Ein letzter Spaziergang

Der Hardcover-Band „Unruhige Geister und stille Gefährten“ versammelt mehrere Comic-Kurzgeschichten von Manga-Meister Jiro Taniguchi (1947–2017), aber auch allerhand interessantes Material aus dessen Nachlass – alles in deutscher Erstveröffentlichung. Taniguchi war der westlichen Comic-Welt viele Jahre lang näher als andere japanische Künstler und wurde selbst hierzulande vom Feuilleton hymnisch gefeiert (ein Essay Taniguchis im Band beschreibt derweil die Beziehung des Japaners zur frankobelgischen Szene). In seinem Schaffen finden sich die viel beachtete, sogar verfilmte Zeitreise-Geschichte „Vertraute Fremde“, das gemeinsam mit seinem Vorbild Moebius inszenierte SF-Werk „Ikarus“, die actionreiche Science-Fiction-Saga „Ice Age: Chronicle of the Earth“ und zahlreiche kontemplative Panel-Werke über historische oder zeitgenössische Spaziergänger.

Diese für Taniguchi so typischen ruhigen Streifzüge durch Stadt und Natur finden sich auch in „Unruhige Geister und stille Gefährten“, wo sich allerdings Samurai-Geister und Besucher aus der kriegsgeplagten Zukunft dazugesellen. Obendrein gibt es eine tolle längere Fantasy-Erzählung mit zwei junge Protagonisten und übernatürlichen Bergbewohnern, die massig Ghibli-Charme versprüht. Spätestens die vielfältigen Auszüge aus Taniguchis jüngstem Skizzenbuch (es hätten gern ein paar mehr sein dürfen) und die ersten, nach und nach ebenfalls immer skizzenhafter werdenden Seiten seiner letzten unvollendeten Bildergeschichte dokumentieren das Können und die Arbeitsweise sowie die inhaltliche und stilistische Bandbreite dieses großen Comic-Machers.

Eine gelungene posthume Sammlung und Werkschau, die das Schaffen und die Magie Jiro Taniguchis würdigt.

Abb.: © Shogakukan Inc./Carlsen Verlag

Jiro Taniguchi: Unruhige Geister und Stille Gefährten • Carlsen, Hamburg 2019 • 192 Seiten • Hardcover: 22 Euro