24. April 2020

Atemlos durch die „Blade Runner“-Nacht

Angespielt: Das stimmungsvolle Story-Adventure „Cloudpunk“ zieht erstaunlich viele Cyberpunk-Register

Lesezeit: 2 min.

Kräftiger Nieselregen, Häuserschluchten voller Neonröhren, mächtige Großkonzerne und jede Menge dubioser Gestalten zwischen Mensch und KI. Es gab sicher schon Titel, die subtiler mit ihren Referenzen umgingen als das frisch erschienene PC-Adventure Cloudpunk des Berliner Indie-Studios ION LANDS. Doch warum eine Mördergrube daraus machen, wenn man dem Vorbild doch ganz offen seine Liebe erweisen kann. Cloudpunk strotzt nur so vor Blade Runner-Verbeugungen und zeichnet folglich ein düsteres Zukunftsbild anhand einer fiktiven Metropole namens Nivalis.

Dort sind wir mit Rania unterwegs, die gerade damit angefangen hat, ihren Lebensunterhalt als Fahrerin für den Cloudpunk-Kurierdienst zu bestreiten. Die Aufgabe scheint klar definiert: Rania soll für verschiedene Kunden Lieferungen von A nach B bringen und dabei am besten nicht zu viele Fragen über Inhalt und Zweck stellen. Um unsere Fracht auszuliefern, greifen wir auf ein Lufttaxi zurück, das sich bequem durch die luftigen Straßen von Nivalis manövrieren lässt. Parken wir unser Gefährt, geht es hingegen zu Fuß weiter, wobei trotz weitgehender Beinfreiheit dann doch die Flugpassagen innerhalb des recht frei erkundbaren Stadtpanoramas mehr Grafikpotenzial entfalten als die eher mickrigen Figurenanimationen.

Das Gameplay fällt insgesamt sehr reduziert aus und bietet uns keine Kämpfe, Menüs, Zusatzskills oder anderweitige Actiontreiber. Vielmehr stehen Atmosphäre und Dialoge im Vordergrund, während wir etwa schon bei der Auswahl unserer Aufträge unter der Hand mehr oder minder relevante Entscheidungen treffen, die sich möglicherweise auf den Verlauf der über 8-stündigen Story auswirken. Denn nicht nur so mancher Kunde entpuppt sich als zwielichtige Gestalt, auch unser Auftraggeber scheint weit mehr zu verbergen, als es auf den ersten Blick aussieht.

Das gilt auch für die Stadt selbst, die uns mit versteckten Geheimnissen und zusätzlichen Dialogen auch abseits der Hauptstory in ihren Bann ziehen will. Cloudpunk ist daher etwas für Spieler, die sich in aller Ruhe auf ein Setting einlassen wollen und nicht auf Highspeed-Dramaturgie und knallharte Herausforderungen stehen. Die englisch vertonten Gespräche bewegen sich auf einem ordentlichen Niveau und unterstützen das vor allem dank stimmiger Voxel-Grafik schick inszenierte und soundtechnisch überzeugend untermalte Geschehen.

Sicher, wer sehnsüchtig auf einen Wahrscheinlich-Kracher wie Cyberpunk 2077 wartet oder bei Liefer-Gameplay entweder an Alltagssimulationen oder – ganz andere Schiene – so irre Titel wie Hideo Kojimas Death Stranding denkt, wird von der in Cloudpunk erzählten Geschichte einer Nacht eher enttäuscht sein. Cyberpunk-Fans und Freunde gut inszenierter Story-Adventures sollten aber bei dem für aktuell schon unter 20 Euro erhältlichen Spiel mal reinschauen. Wann die geplanten Versionen für Konsole erscheinen, ist leider noch nicht bekannt.

Cloudpunk • ION LANDS • Adventure • PC

Abb. © ION LANDS

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