4. November 2015 4 Likes

TIM-21 und Lord Vader auf Bitch Planet

Science-Fiction-Comic-Neuheiten im November

Lesezeit: 4 min.

Der neue Asterix hat nicht viel mit Science-Fiction am Hut, obwohl moderne Technik, Wikileaks und das bespitzelnde Treiben der NSA altertümlich interpretiert werden. Davon abgesehen, überschattet und beherrscht „Der Papyrus des Cäsar“ als Bestseller natürlich das letzte Comicquartal des Jahres. Mit Blick auf die langen Abende und die noch viel längere Weihnachtswunschliste kann man die Fühler aber trotz der gallischen Dominanz nach lohnenswerten und interessanten SciFi-Comicnovitäten ausstrecken, vom denen im diesigen November wieder einige erscheinen. Vielversprechende Serienstarts mit jungen Androiden, Neues von Jeff Smith und aus dem Fight Club, ein Solo für Darth Vader, eine trendige Parallelweltnetzschwingerin, Doctor Who … die Mischung ist so bunt wie das Laub an den Bäumen.

 

Descender Bd. 1: Sterne aus Blech

Splitter, Hardcover, 144 S.

In der Vergangenheit hat der Kanadier Jeff Lemire bewiesen, dass er  alles schreiben und zeichnen kann, von Endzeit („Sweet Toth“) über Anspruch („Essex County“) bis zu magischen Superhelden („Justice League Dark“). Als Autor hat er sich vor Kurzem mit dem amerikanischen Zeichner Dustin Nguyen („Batman“) zusammengetan und eine weiterer der viel gelobten eigenständigen SciFi-Serien beim amerikanischen Image Verlag vorgelegt: „Descender“. Bei Splitter gibt es den ersten Band Ende November als Hardcover, in dem der Roboterjunge TIM-21 von allen Kopfgeldjägerin der Galaxis gejagt wird und die Zweischneidigkeit Künstlicher Intelligenz im Vordergrund steht. Die Filmrechte waren schon vor Erscheinen des ersten US-Heftes verkauft.

 

Star Wars Nr. 4

Panini, Heft, 68 S.

Die ersten drei deutschen Heftausgaben von Paninis monatlicher „Star Wars“-Monatsserie gehörten einer Luke Skywalker-Geschichte aus Marvels neuer, adjektivloser „Star Wars“-Reihe, geschrieben von Jason Aaron und gezeichnet von John Cassaday. Ab dem vierten deutschen Heft kommt in der deutschen „Star Wars“-Serie jetzt Darth Vader zum Zug, der in den USA bei Marvel eine eigene Soloserie von Autor Kieron Gillen („X-Men“) und Zeichner Salvador Larroca („Iron Man“) hat. Worum es geht? Lord Vader mit der Blechstimme muss den Preis dafür blechen, in den Augen des Imperators versagt zu haben …

 

Rasl

Popcom, Hardcover, 472 S.

Mit der Fantasyserie „Bone“ schuf der Amerikaner Jeff Smith einen modernen Comicklassiker, der ungemein wichtig war für das Selbstbewusstsein der Selfpublishing-Bewegung und der Creator Owned Künstler. Trotzdem hat es ein Weilchen gedauert, bis Smith’ neues Werk „Rasl“ auf Deutsch erschien. Dafür kann man über Popcoms Hardcover-Gesamtausgabe echt nicht meckern, die der schön kolorierten US-Fassung im praktischen Bookformat folgt. In „Rasl“ erzählt Jeff Smith eine düstere, coole SciFi-Geschichte über einen interdimensionalen Kunstdieb, der mithilfe der Studien des verkannten Nikola Tesla und zweier Düsenantriebe den Drift erreicht, über den er wiederum in Paralleluniversen wechseln kann. Das ist solange ein einträgliches Geschäft, bis Rasl seine Vergangenheit als abtrünniger Regierungswissenschaftler einholt und die gnadenlose Jagd auf Teslas Tagebücher beginnt.

 

Doctor Who: Der elfte Doktor Bd. 1

Panini, Softcover, 132 S.

