preisgekrönter Roman „Die Maschinen“ (im Shop) ist gerade auf Deutsch erschienen. Mehr zum Thema Künstliche Intelligenz finden Sie unter dem Stichwort „Maschinen-März“.

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