Der englische Comicautor Al Ewing hat sich in den letzten paar Jahren als Marvelautor etabliert und textete Serien wie „Mighty Avengers“, „Avengers – Die Rächer“ oder „Avengers: Ultron Forever“. Sein Landsmann Rob Williams verfasste für das Haus der Ideen hingegen schon Geschichten mit Ghost Rider, Punisher, Spider-Man und Venom. Als Engländer haben die beiden Autoren zudem einen Hintergrund im berühmten SciFi-Comicmagazin „2000 AD“. Das qualifiziert Ewing und Williams ausreichend, um Comicabenteuer mit der elften Inkarnation von Doctor Who zu inszenieren, in der BBC-TV-Serie damals gespielt von Matt Smith. Zeichner ist Simon Fraser, der ebenfalls reichlich Erfahrung mit den britischen SF-Magazinen sowie mit Judge Dredd hat. Im ersten Band mit dem elften Doktor begegnet dieser Alice Obiefune – aber was hat sie mit der Karriere eines Musikers aus den Seventies und einem Außerirdischen ohne Erinnerungen zu tun?

 

Spider-Gwen Bd. 1

Panini, Softcover, 116 S.

Im Vorspiel zum überfrachteten Spider-Man-Crossover „Spider-Verse“ entwickelten Autor Jason Latour und Zeichner Robbi Rodriguez Spider-Gwen, eine Parallelweltversion von Peter Parkers großer Liebe Gwen Stacy, die in dieser Realität von der verstrahlten Spinne gebissen und so zur jungen, Hoodie tragenden Spider-Woman wurde. Außerdem stirbt Peter in dieser Dimension, was der Antrieb für Gwen ist, als maskierte Heldin Gutes zu tun, obwohl die Polizei sie dafür jagt. Spider-Gwen war sofort ein großer Erfolg – auf allen Conventions sah man plötzlich nur noch Fans als Spider-Gwen verkleidet. Marvels Reaktion: Eine eigene, gut geschriebene und gezeichnete Soloserie für Spider-Gwen, die es ab November auch auf Deutsch gibt. Hierin warten dann noch alternative Versionen vom Punisher, Daredevil, Black Cat und dem Geier. Erfrischend!

 

Fight Club Bd. 1

Splitter, Hardcover, 144 S.

Chuck Palahniuks Roman „Fight Club“ wurde durch die kultige Verfilmung von David Fincher zu einem selbsttändigen Phänomen. Der Mix aus anarchistischem Befreiungskampf und Terrorismus, Kulturpessimismus, der Apokalypse auf den Finanzmärkten und multipler Persönlichkeitsstörung funktioniert bis heute ausgesprochen gut. Jetzt setzt Palahniuk „Fight Club“ mithilfe von Comickünstler Cameron Stewart („Catwoman“, „Batgirl“) in Comicform fort. In der faszinierenden Fortsetzung im nächsten Medium kehrt Tyler Durden 20 Jahre nach dem Buch und 15 Jahre nach dem Kultfilm zurück auf die Bühne der Popkultur, die er eigentlich nie verlassen hat. Splitter verpackt den ersten deutschen Band im Hardcover.

 

Bitch Planet Bd. 1

Image, Softcover, 128 S., Sprache: Englisch

Der erste US-Sammelband von Kelly Sue DeConnicks, Valentine DeLandros und Paul Wilsons Serie „Bitch Planet“ zeigt im direkten Vergleich mit „Descender“ die ganze Bandbreite, die der Image Verlag in Sachen SciFi auffährt. Der titelgebende Bitch Planet ist der brutale Weltraumknast, wo die patriarchische Welt der Zukunft alle unliebsamen, knallharten, gefährlichen Frauen wegsperrt. Auf der Erde ist derweil eine brutale Footballvariante das Mittel der Wahl, um die Massen zu erreichen und zu kontrollieren und manipulieren. Dabei mitzuspielen, könnte für einige der inhaftierten Frauen im All die einzige Chance sein, Bitch Planet noch einmal zu verlassen. Solide umgesetztes Konzept, wenngleich es für eine so explizit feministische Agenda ein paar Busen und Intimfrisuren zu viel zu sehen gibt.

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